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Die Aussagen des Impfexperten Geert Vanden Bossche klingen alarmierend: Die Corona-Impfungen würden zu einer globalen Katastrophe führen.
Wie sind seine Beurteilungen einzuschätzen?

Vermutlich haben bisher nur die wenigsten von Geert Vanden Bossche gehört. Sein Profil auf LinkedIn klingt jedenfalls beeindruckend: kreativer Denker, Innovator, Unternehmer, Problemlöser, Experte für Impfstoff-F&E und frühe Impfstoffentwicklung. Seine Behauptungen bezüglich den aktuellen Corona-Impfungen verbreiten sich jedoch nun stark in Impfgegner-Kreisen, weswegen es nötig ist, einen genaueren Blick auf seine Behauptungen zu werfen.

Die Behauptungen

Geert Vanden Bossche veröffentlichte auf seiner Homepage einen offenen Brief (siehe HIER, PDF-Datei), in dem er sich als unabhängiger Virologe und Impfexperte, ehemaliger Angestellter bei GAVI und der Bill & Melinda Gates Stiftung vorstellt und sich an die Autoritäten und Experten aller Welt richtet.

Er betont am Anfang gleich, dass er nicht gegen Impfungen sei, die aktuellen Impfungen jedoch sofort zu stoppen sind, da sie zu einer Katastrophe für die öffentliche Gesundheit führen: Durch die Impfungen sei das Virus gezwungen, schnell Mutationen zu entwickeln, um den Impfschutz zu umgehen, es werde dadurch noch ansteckender und vermutlich auch tödlicher, es werde zu einem „unkontrollierbaren Monster“.

Er hat auch eine Lösung parat, die wir uns im Hinterkopf behalten müssen, denn dies wird im weiteren Verlauf des Artikels noch wichtig:
Wirksame Impfungen müssten „NK-Zell-basiert sein, welche eine sterilisierende Immunität bieten und somit Covid-19 und verwandte Varianten komplett ausrotten könnten“.
Anmerkung: NK-Zell ist die Abkürzung für „natürliche Killerzellen“

Seine Aussagen präsentierte er auch in einer Keynote auf der Vaccine Summit in Ohio. Der Titel seines Vortrags: „Warum sollten derzeitige COVID-19-Impfstoffe während einer Pandemie nicht zur Massenimpfung verwendet werden?
Der Vortrag und die Präsentationsfolien sind online HIER einsehbar.

Im Folgenden gehen wir auf die Kernbehauptungen Geert Vanden Bossches ein.

Die Verwendung der Impfstoffe

Geert Vanden Bossche sagt in seiner Keynote:

„Es ist nicht gerade Raketenwissenschaft, es ist ein Grundprinzip, das einem Studenten in der ersten Impfstoffklasse beigebracht wird: Man sollte einen prophylaktischen Impfstoff nicht in Populationen verwenden, die einem hohen Infektionsdruck ausgesetzt sind (was jetzt sicherlich der Fall ist, da mehrere hochinfektiöse Varianten derzeit in vielen Teilen der Welt zirkulieren).“

Dies ist allerdings kein Grundprinzip, sondern allerhöchstens eine epidemiologische Theorie.
Es verstößt sogar direkt gegen die aktuellen Richtlinien zur Reaktion auf Ausbrüche von z. B. Masern, Mumps, Meningokokken usw. und steht ganz allgemein in direktem Widerspruch zur unglaublich effektiven Ringimpfungsstrategie.

Die Mutationen des Coronavirus

Geert Vanden Bossche sagt in seiner Keynote:

„Um dem selektiven Immundruck durch Impfstoff-Antikörper vollständig zu entgehen, muss Covid-19, ein hoch mutierbares Virus, nur noch einige wenige Mutationen in seiner rezeptorbindenden Domäne hinzufügen.“

Für einen Impfexperten ein eher peinlicher Fehler, denn COVID-19 ist nicht das Virus, sondern die Erkrankung, kann demnach auch nicht mutieren. Der Name des Virus ist SARS-CoV-2.

COVID-19 als „hoch mutierbar“ zu bezeichnen, ist auch weit über das Ziel hinausgeschossen:
Coronaviren mutieren etwa 20x langsamer als beispielsweise Influenzaviren. Dem entgegen wirkt allerdings, wenn sich das Coronavirus dank gewisser Aktionen 20x schneller verbreitet.

Gehen wir aber mal darüber hinweg und werfen einen Blick auf die Gefahr der Mutationen des Coronavirus, vor der er in der Kernaussage des obigen Satzes warnt:

So stimmt es zwar, dass Mutationen des Coronavirus eine verringerte Antikörperneutralisierung zeigen (siehe HIER), es gibt allerdings keine Vergleichswerte darüber, welcher Antikörperspiegel nun trotz Mutationen schützen würde. Somit handelt es sich um eine reine Spekulation Bossches.

