Ebola und Marburg in Impfungen, um AIDS auszulösen? Ein wirrer Verschwörungs-Cocktail!

Autor: Ralf Nowotny

Ebola und Marburg in Impfungen, um AIDS auszulösen? Falsch!
Ebola und Marburg in Impfungen, um AIDS auszulösen? Falsch!

Eine finnische Naturheilkunde-Ärztin behauptet, im Impfungen befänden sich Ebola- und Marburg-Viren, um AIDS auszulösen.

In einem Interview behauptet Ariyana Love, einer Ärztin für Naturheilkunde, dass die Impfstoffe von Johnson & Johnson Massensterilität auslösen und Bestandteile des Ebola- und Marburg-Virus enthalten. Zudem bekomme man durch die Impfung AIDS, Krebs und werde unfruchtbar.
Also ein ziemlicher Gift-Cocktail, wenn man Ariyana Love Glauben schenken möchte, weswegen wir uns die einzelnen Behauptungen nun genauer anschauen werden.

Die Quelle der Behauptungen

Auf der Seite „Rumble“ (hier archiviert) wurde am 11. November ein Video mit der Naturheilkunde-Ärztin Ariyana Love veröffentlicht. In der Stew Peters-Show stellte sie mehrere Behauptungen auf, spezifisch über den Impfstoff von Johnson & Johnson, zitierte als Quelle eine Studie und behauptete letztendlich, dass der Impfstoff lebenslange chronische Krankheiten auslöst.

Screenshot aus dem Interview mit Ariyana Love
Screenshot aus dem Interview mit Ariyana Love

Das Interview kursiert auch in schriftlicher Form als PDF und wird unter anderem auf Telegram verbreitet:

Die Behauptungen kursieren auf Telegram
Die Behauptungen kursieren auf Telegram

Die Behauptungen im Faktencheck

Love wird gefragt, ob der COVID-Impfstoff von J&J das Ebola-Virus enthält. Sie antwortet:

„Sie verwenden Ebola und Marburg. Im Grunde genommen gab es eine schockierende Entdeckung der Universität Stockholm. Sie führten eine wissenschaftliche Studie durch, die zeigte, dass die Spike-Proteine in die Zellen des Vax eindringen, die Zellkerne erreichen und die Fähigkeit der Zelle zur DNA-Reparatur deaktivieren. Das ist enorm. Das ist allerdings kein Zufall. Diese COVID-Impfstoffe löschen Gene, die für die DNA-Reparatur beim Menschen verantwortlich sind, für immer aus.“

Wie kommt Love darauf, dass Ebola- und Marburg-Viren verwendet werden?

Darüber kann man nur spekulieren, da sie nicht weiter darauf eingeht. Uns sind jedenfalls keine Studien bekannt, in denen behauptet wird, dass Ebola- und Marburg-Viren sich in den Impfstoffen befänden.

Denkbar ist aber, dass Love da etwas durcheinanderbringt, denn an der Oxford-Universität haben die klinischen Versuche für einen neuen Ebola-Impfstoff begonnen (siehe HIER) und die Methodik des Impfstoffs die gleiche wie bei dem Impfstoff von AstraZeneca ist, welcher ebenfalls an der Oxford-Universität entwickelt wurde.

Es befinden sich keine Ebola- und Marburg-Viren in Impfstoffen. Vermutlich hat Love dies mit einer in Entwicklung befindlichen Ebola-Impfung durcheinandergebracht, welche (wie der AstraZeneca-Impfstoff) ebenfalls an der Oxford-Universität entwickelt wird.

Was ist das für eine wissenschaftliche Studie an der Universität Stockholm?

Love spricht von dieser Studie: „SARS-CoV-2-Spike beeinträchtigt DNA-Schadensreparatur und hemmt V(D)J-Rekombination in vitro“, über die unter anderem auch auf „Tech Startups“ berichtet wurde. Die Studie zeigte, dass das virale Spike-Protein in Laborexperimenten die Reparatur von DNA-Schäden in Zellen hemmt.

Allerdings werden daraus falsche Schlüsse gezogen, wie u.a. „Health Feedback“ betont. So wird behauptet, dass folglich die von den Impfungen erzeugten Spike-Proteine Krebs auslösen, worauf aber in der Studie überhaupt nicht eingegangen wird.

