Am Obersten Gerichtshof von Kanada findet kein „Nürnberg 2.0“-Prozess statt!
Autor: Ralf Nowotny
Angeblich fände in Kanada ein Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit statt. Doch es ist ein anderes Verfahren, und Fuellmich selbst widerspricht.
Erinnert ihr euch noch an die angebliche Sammelklage von Dr. Reiner Fuellmich gegen die CDC, die WHO und die Davos-Gruppe wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Das begann im September 2020 (wir berichteten) und richtete sich laut den Ausführungen der dazugehörigen Webseite „gegen die Hersteller und Verkäufer des defekten Produkts PCR-Tests“.
Dieser Prozess soll nun angeblich bald in Kanada am Obersten Gerichtshof stattfinden – doch nicht nur weiß das Gericht davon nichts, sondern Dr. Fuellmich selbst dementiert das!
Die Vorgeschichte in Kürze
Im September 2020 kündigte Dr. Fuellmich eine Sammelklage in den USA gegen die PCR-Tests an, Teilnehmende müssten „nur“ 800 Euro zzgl. MwSt. an ihn zahlen. Daraus wurde nicht wirklich was, aber im Juni 2021 (wir berichteten) strebte Dr. Fuellmich einen „neuen Nürnberger Prozess“ an: Angeblich verstoßen die COVID-19 Impfungen in allen Punkten gegen den Nürnberger Kodex, ganze 10.000 Ärzte und 1.000 Anwälte sollen sich der Klage angeschlossen haben.
Findet der Prozess nun in Kanada statt?
Die wird zumindest in vielen Postings in sozialen Netzwerken behauptet, ein Gerichtsdokument soll dies sogar beweisen. Hier nur eines der vielen Postings mit dem immer gleich lautenden Text, der seit Dezember kursiert:
Funfact: Viele kopierten einfach nur den Text, ohne ihn wirklich zu lesen, denn trotz des Verweises „siehe Link unten“ fehlt der Link in vielen Beiträgen – es wurde sich also nicht einmal das Dokument angeschaut.
Das Dokument
Das Gerichtsdokument ist aber echt und findet sich als PDF-Datei HIER. Doch nur ein einziger Blick auf die erste Seite des Dokuments genügt, um zu sehen, dass es sich zwar um eine skurrile Klage handelt, aber Dr. Reiner Fuellmich damit überhaupt nichts zu tun hat!
Die Kläger sind Stacy Amikwabi, Shawn Brennan, George Fayad, Joshua Alas-Wilson, Alisa Tojcic… und das ist das Beste: Jane Doe und John Doe.
Angeklagte sind unter anderem Papst Franziskus, der Heilige Stuhl, der Vatikanstaat, Königin Elisabeth II., das Haus Windsor, die Global Vaccine Alliance (GAVI), die WHO, die öffentliche Gesundheitsorganisation von Kanada und die Bill & Melinda Gates-Stiftung.
Der Klagegrund: Die Angeklagten werden von den Klägern beschuldigt, Grundrechte aufgrund einer vermeintlichen globalen Pandemie auszusetzen und zu verletzen.
Wie auch oben im Screenshot ersichtlich ist, findet die Klage, in der Dr. Reiner Fuellmich überhaupt nicht auftaucht, nicht vor dem Obersten Gerichtshof in Kanada statt (welcher nur als letzte Instanz angerufen werden kann), sondern vor dem Obersten Gerichtshof der kanadischen Provinz Ontario.
Das Gerichtsverfahren wurde übrigens im Februar 2021, also nur einen Monat nach der Einreichung, abgelehnt, wie AFP berichtete. Begründung: Das Gericht kann von sich aus ein Verfahren aussetzen oder abweisen , wenn das Verfahren auf den ersten Blick leichtfertig oder schikanös erscheint oder anderweitig einen Missbrauch des Verfahrens darstellt.
Fuellmich selbst widerspricht der Behauptung
Auf den Seiten über das geplante Verfahren selbst ist nichts über eine laufende Gerichtsverhandlung in Kanada zu lesen – und gerade dort müsste es ja prominent erwähnt sein. Doch Dr. Fuellmich widerspricht selbst auf Telegram:
Auf Deutsch übersetzt schreibt er in den ersten Sätzen:
„Wieder einmal kursieren Falschmeldungen, dass Dr. Reiner Fuellmich hunderte von Juristen und Medizinern anführen und ein Nürnberg 2.0 in Kanada initiiert hätte.
Hier werden verschiedene Halbwahrheiten vermischt und zu einer, in der Gesamtbetrachtung falschen, Nachricht zusammengefügt.“
Zwar strebe Dr. Fuellmich, der in dem Beitrag von sich selbst in der dritten Person schreibt, weiterhin einen solchen Prozess an, jedoch gehe es ihm vornehmlich um „Schadensersatz für europäische Opfer“.
Fazit
Dass diese Behauptung nun immer noch geteilt wird, zeigt gut auf, dass sich viele 1. nicht einmal das Gerichtsdokument angeschaut haben und 2. auch nicht auf den Telegram-Kanal von Dr. Fuellmich selbst achten, der es wortwörtlich als Fake News bezeichnet – Stichwort „selbst denkende Menschen“.
Somit ist die Behauptung, dass vor dem Obersten Gerichtshof in Kanada bereits Fuellmichs Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit laufe, eindeutig falsch.
Weitere Quelle: AFP
Hinweis: Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
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