Österreichischer Verfassungsgerichtshof: Überwachungsmaßnahmen von ÖVP und FPÖ seien verfassungswidrig

Inhalte des Überwachungspakets, das von der türkis-blauen Regierung 2018 beschlossen wurde, sind Videoüberwachung, Registrierung von Handywertkarten (PrePaid) und Speicherung von Daten. Nun haben NEOs und SPÖ eine Drittelbeschwerde eingereicht und unter anderem den „Bundestrojaner“ und die Datenerfassung mittels Videoüberwachung auf Autobahnen angefochten. Erfolgreich. Denn Christoph Grabenwarter, Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs, gab nun bekannt, dass die Inhalte des Paktes über weite Strecken hin als verfassungswidrig zu klassifizieren seien.

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Daraus resultierend wurden Bestimmungen über den „Bundestrojaner“ und auch die automatische Auswertung von Video- und Section-Control-Daten über Autofahrer aufgehoben. Aus Sicht der Verfassungsrichter seien diese verdeckte Überwachung von Computersystemen „nur in äußerst engen Grenzen zum Schutz gewichtiger Rechtsgüter zulässig“, zitiert Grabenwarter das Höchtsgericht.

Behörden bleibt also weiterhin verboten, dass sie bei Messenger-Diensten wie WhatsApp, Facebook Messenger, Telegram und Co. mitlesen könnten.

Einblick in sämtliche, auch höchstpersönliche Lebensbereiche

Besonders kritisch sieht der VfGH, dass unbeteiligte Dritte durch die geplanten Überwachungsmaßnahmen unzureichend geschützt wären. So erlaube die Überwachung von Computersystemen „Einblick in sämtliche, auch höchstpersönliche Lebensbereiche“ und somit auf Gedanken, Vorlieben, Neigungen, Orientierungen und Gesinnungen der Betroffenen zu.

Die Internet Service Providers Austria (ISPA) sind mit der Aufhebung sehr zufrieden, da den berechtigten Bedenken gefolgt worden sei. Der digitale Wirtschaftsstandort sei nun gestärkt worden, so der ISPA-Generalsekretär Maximilian Schubert. Neue Lösungen müssen nun gefunden werden.
„Wir sind sehr zufrieden, dass der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Bundestrojaner im Wesentlichen als verfassungswidrig aufgehoben hat. Auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass die beständige und fundierte Kritik aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft bereits vor zwei Jahren ernst genommen worden wäre“, führt Schubert weiter aus.

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Der Verein epicenter.works zeigt sich ebenfalls erfreut. Hätte ein Bundestrojaner doch nicht nur die betroffene Kommunikation, sondern auch alles andere abhören können. Außerdem wäre allein die „geheime“ Vor-Ort-Installation eines Trojaners ohne richterlichen Beschluss ein „katastrophales Zeichen“ für die Rechtssicherheit eines Beweisverfahrens.

SPÖ: „Massive Eingriffe in Persönlichkeitsrechte verhindert“

„Das ist ein großer Erfolg für die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger in Österreich und schützt unsere freie Gesellschaft“, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. „Massive Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte konnten verhindert werden. Mit uns wird es keinen Überwachungsstaat geben.“
Von einem „fulminanten Sieg für die Freiheit“ sprach NEOs-Vizeklubchef Niki Scherak.

Umgekehrt die Reaktion des FPÖ-Klubobmanns und ehemaligen Innenministers Herbert Kickl. Er bezeichnet den Tag der Entscheidung als einen „Feiertag für die organisierte Großkriminalität und den terroristischen Extremismus.“

Ewa Ernst-Dziedzic, stellvertretende Klubobfrau der Grünen, ist wiederum froh, dass der VfGH Kickls „Überwachungsfantasien einen Riegel vorgeschoben“ hat.

Zum Nachlesen: Presseinformation Kfz-Kennzeichenerfassung und „Bundestrojaner“ verfassungswidrig

Quelle: Die Presse
Artikelbild: Shutterstock / Von posteriori

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