Die Anzahl der Antikörper im Blut (Antikörpertiter) sind jedoch nachgewiesenermaßen (siehe HIER) sehr viel höher als nach einer natürlichen Infektion, auch wurden Anzeichen von Gedächtnisreaktionen beobachtet (siehe HIER, PDF-Datei), welche bereits nach der ersten Impfung einsetzen – die Folge ist, dass ein Rückgang der Neutralisierung nicht gleichbedeutend ist mit dem Verlust des Schutzes vor dem Coronavirus.

Ein Beispiel ist die klinische Phase-3-Studie von Novavax (siehe HIER):
Novavax ist weniger wirksam gegen die Virusvariante B.1.351, welche besonders problematische Mutationen aufweist, doch in der geimpften Gruppe entwickelte niemand eine schwere Erkrankung.

Auch zeigte sich in Studien (siehe HIER, PDF-Datei), dass einige geimpfte Patienten von selbst Antikörper gegen Virusmutationen entwickeln, gegen die die Impfung selbst gar nicht geeicht war – die Impfung bewirkte, dass die Mutationen kreuzneutralisiert wurden.

Das bedeutet natürlich nicht, dass man in Sachen Impfungen und Mutationen nun die Hände in den Schoss legen kann, jedoch haben die mRNA-Impfungen den großen Vorteil, dass man sie sehr schnell an stärkere Mutationen anpassen kann.

Die Aussage Bossches ist somit rein spekulativ, die bisherigen Erkenntnisse und Studien zeigen jedoch teilweise erstaunliche Ergebnisse, die seiner Behauptung widersprechen.

Die angeborene Immunität

Geert Vanden Bossche sagt in seiner Keynote:

„Die Menschen würden nicht nur den impfstoffvermittelten Schutz verlieren, sondern auch ihre kostbare, variantenunspezifische, angeborene Immunität wäre weg.“

Er begründet dies damit, dass die Impfantikörper die natürlichen Antikörper bei der Bindung an SARS-CoV-2 verdrängen würden, selbst wenn die natürlichen Antikörper sich weniger stark an das Coronavirus binden (wenn es so wäre, bräuchten wir ja keine Impfung).

Bossche bezieht sich dabei auf die Produktion von natürlichem IgM (Immunglobulin M), einem Antikörpermolekül, welches von B1-B-Zellen als Überbrückungsmaßnahme gegen Infektionen gebildet wird, bis potentere Antworten initiiert werden können.

Diese können jedoch gar nicht so stark verdrängt werden, so dass die angeborene Immunität weg wäre, denn sie werden vom Körper produziert, solange dieser B1-B Zellen besitzt, bereits Säuglinge haben diese Zellen. Sie machen 50 Prozent der B-Lymphozyten im Neugeborenen aus, bei Erwachsenen noch etwa 40 Prozent.

Immunglobulin M hat ganze zehn Bindungsstellen und versucht auch, gegen das Coronavirus vorzugehen, allerdings legt Bossche keine Beweise vor, dass IgM das Coronavirus auch neutralisiert – es bindet sich nur an das Virus, doch die Impfantikörper neutralisieren es auch.

Bossches Behauptung ist somit nicht belegt: die angeborene Immunität kann nicht durch die Impfung verdrängt werden, da der Körper das nötige Immunglobulin M ständig produziert.

Die natürlichen Killerzellen

Mit diesem Abschnitt nähern wir uns dem, was wir oben im Artikel bereits andeuteten:
Dem Lösungsvorschlag Bossches, dass eine Impfung auf natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) basieren müsse, um wirkungsvoll zu sein.

Bossche unterteilt COVID-19 Infizierte in zwei Gruppen:

  • NACs (Natural asymptomatic carriers): Menschen, die nach einer PRIMÄREN Infektion keine oder höchstens leichte klinischen Symptome zeigen
  • nonNACs: Menschen, die nach einer PRIMÄREN Infektion schwere klinische Symptome entwickeln

Ein Fehler schleicht sich schon bei seiner Definition der NACs ein, denn ein asymptomatischer Infizierter hat per Definition gar keine Symptome. Das ist, was asymptomatisch bedeutet. Ein Infizierter mit leichten Symptomen ist nicht asymptomatisch.

Weiter führt er aus, dass NACs keine oder nur leichten Symptome entwickeln, da die NK-Zellen (natürliche Killerzellen) den Krankheitsverlauf erschweren würden. Dies ist zwar theoretisch denkbar, jedoch legt er keine Beweise dafür vor.

Aktuelle Modelle weisen darauf hin, dass kein oder nur ein leichter Krankheitsverlauf auf eine schnelle Interferon-Antwort zurückzuführen ist (siehe HIER, PDF-Datei). Diese Interferon-Antworten fördern zwar auch die NK-Zellaktivität (siehe HIER), jedoch spielen diese nur eine sekundäre Rolle und werden in der medizinischen Literatur kaum erwähnt, da Interferon direkte intrazelluläre Effektoren induzieren kann

Im Gegenteil aber werden überschießende NK-Zell-Reaktionen mit der Entwicklung von schweren COVID-19-Verläufen in Verbindung gebracht (siehe HIER):

Durch die sogenannte zellulären Zytotoxizität (ADCC) entwickeln die NK-Zellen afucosylierte Antikörper (siehe HIER), welche bei Virusinfektionen extrem leistungsfähig sind. Diese Antikörper sind bei COVID-19 Patienten mit schwerem Verlauf im Übermaß vorhanden (siehe HIER).

