Nein, der Europäische Gerichtshof hat eine Impfpflicht nicht verboten!
Artikelbild: Facebook Screenshot

Impfgegner jubeln: Angeblich habe der Europäische Gerichtshof beschlossen, dass eine Impfpflicht illegal sei. Dies entspricht allerdings nicht der Wahrheit.

Auf Facebook wird derzeit ein längerer Text immer wieder kopiert oder geteilt, der besagt, dass der Europäische Gerichtshof über ein Verbot der Impfpflicht entschieden habe. Demnach sei jegliche Impfpflicht nun „standardmäßig illegal“, Diskriminierungen am Arbeitsplatz oder Reiseverbote für Ungeimpfte seien damit auch gesetzlich ausgeschlossen.

Ein Verbot der Impfpflicht?
Ein Verbot der Impfpflicht?

Der Text wurde 1:1 von einem Artikel einer österreichischen Nachrichtenseite (archiviert HIER) mit Sitz in Moldawien kopiert.

Die Resolution, Teil 1

In dem Text heißt es:

„Der Europarat […], der Pate des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist, hat am 27.01.2021 in seiner Resolution 2361/ 2021 unter anderem, dass niemand unter Druck gegen seinen Willen geimpft werden kann.“

Die Resolution wurde nicht verlinkt, also machen wir das halt: Ihr könnt sie HIER einsehen.

Von wem stammt die Resolution?

Während es in der Überschrift noch heißt, der Europäische Gerichtshof hätte dies beschlossen, heißt es im Artikel plötzlich, der Europarat, welcher Pate des Europäischen Gerichtshofs sei, sei der Entscheidungsträger. Da wurde bereits einiges durcheinandergeworfen.

  1. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist nur eine von mehreren Einrichtungen des Europarates (siehe HIER).
  2. Der EGMR urteilt über Verletzungen der Menschenrechtskonventionen, die Urteile sind für die Staaten bindend
  3. Die Parlamentarische Versammlung ist ebenfalls eine Einrichtung des Europarates – und dessen Empfehlungen sind nicht rechtsverbindlich (siehe HIER)

Und nun ratet mal, von wem die Resolution stammt.

Die Autoren der Resolution
Die Autoren der Resolution, Quelle: PACE

Als Autor der Resolution wird das „Parliamentary Assembly“ genannt, zu Deutsch: die Parlamentarische Versammlung.

Die Resolution, Teil 2

An der Überschrift alleine erkennt man bereits, dass es sich bei der Resolution mitnichten um ein Urteil oder einen Beschluss handelt: „Covid-19-Impfstoffe: ethische, rechtliche und praktische Überlegungen“.

Unter Punkt 7.3 heißt es:

Die Versammlung fordert daher die Mitgliedstaaten und die Europäische Union nachdrücklich auf, im Hinblick auf die Sicherstellung einer hohen Durchimpfungsrate:

  • sicherstellen, dass die Bürger darüber informiert werden, dass die Impfung nicht obligatorisch ist und dass niemand unter politischen, sozialen oder sonstigen Druck gesetzt wird, sich impfen zu lassen, wenn er dies nicht wünscht (7.3.1)
  • dafür zu sorgen, dass niemand diskriminiert wird, weil er nicht geimpft ist, weil er möglicherweise Gesundheitsrisiken hat oder sich nicht impfen lassen will (7.3.2)

Dies sind die beiden Punkte, von denen behauptet wird, sie seien verpflichtend… was sie jedoch nicht sind!

Kurioserweise wird ein Punkt geflissentlich überlesen, denn im Punkt 7.3.4 heißt es:

  • Zusammenarbeit mit den Plattformen der sozialen Medien und diese zu regulieren, um die Verbreitung von Fehlinformationen zu verhindern

Nach der Behauptung jener Seite wäre die staatliche Regulierung der sozialen Netzwerke also ebenfalls ein gerichtlicher Beschluss… der so mancher Seite sicher nicht gefallen würde.

Fazit

Es handelt sich nicht um einen gerichtlichen Beschluss des Europäischen Gerichtshofs, sondern um eine Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung, welche rechtlich nicht bindend ist. Die Entscheidung, ob die Empfehlungen einzeln oder im Gesamten angenommen werden, ist alleinige Sache der Staaten.

Somit handelt es sich bei der Behauptung, dass eine Impfpflicht nun illegal sei, um eine Falschmeldung.

Artikelbild: Facebook Screenshot
Weitere Quelle: APA
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