Durch Gesetzesänderungen werden Grundrechte eingeschränkt, doch mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 ist das nicht vergleichbar!

In sozialen Netzwerken wird als Foto die letzte Seite eines Gesetzentwurfs verbreitet, dazu einstimmig die Behauptung, dass der markierte Absatz, in dem die Einschränkung diverser Grundrechte genannt werden, direkt aufzeigen würde, dass wir uns zurück in das Jahr 1933 bewegen. Doch das damalige Ermächtigungsgesetz ist mit den Gesetzesänderungen absolut nicht vergleichbar.

Das geteilte Foto

Dieses zeigt die letzte Seite eines Gesetzentwurfs, markiert ist ein Absatz und der Abschnitt mit den unterzeichnenden Personen: Bundespräsident Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach.

So wird das Bild auf Twitter geteilt
So wird das Bild auf Twitter geteilt

Im markierten Absatz ist zu lesen:

[…] und durch Artikel 1 Nummer 6 werden die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Da werden Grundgesetze eingeschränkt! Dürfen die das?

Ja. Das ist sogar im Grundgesetz geregelt.
Artikel 2 (2) GG lautet: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Und jetzt kommt der Clou: Das passiert schon seit Jahrzehnten jeden Tag, ohne dass ihr es mitbekommt! Beispielsweise schränkt die Straßenverkehrsordnung euer Recht auf Bewegungsfreiheit ein, und Strafgesetze schränken euer Recht auf Freiheit ein. Wird etwa auch gegen die StVO und das StGB demonstriert? Eher weniger, denn jeder weiß, dass solche Gesetze ein heilloses Chaos verhindern.

Um welches Gesetz geht es denn auf dem Bild?

Es handelt sich um das Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vom 10.12.2021.
Darin geht es unter anderem um Änderungen im Infektionsschutzgesetz, beispielsweise unter welchen Umständen es Ausgangsbeschränkungen geben darf, Übernachtungsangebote untersagt werden und ab wann (15. März 2022) Personen in bestimmten Berufsgruppen vollständig geimpft oder genesen sein müssen.
Und tatsächlich sind das auch erlaubte Einschränkungen der Grundrechte, die allerdings nicht gegen das „Übermaßverbot“ verstoßen, also nicht über die Verhältnismäßigkeit hinausgehen. Da dies aber immer ein schwieriger Punkt ist, wird er auch regelmäßig abgewägt.
Solche Eingriffe in die Grundrechte müssen aber auch legitim sein, und jeder Bürger darf dagegen klagen, wenn er glaubt, dass seine Grundrechte unverhältnismäßig eingeschränkt werden – und gerade 2020 gab es sehr viele solcher Klagen, die auch teilweise erfolgreich waren.
Es ist auch keine große Entdeckung, dass dies als letzter Absatz in einem Gesetzblatt steht, das muss es sogar meistens! Gemäß dem sogenannten Zitiergebot muss jedes Gesetz oder Gesetzesänderung, welches ein oder mehrere Grundrechte einschränkt, unter Angabe des Artikels das Grundrecht benennen.

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Und was hat das nun mit dem Ermächtigungsgesetz gemein?

Das Ermächtigungsgesetz würde einen ganzen, langen Artikel füllen, deshalb hier nur einmal in Kürze:
Am 23. März 1933 wurde aufgrund der damaligen Umstände beschlossen, dass die Reichsregierung auch ohne Zustimmung des Reichstages und Reichsrates und ohne Gegenzeichnung durch den Reichspräsidenten Gesetze erlassen durfte – offiziell um die „Not von Volk und Staat“ zu beheben. Diese Gesetze durften sogar gegen die Verfassung sein.
Adolf Hitler nutzte dies schnell aus: Die Weimarer Verfassung wurde quasi ausgehöhlt, die SPD wurde verboten (andere Parteien lösten sich vorher freiwillig auf), so dass es nur noch die NSDAP gab, die Gewaltenteilung wurde aufgelöst, Grundrechte wurden massiv eingeschränkt, für politische Gegner wurden Konzentrationslager errichtet – es entstand eine autoritäre Diktatur.
Gemeinsam haben die Folgen des Ermächtigungsgesetzes und die Änderungen im Infektionsschutzgesetz nur eines: Grundrechte wurden eingeschränkt. Doch die massiven Einschränkungen der Grundrechte von 1933 mit beispielsweise einer Impfpflicht für Berufsgruppen im medizinischen Bereich gleichzusetzen ist ganz klar nur Eines:
Eine Verharmlosung des Dritten Reiches.
Es sind dann exakt auch jene Leute, die mit einem „Ungeimpft“-Davidstern auf Demos gehen oder sich als Profilbild setzen, sich mit Sophie Scholl vergleichen und glauben, in einer Diktatur zu leben… und gar nicht merken, dass sie in einer echten Diktatur gar nicht demonstrieren dürften.

Fazit

Die Einschränkung der Grundrechte ist Alltag. Es fällt aber jetzt besonders auf, da aufgrund einer laufenden Pandemie auch Grundrechte eingeschränkt werden, über die normalerweise kaum nachgedacht wird.
Es tut uns leid, aber es gibt kein Grundrecht auf Partys, wenn durch die Ansteckungsgefahr Menschen schwer erkranken und sterben können. Insofern sind jene Einschränkungen der Grundrechte, die dem Wohl aller dienen, legitim.
Wir sind also nicht zurück in 1933. Es gibt keine Auflösung der Gewaltenteilung, der Parteien und der Gewerkschaften. Es sind Einschränkungen der Grundrechte, um irgendwann wieder heil aus der Pandemie herauszukommen – denn wenn dann irgendwann das Infektionsschutzgesetz nicht mehr greift, gibt es auch diese Einschränkungen nicht mehr.
Wir haben auch keinen Kanzler, der sich mittels Gesetz eine Alleinherrschaft sichern will, um dadurch noch mehr Rechte einzuschränken. Nein, das ist nicht 1933. Und ihr Protestierenden seid auch keine Opfer einer Diktatur.

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Weitere Quelle: Correctiv
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