„Heute ist mein Geburtstag. Niemand hat mein Foto geteilt, weil ich behindert bin. Kann ich mir was wünschen? Gibt es jemanden, der mein Foto teilen kann?“

So beginnt ein übersetzter Statusbeitrag auf Facebook, zudem wir abermals Anfragen erhielten. Veröffentlicht wurde dieser am 8.2.2020, also vor 9 Tagen! Das bemerkenswerte dabei ist: In diesen 9 Tagen wurde der Beitrag über 9.000 mal geliket, über 8.000 mal kommentiert und über 330.000 mal geteilt.

Warum teilen Nutzer solche Beiträge?

Screenshot: Facebook
Screenshot: Facebook

Nicht nur die Person auf dem Foto, sondern auch wir werden dafür missbraucht und zwar handelt es sich hierbei um dem Missbrauch unserer Schuldgefühle!

Immer wieder werden Personen, in diesem Falle ein Kind, für „LIKES“ auf Facebook missbraucht und die Ersteller solcher Beiträge wissen das. Denn wenn wir dieses Bild nicht teilen oder mit Amen kommentieren, dann müssen wir uns zutiefst schämen. Dies wollen sogenannte Likefarmer auf jeden Fall mit diesen Beiträgen erreichen.

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Den “Like-Bait” kann man mit einer Art emotionaler Erpressung vergleichen. Der Leser wird mit Hilfe eines emotionalisierenden Bildes oder Videos dazu getrieben, eine Interaktion (liken/teilen/kommentieren) vorzunehmen.

Dazu wird er in die Zwickmühle moralischer oder ethischer Fragen gedrängt:

Tippst du etwas, bist du ein herzensguter Mensch und musst dir kein schlechtes Gewissen machen, ignorierst du jedoch den Statusbeitrag, bist du böse und ein Monster und diskriminierst vielleicht sogar Menschen mit einer Behinderung.

Interagierst du dann, weil du ja ein lieber, guter, wohlerzogener Mensch bist, bekommt der Statusbeitrag, die Seite oder das Profil mehr Reichweite und wird bekannter. Warum man eine “gehypte” Seite haben möchte, kann viele Gründe haben, über die man spekulieren kann. Aber dazu mehr an anderer Stelle.

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Nun aber zu wahren Geschichte hinter dem Bild, die der Ersteller nicht veröffentlicht hat.

Auf dem Bild sehen wir Tia Leighs aus England. Sie hat eine seltene Erbkrankheit, Neurofibromatose Typ 1 (kurz: NF1), die dazu führte, dass ihr rechtes Bein durch eine große Anzahl von Tumoren geschwollen ist.

Bildquelle: Mirror.co.uk
Bildquelle: Mirror.co.uk

Seit ihrem 7. Lebensjahr wollte Tia das Bein amputieren lassen. Sie fand ihr Bein hässlich und wurde laut ihrer Mutter sogar von anderen Kindern deswegen gemobbt.

“She was bullied a few times because of the look of it.”
“They would call her fat leg. I don’t think, being kids, they realised how much that would hurt.”

[Übersetzung]

„Sie wurde ein paar Mal wegen des Aussehens gemobbt.“
„Sie nannten sie Fettbein. Ich glaube nicht, dass diese Kinder bemerkten, wie sehr das weh tut.“

Später entdeckte ihr Arzt einen großen Tumor hinter ihrem Knie und am Mittwoch, den 8. Juli 2015, wurde das Bein schließlich amputiert.

Cwmbran Life berichtete im September 2015 über das Mädchen und verlinkte unter anderem dieses Video auf YouTube, in dem Tia bei ihren ersten Schritten nach der Operation zu sehen ist:

YouTube

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Ergebnis:

Ein Bild von einem unglaublich starken Mädchen wird für „Likes“ missbraucht. Teilt diesen Beitrag nicht und kommentiert auch nicht mit „Amen“. Aber denkt darüber nach, bevor ihr etwas glaubt, das auf Facebook veröffentlicht wird.

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Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)