Die Forscher führten In-vitro-Experimente durch, bei denen das Spike-Protein von SARS-CoV-2 überexprimiert wurde, was bedeutet, dass die Produktion des Proteins künstlich erhöht wurde. Die Überexpression ist eine Strategie, die in Experimenten eingesetzt wird, um mehr über ein Protein zu erfahren. Die Autoren wiesen das Spike-Protein im Zellkern nach, dem Raum, in dem das genetische Material gespeichert wird, und beobachteten, dass das Spike-Protein die Reparatur von DNA-Schäden hemmt.

Die Studie erregte unter Wissenschaftlern einiges Aufsehen, da dies ja tatsächlich bedeuten könnte, dass die von den Impfungen erzeugten Spike-Proteine das Immunsystem schwächen und die DNA-Reparaturen schwächt. Exakt deshalb sahen sich auch entsprechend viele Wissenschaftler die Studie genauer an – und waren nicht sehr angetan davon.

Der Chemiker Derek Lowe schrieb in seiner Kolumne „In the Pipeline“ in der Zeitschrift Science, dass die Studie zwar weitere Untersuchungen wert ist, aber viele Fragen noch offen sind. So müsse beispielsweise verglichen werden, ob die übermäßige Menge an Spike-Proteinen im Laborversuch überhaupt mit der Menge an Spike-Proteinen durch Impfungen vergleichbar ist. Auch käme die V(D)J-Rekombination nur in bestimmten Zelltypen vor, und es ist unbekannt, ob das Coronavirus oder die Impfung diese Zelltypen überhaupt infiziert.

Der Virologe Rich Condit gab in einem Podcast ebenfalls zu bedenken, dass die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren sind, da es keine Kontrollen gibt, um zu beurteilen, wie überproduziert das Spike-Protein in den In-vitro-Experimenten im Vergleich zu infizierten Zellen ist. Auch er betont, dass die V(D)J-Rekombination nur in bestimmten Zelltypen im Knochenmark und im Thymus stattfindet und es keinen Hinweis darauf gibt, dass das Spike-Protein bei einer Infektion oder Impfung an diese Orte gelangt.

Jeremy Stark, ein Krebsbiologe am City of Hope Comprehensive Cancer Center in Duarte, Kalifornien, stellt in seiner Bewertung der Studie eine ganze Reihe an Kritikpunkten. So sei die Studie aufgrund mangelnder Angaben nicht reproduzierbar, es wurden keine erforderlichen Kontrollen durchgeführt, es gibt noch andere Erklärungen, die aber nicht verifiziert wurden und es wurde nur ein einziges Reparaturereignis untersucht. Insgesamt sei die Studie in vielen Punkten mangel- und zweifelhaft.

Neben all den Zweifeln ist auch noch zu bedenken, dass in der Studie das Spike-Protein des SARS-CoV-2 Virus verwendet wurde, nicht das Spike-Protein, welches durch Impfungen erzeugt wird. Das ist ein ziemlicher Unterschied, da das „Impf-Spike“ genetisch leicht verändert wurde, um die Stabilität des Proteins zu erhöhen.

Die Studie beweist also nicht, dass die COVID-19-Impfstoffe Krebs verursachen oder das Immunsystem zerstören. Darüber hinaus wurden in der Studie, welche ohnehin von Fachleuten als fehlerhaft angesehen wird, In-vitro-Experimente verwendet, die nur begrenzt in der Lage sind, das Geschehen im menschlichen Körper darzustellen.

Wie AFP berichtet, habe die Universität die Studie mittlerweile selbst geprüft und einige Fehler gefunden. Die Autoren selbst kontaktierten mittlerweile die Fachzeitschrift und baten um eine Rücknahme des Artikels.

Weitere Behauptungen von Love sind, dass die Impfung die DNA verändert (was nicht wahr sind, wir haben u.a. HIER darüber berichtet) und dass Ungeimpfte in der Gefahr leben, von Geimpften quasi mit der Impfung angesteckt zu werden (was ebenfalls nicht funktioniert, wir haben HIER darüber berichtet).

Fazit

Die Behauptungen von Ariyana Love bestehen teilweise aus mutmaßlichen Verwechslungen, bereits längst widerlegten Behauptungen und einer Studie, welche nicht nur von mehreren Fachleuten kritisiert wurde, sondern auch von der Universität, weswegen die Autoren selbst die Studie zurückziehen möchten.

Also nein: Es finden sich keine Ebola- und Marburg-Viren in den Impfstoffen, sie lösen auch kein AIDS aus und sie hemmen auch nicht die DNA-Reparatur.

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