Dies klingt zwar gut, bewirkt aber leider das Gegenteil: Durch die unkontrollierte, starke Ausbreitung der Antikörper entwickeln sich auch Entzündungen, welche nicht nur dem Organismus schaden, sondern auch dem SARS-CoV-2 Virus bei der weiteren Ausbreitung im Körper helfen, wenn das Immunsystem nicht durch eine Impfung gegen das Virus vorbereitet ist.

Zusammenfassend konzentriert sich Geert Vanden Bossche sehr auf die NK-Zellen, was zwar beispielsweise bei einer Krebsimmuntherapie sehr gut ist, bei Impfstoffen allerdings nicht viel Sinn ergibt.

  • Impfstoffe sind dazu da, ein lang anhaltendes immunologisches Gedächtnis gegen einen bestimmten Infektionserreger zu erzeugen
  • NK-Zellen sind Teil des angeborenen Immunsystems. Sie weisen nach einer Infektion zwar Infektion epigenetische Veränderungen auf, die als trainierte Immunität bezeichnet werden kann (siehe HIER)

Der große Unterschied ist aber, dass Impfungen die Bildung von Gedächtnis-Helferzellen auslösen, sie müssen eine robuste Aktivierung von dendritischen Zellen erreichen.

Bossches Behauptung ist somit eher als falsch einzuordnen: NK-Zellen sind zwar sehr hilfreich im Allgemeinen bei Viruserkrankungen, bewirken jedoch bei schweren Krankheitsverläufen eher das Gegenteil: Deren übermäßige Produktion verschlimmert den Krankheitsverlauf nur.

Warum Geert Vanden Bossche auf NK-Zellen Impfungen drängt

Nun endlich kommen wir zu dem Punkt, warum Bossche überhaupt so darauf drängt, statt den aktuellen Impfungen eine Impfung mit NK-Zellen zu verwenden, von der man bisher noch nie etwas hörte, also sogar neuartiger ist als mRNA-Impfungen, die schon seit den 1990ern praktiziert werden (wenn auch bisher nur bei Tieren).

Werfen wir mal einen Blick in ein Interview, welches Geert Vanden Bossche Phillip McMillan, seines Zeichens Mitarbeiter eines Unternehmens namens Vejon Health gab. Das Interview ist online auf YouTube zu sehen (siehe HIER).

In dem Interview sagt er:

„Mein Hauptinteresse galt eigentlich immer dem Design von Impfstoffen. Also das Konzept, wie können wir das Immunsystem auf eine Art und Weise trainieren, die in gewisser Weise effizienter ist, als wir es jetzt mit unseren konventionellen Impfstoffen tun.“

Auch auf seinem LinkedIn-Profil schreibt er, dass er daran interessiert ist, mit internationalen Unternehmen oder Organisationen aus dem privaten oder öffentlichen Sektor zusammenzuarbeiten, die vorzugsweise unter anderem auf dem Gebiet der Impfstoffinnovation arbeiten.

Ein interessanter Punkt in der Beschreibung seiner Person findet sich auf mehreren Seiten (siehe HIER, HIER und HIER):

„Dr. Vanden Bossche wirbt für eine aufkommende NK-Zell-basierte Impfungstechnologie, mit der er eine 10-jährige Forschungserfahrung hat, anstelle der neuartigen Antigen-basierten Impfstoffe, die weltweit eingeführt werden.“

Kurz gesagt: Bossche wirbt mit den Behauptungen und seiner Lösung für eine neuartige Impfungstechnologie, welche er selbst entwickelt – und folglich natürlich auch verkaufen will. Ein klassischer Interessenskonflikt also.

Fazit

Die Behauptungen Geert Vandem Bossches beruhen zum größten Teil auf Spekulationen, teilweise auch auf irreführende Schlüsse und Falschbehauptungen.

Die Tatsache zudem, dass er gleichzeitig einen neuartigen Impfstoff bewirbt, den er zudem selbst entwickelt hat und als wirksamer als die derzeit aktuellen Impfstoffe anpreist, trägt auch nicht unbedingt zu der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen bei, welche allesamt wissenschaftlich widerlegt werden können.

Dazu sei noch betont (dank an GeoFrankfurt), dass das Coronavirus kein Lebenwesen ist.
Es denkt sich nicht „Uuuh, die impfen sich, da muss ich doch mal fix eine Mutation entwickeln“.
Ein Virus mutiert, je stärker es sich verbreitet, und alles, was vor Infektionen schützt, wie eben Schutzmasken und Impfungen, verhindert somit auch Mutationen. Selektion (und der erwähnte daraus resultierende Selektionsdruck) ist ein separater Prozess.

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Weitere Quellen: Deplatform Disease, Science-Based Medicine, the Defender
Auch interessant:
Auf einigen Webseiten wird behauptet, dass Corona-Impfstoffe das Immunsystem zerstören. Doch die dafür herangezogenen Studie wird vollkommen aus dem Kontext gerissen.


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