Ein beunruhigender Fund, ein Facebook-Post und eine Welle der Besorgnis, die sich schnell über die sozialen Netzwerke verbreitet – die Geschichte eines „Trackers“, versteckt in einem Schulranzen, hat viele Eltern alarmiert. Doch wie gefährlich sind die smarten Geräte wirklich und was sagt die Polizei zu den vermeintlichen „Kindesentführern“?
Der Vorfall, der kürzlich auf Facebook geteilt wurde, klingt wie ein Albtraum:
Ein Kind findet einen „Tracker“, versteckt in der Schultasche, ein unbekannter Verfolger könnte auf der Lauer liegen. Die Sorge ist verständlich, vor allem, wenn es um die Sicherheit unserer Kinder geht.
Am Foto erkennt man, dass der Tracker ein Apple-Logo trägt. – Es handelt sich also um einen AirTag von Apple. Doch was verbirgt sich hinter diesen Geräten, die eigentlich dazu dienen sollen, verlorene Schlüssel oder Geldbörsen wiederzufinden, und können sie tatsächlich zu Überwachungsinstrumenten werden?
AirTags und GPS-Tracker – Ähnlich, aber nicht gleich
AirTags sind keine GPS-Tracker im herkömmlichen Sinne. Sie nutzen zwar Ortungsdienste, um verlorene Gegenstände wiederzufinden, aber ihre Funktionsweise unterscheidet sich deutlich von der eines GPS-Ortungsgeräts, das eine ständige satellitengestützte Positionsbestimmung ermöglicht.
Das Gerät von Apple stützt sich auf das „Wo ist?“-Netzwerk, ein globales Netz von Apple-Geräten, die anonyme Ortungssignale austauschen. Im Gegensatz zu GPS-Sendern, die ständig den aktuellen Standort übermitteln können, zeigen AirTags nur den letzten Standort an, an dem sie von einem Apple-Gerät „gesehen“ wurden.
Erklärung der Polizei Hannover
Aufgrund des viralen Charakters des Facebook-Posts haben wir bei der Polizei Hannover nachgefragt. Dort wird bestätigt, dass eine Anzeige wegen Stalking vorliegt, aber keine Details über den Täter bekannt sind. Auch sei keine „Masche“ von Kindesentführern bekannt, die Tracker einsetzen. Während es Fälle von Stalking bei Erwachsenen mit solchen Geräten gibt, sind Vorfälle bei Kindern äußerst selten und stehen oft im Zusammenhang mit familiären Konflikten.
Die Polizei betont, dass emotional aufgeladene Posts in sozialen Medien, obwohl verständlich, zu unnötiger Panik in der Bevölkerung führen können. Sie raten dazu, verdächtige Vorfälle direkt zu melden und die Ermittlungen abzuwarten, anstatt voreilig an die Öffentlichkeit zu gehen.
Das Verborgene sichtbar machen
Als Reaktion auf Bedenken hinsichtlich des Missbrauchs hat Apple Maßnahmen ergriffen, um das nicht einvernehmliche Tracking zu erschweren. iPhone-Benutzer erhalten Warnmeldungen, wenn sich ein unbekannter AirTag in ihrer Nähe befindet, und der AirTag selbst gibt nach einer Weile ein akustisches Signal ab, um seine Anwesenheit anzuzeigen.
Apple beschreibt dies auch auf seiner Webseite:
„AirTags wurden so entwickelt, dass sie unerlaubtes Tracking verhindern. Falls ein fremdes AirTag sich in deine Sachen verirrt, erkennt dein iPhone es und benachrichtigt dich. Wenn du es nach einer Weile immer noch nicht gefunden hast, spielt das AirTag einen Ton ab, damit du weißt, dass es da ist.
Natürlich musst du dir keine Sorgen machen, wenn du mit anderen unterwegs bist, die ein AirTag haben, oder wenn viele Menschen mit AirTags im selben Zug sitzen. Die Benachrichtigungen werden nur dann aktiviert, wenn das AirTag nicht mehr in der Nähe seiner Besitzerin oder seines Besitzers ist.“
Apple – AirTag
Apple kündigte außerdem eine gemeinsame Initiative mit Google an. Ziel ist es, den Missbrauch von AirTags zu verhindern.
Ron Huang, Vice President of Sensing and Connectivity bei Apple, erklärt dazu:
“Wir haben Airtag und das “Wo ist?”-Netz mit einer Reihe von proaktiven Funktionen ausgestattet, um ungewolltes Tracking zu verhindern – eine Premiere in der Branche – und wir arbeiten weiter an Verbesserungen, um sicherzustellen, dass die Technologie wie beabsichtigt genutzt wird. Diese neue Branchenspezifikation baut auf den Schutzmaßnahmen von AirTag auf und ist durch die Zusammenarbeit mit Google ein entscheidender Schritt nach vorn, um unerwünschtes Tracking unter iOS und Android zu bekämpfen.”
Die „Wo ist?“-Funktion deaktivieren?
Für diejenigen, die besorgt sind, unwissentlich Teil des „Wo ist?“-Netzwerks zu sein, gibt es die Möglichkeit, diese Funktion zu deaktivieren. Allerdings bedeutet das auch, dass man den Dienst nicht nutzen kann, um eigene verlorene Geräte zu finden.
Ist das Tracking von Personen strafbar?
Einem Gastbeitrag auf „LTO (Legal Tribune Online)“ nach ist die aktuelle Gesetzeslage für den Umgang mit Missbrauch durch AirTags unzureichend, wodurch eine rechtliche Lücke entsteht, die dringend geschlossen werden muss, um Opfer wirksam zu schützen und Täter zur Verantwortung zu ziehen. Trotz einer gewissen Sensibilisierung für Cyberstalking, fehlen spezifische Regelungen, die die Besonderheiten des digitalen Stalkings mittels dieser neuen Technologien adressieren.
Fazit
Eine Anzeige wurde erstellt. Die Polizei erklärte auf unsere Anfrage allerdings, dass keine Masche von Kindesentführern bekannt ist, die mit Trackern arbeiten.
In einer Welt, in der Technologie immer mehr Teil unseres Alltags wird, ist es wichtig, sich ihrer Möglichkeiten und Gefahren bewusst zu sein. Aufklärung und Bewusstseinsbildung sind unsere besten Waffen, um sicherzustellen, dass Geräte wie AirTags für gute und nicht für schlechte Zwecke eingesetzt werden.
Dieser Artikel wurde durch die vereinte Kraft unserer Community-Power im Mimikama-Forum realisiert! Ein herzliches Dankeschön an alle beteiligten Mimikamas. Wie wir zu diesen Erkenntnissen gelangt sind und den gesamten Recherche-Prozess können Sie hier nachvollziehen.
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2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)