Da klappte auch uns die Kinnlade runter: Laut den Anwälten von Facebook sind deren Faktencheck-Markierungen lediglich Meinungen.

Natürlich möchten Anwälte ihre Klienten auf Biegen und Brechen verteidigen, nicht anders die Anwälte der Facebook-Plattform des Unternehmens Meta, doch in einem Gerichtsurteil bezeichnen die Anwälte die Markierungen der mit Facebook zusammenarbeitenden Faktenchecker bei Beiträgen mit falschen Behauptungen tatsächlich als „geschützte Meinungen“ – ein Schlag ins Gesicht jedes Faktencheckers.

Die Vorgeschichte – Eine Debatte um Waldbrände und Klimawandel

Den Klimawandel kann man nicht durch einfache Schlagwörter erklären – es ist definitiv falsch, jedes Ereignis dem Klimawandel unterzuschieben. Allerdings schreiben viele Medien sehr vorschnell, dass vermehrte Waldbrände am Klimawandel liegen, doch so einfach ist das nicht.

So sind dauerhaft hohe Temperaturen sehr wohl ein Zeichen des Klimawandels, jedoch sind höhere Temperaturen nicht automatisch auch die Auslöser für mehr Waldbrände, wie beispielsweise Jörg Kachelmann darlegt: Auch im Winter können Wälder brennen, genauso kann ein Wald im Hochsommer bei 38 Grad nur schlecht brennen, wenn es zuvor regnete:
Die Dürre ist es, die eine erhöhte Waldbrandgefahr ausmacht, nicht die Temperatur.

Trotzdem wird vereinfacht oftmals den erhöhten Temperaturen die Schuld gegeben, was der Journalist John Stossel in einem Video (auf YouTube zu sehen) anprangerte. In dem Video kommt Michael Shallenberger zu Wort, der erklärt, dass nicht der Klimawandel als Hauptsache, sondern schlechte Waldbewirtschaftung und übermäßige Regulierung die Schuld an vermehrten Waldbränden tragen.

In dem Video räumt John Stossel selbst ein, dass der Klimawandel vieles verschlimmert, die Misswirtschaft der Regierung aber ein größerer Faktor sei.

Facebook markiert das Video

Auch auf Facebook verbreitete John Stossel das Video, alleine schon aufgrund der Äußerung des kalifornischen Gouverneurs, dass die Waldbrände alleine am Klimawandel lägen und somit die eigenen Versäumnisse kaschiert.

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Facebook markierte den Beitrag Stossels mit einem Artikel von Science Feedback und bezeichnete laut Stossel das Video als „teilweise falsch“. In dem Artikel von Science Feedback (siehe HIER) sei es so dargestellt, als ob Stossel direkt sagte „Waldbrände werden durch schlechtes Management verursacht. Nicht durch den Klimawandel“, wogegen Stossel Einspruch erhob.

In einem zusätzlichen Artikel (siehe HIER) erklärt Science Feedback aber, wie es zu der Einschätzung „Fehlender Kontext“ (nicht „teilweise falsch“, wie Stossel schrieb) kam: weil die Zuschauer keine genaue Erklärung der wissenschaftlichen Forschung über die Rolle des Klimawandels bei Waldbränden im Westen der USA erhalten haben.

Soweit so kompliziert, doch vor Gericht kam dann die Bombe.

Laut Meta sind die Markierungen nur Meinungen

Ein anderes Video von Stossel wurde ebenfalls von Facebook markiert, seine Reichweite sank auf der Plattform, weswegen er beschloss, gegen Facebook, nun Meta, zu klagen.

Das Dokument über das Gerichtsverfahren ist unter anderem HIER einseh- und herunterladbar. Darin stellt Meta klar, warum sie als Unternehmen nicht wegen der Markierungen verklagt werden können, und diese Begründung stößt dann doch schon sauer auf:

Die Markierungen seien eine geschützte Meinung
Die Markierungen seien eine geschützte Meinung

Auf Deutsch:

„Zum einen kann Stossel keine Fakten vorbringen, die belegen, dass Meta tatsächlich böswillig gehandelt hat – was er als Person des öffentlichen Lebens tun muss. Zum anderen konzentrieren sich Stossels Ansprüche auf die von Climate Feedback verfassten Faktencheck-Artikel und nicht auf die über die Facebook-Plattform angebrachten Etiketten. Die Kennzeichnungen selbst sind weder falsch noch verleumderisch; sie stellen im Gegenteil eine geschützte Meinung dar.

Da die Markierungen aber auch die Links zu den entsprechenden Artikeln enthalten, erweckt Facebook damit den Eindruck, als ob Faktenchecks generell nur eine Meinung seien.

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Indem Facebook also sagt, dass deren eigene Markierungen eine „geschützte Meinung“ seien, diese Markierungen aber die Faktenchecks beinhalten, werden Faktenchecks in der öffentlichen Wahrnehmung ebenfalls zu Meinungen deklariert – ein Messer im Rücken aller Faktenchecker!

Fazit

Meta, wir verstehen ja, dass ihr Prozesse unbedingt irgendwie gewinnen wollt. Science Feedback, die mit euch zusammenarbeiten, haben in ihren Zusatzartikel ja auch noch ausführlich dargelegt, warum sie das Video als „Fehlender Kontext“ markierten – diese Aussagen hättet ihr verwenden können.

Stattdessen jedoch macht ihr deutlich, dass Stossel ja eigentlich gegen die Faktenchecker von Science Feedback klagen müsse, nicht gegen euch – ihr habt damit ja nichts zu tun. Es ist ja nur eine Markierung auf eurer Seite, und dies ist ja nur eine Meinung – was den Faktencheck dann ebenfalls zu einer Meinung macht, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung.

Warum, Meta? Warum werft ihr also einen eurer Faktenchecker damit den Wölfen zum Fraß vor? Ist euch nicht klar, dass ihr damit alle Faktenchecker diskreditiert, die mit euch zusammenarbeiten? Jeder faktenresistente Nutzer wird sich nun wegen dieser Äußerung eurer Anwälte auf dieses Urteil berufen: „Ach was wissen die schon, ist ja nur deren ‚Meinung‘, die nehme ich nicht ernst.

Deswegen: „Danke“ Meta für diesen Bärendienst. Schön, dass ihr euch so geschickt verteidigt – aber eure Faktenchecker lasst ihr dadurch verdammt schlecht aussehen!


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