Was unterscheidet Fake-News von Satire Webseiten? Die Selbstdeklaration und der Inhalt an sich. Und die große Gefahr, dass Fake-News destruktiv wirken, sollten sie nicht als Fake-News erkannt werden.

In den letzten Wochen, gerade in Bezug auf sogenannte Fake-News, haben wir immer wieder betont, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen jenen Fake-News gibt, wie sie in den USA diskutiert werden, und der Art von Fake-News, wie wir sie im deutschsprachigen Raum kennen.

Ebenso haben wir auch immer wieder betont, dass es solche Fake-News, die eher kommerziell geprägt und von ihrer Redaktionslinie her definitiv falsche News erfinden, im deutschsprachigen Raum eher seltener gibt. Diese gemeinten Fake-News sind in ihrem Ursprung , zumindest nach der vorangegangenen Darstellung, vom Initiator aus unpolitisch, lediglich das Publikum wird von ihrem vorgeblichem politischen Inhalt angezogen. Dabei spielen Überschriften und die überschriftenorientierte Darstellung auf Facebook eine enorme Rolle. Unter allen Umständen, auch wenn die Inhalte erfunden sind, sollen die Leser auf die Webseite gelockt werden.

Gestern ist jedoch eine Fake-News Seite bekannt geworden, eine Fake-News Seite die sich gleichzeitig jedoch selbst dazu bekannte, eben eine solche zu sein. Vielleicht ist ja dem ein oder anderen folgende Artikelvorschau auf Facebook aufgefallen:

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(Screenshot: Facebook, Artikelvorschau)

Sieht aus wie ein Newsartikel, fühlt sich zunächst an wie ein Newsartikel und liest sich auch wie ein Newsartikel. Auch der Name unter der Vorschau klingt eher nach seriöser Presse als nach billigem Hetzblog: Moselkurier. Klickt man nun den Artikel an, dann bekommt man zu lesen:

REINGEFALLEN!!!!!!

Tjaha, so schnell kann’s gehen. Da biegt man einmal auf Facebook falsch ab und fällt auf eine Fake News Seite rein. Das ist nicht schlimm und Du bist nicht dumm. Aber es gibt da draußen wahnsinnig viele Leute, die Dich dafür instrumentalisieren wollen, dass Du ihre Botschaften verbreitest. Das können die gerne machen, aber dann sollen sie Dich auch dafür bezahlen.

Sprich: Metatext (also Artikelvorschau) und Inhalt weichen voneinander ab. Der Moselkurier enttarnt sich freundlicherweise an dieser Stelle selbst als Fake-News.

Moselkurier

Doch der Moselkurier kann noch mehr: man findet dort durchaus auch genügend Artikel vor, die sich eben nicht als Fake-News enttarnen und bei deren Lesen man durchaus eine Satire vermuten kann, dieses aber nirgendwo vermerkt ist. Weder im Impressum, noch im Text.

Und wenn man dann eh weniger auf Analyse oder Fakten steht, dann könnte eine solche Meldung durchaus für Irritationen sorgen:

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(Screenshot: Facebook, Artikelvorschau)

In dem Artikel mit dem Titel “Grüne verhöhnen Opfer”  liest man:

Freiburg – Nachdem ein 17-jähriger Flüchtling eine deutsche Medizinstudentin in Freiburg vergewaltigt und brutal ermordet hat, äußert Grünen-Politikerin Petra Klamm-Rothberger auf twitter nun Verständnis: „In der Heimat des Täters werden vergewaltigte Frauen zum Tode verurteilt. Deshalb musste er sie nach der Vergewaltigung töten.

Das ist natürlich eine satte Fake-News, die man zwar recht einfach enttarnen kann, aber dazu auch ein wenig Köpfchen beweisen muss. Sprich:

Ein Gegencheck der Schlagzeile zeigt, dass niemand anderes darüber in einem eigenen aufbearbeiteten Text dieses Thema behandelt. Ferner fällt schnell auf, dass es die Politikerin, sowie den Twitter Account nicht gibt. Ganz zu schweigen davon, dass ein Tweet maximal 140 Zeichen lang sein kann. Insofern merkt man recht zügig, sofern man das überhaupt will, dass es sich hier um eine Falschmeldung handelt.

Wer steckt dahinter?

Ähm … hust. Ja. nach Angabe der Seite “Moselkurier” ist im Impressum ein “Alfonso Mbambe”. Hierzu gibt es auch ein ganz tolles Erklärvideo, wer dieser Alfonso sein soll.

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Doch Vorsicht, dieses Video ist natürlich ebenso Unsinn. Die recht junge Webseite “Moselkurier” weist zwar bereits so einige knackige Fake-News auf, der älteste Artikel stammt jedoch vom 30. November 2016. Die echte Impressumsanschrift ist in diesem Falle die Turbokultur GmbH in Berlin. Turbokultur beschreibt sich selbst:

Turbokultur entwickelt unkonventionelle Kommunikations-Strategien, produziert Branded-Entertainment Inhalte und vermarktet diese im Web. Durch eine Prise Humor inklusive Überraschungseffekt katapultieren wir den Content mit dem einflussreichsten Blog für Webkultur SchleckySilberstein und angeschlossenem Influencer Netzwerk in die sozialen Medien.

Ob frische Werbekampagne, Content-Format oder Social-Media-Konzept. Wir entwickeln die Inhalte, die auch Ihre Zielgruppe mit einem “Aha!“ quittiert. Damit Sie zum talk-of-the-town werden. Und Marken wieder cool sein können.

PSSSST!
Unser Lieblings-Projekt “Bohemian Browser Ballett” ist aktuell das lauteste Web-Comedy-Angebot im Netz.

Aha, und wenn man nun genauer hinschaut, dann findet man auf der Webseite der Turbokultur GmbH den Moselkurier unter der Rubrik “Bohemian Browser Ballett” wieder. Sprich: beim Moselkurier handelt es sich letztendlich garantiert um ein Projekt, welches für einiges an Aufsehen sorgen wird. Gewollt – mit Pointe und Knalleffekt am Ende. Wir lassen uns überraschen.

Bester Test: kopiere mal den Link „www.moselkurier.de“ auf Facebook in das Beitragsfeld und schaue, was sich für ein Vorschaubild lädt. Ebenso empfehlen wir also Lektüre hierzu „Schlecky Silberstein„.

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