Kürzlich sorgte ein Video für Aufsehen, in dem ein Nutzer den Chip aus seinem Personalausweis mit einem Messer entfernte.

Wir berichteten darüber auch vor wenigen Tagen. Die Begründung des Mannes: Jeder Bürger könne mittels dieses Chips jederzeit und überall geortet werden.

Offenbar haben sich viele Nutzer für die Ausführungen in dem Video interessiert und gegoogelt, ob die Behauptungen stimmen könnten. Darum bekamen wir viele Anfragen zu jenem Video von „Anonymus Deutschland Legion“ auf Youtube:

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Das Video beginnt damit, dass eine weibliche Computerstimme erzählt, wie gefährlich doch so ein RFID-Chip ist. So wird behauptet:

„Arbeitgeber/Staat können durch Auslesen können durch die RFID Chips in Mitarbeiter-Ausweisen/Personalausweisen Bewegungsprofile von eigenen Mitarbeitern/Bürgern erstellen. Deutschland ist eine Dauerüberwachung des Arbeitnehmers/Bürgers. (…) Theoretisch kann ein RFID-Transponder über Strecken bis zu über einem Kilometer ausgelesen werden.“

Ist das wahr?

Man beachte das Wort „theoretisch“, denn theoretisch ist vieles möglich. Technisch ist es so, dass der RFID-Chip selbst keine Signale aussendet – dazu bräuchte er eine Energiequelle, beispielsweise eine Batterie oder ein Akku. Die Energie, um Signale senden zu können, bekommt er von den Lesegeräten, die mit NFC (Near Field Communication) arbeiten. Wie der Name schon sagt, muss das Lesegerät sich in unmittelbarer Nähe des RFID-Chips befinden, also nur wenige Zentimer entfernt. Theoretisch könnte man Lesegeräte produzieren, die diese Reichweite erhöhen, tatsächlich versuchen sich Bastler gerne mal daran. Grund: Man könnte z.B. wichtige Gegenstände wie den Haustürschlüssel mit einem RFID-Chip versehen, der dann mit einem Handy mit NFC-Lesegerät und einer App schnell gefunden werden kann. Die Praxis zeigt aber, dass allenfalls eine Erhöhung bis auf wenige Dezimeter möglich ist. Eine Erhöhung, wie sie im Video beschrieben wird („über einen Kilometer“), ist  technisch nicht machbar, jedenfalls derzeit noch nicht.

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Klappt das mit der Mikrowelle?

Ja, das funktioniert tatsächlich, wie wir schon in einem Artikel von 2015 bestätigt haben. Wir möchten hier aber nochmals betonen, dass man sich mit einer solchen Handlung strafbar macht.

Grund: Im § 4 Passausweisgesetz steht im Absatz 2: „Ausweise sind Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.“
Und im § 303 (1) Strafgesetzbuch steht: „Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Die Polizei Frankfurt berichtete 2015, dass sie einen entsprechend manipulierten Personalausweis sichergestellt hat – auch hier mit Verweis auf die Illegalität der Aktion:

Der 29-Jährige hatte seinen Personalausweis in der Mikrowelle erhitzt, um den im Ausweis eingearbeiteten Mikrochip zu zerstören. Den Bundespolizisten sagte er, dass er nicht wolle, dass seine persönlichen Daten auf einem fremden Computer ausgelesen werden. Dass er dadurch eine Straftat begangen hatte, war dem jungen Mann nicht bewusst. Die Beamten leiteten ein Ermittlungsverfahren ein. Seine Flugreise konnte der Deutsche trotzdem antreten, denn er erhielt von den Bundespolizisten einen Ersatzausweis.

Ich hab trotzdem Angst, dass ich überwacht werde!

Wer sich nun trotzdem vor heimlichem Auslesen schützen will, dem sei Google ans Herz gelegt. Findige Geschäftemacher, die die Paranoia der Kundschaft kennen, haben die Marktlücke entdeckt und bieten auf diversen Online-Verkaufsflächen sogenannte RFID- Blocker an. Das sind Hüllen für den Personalausweis, die innen mit Aluminium beschichtet sind und das Auslesen des RFID-Chips unmöglich machen.

Wer also immer noch glaubt, dass jener RFID-Chip der „totalen Überwachung“ dient, kann sich auch viel einfacher davor schützen – und dazu auch noch ganz legal.

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)