Analysiert von einem Chemiker: Behauptungen über Graphenoxid in Impfungen
Autor: Ralf Nowotny
Das Video eines spanischen Biostatistikers über Graphenoxid in Impfungen ist schon in den ersten 2 Minuten voller Unsinn.
Über angebliches Graphenoxid in Impfungen berichteten wir bereits mehrfach (siehe HIER und HIER). Auslöser dafür war ein spanischer Biostatistiker und Gesundheitsbiologe namens Daniel Ricardo Delgado Martin, der eine „Forschungsdienstleistung“ bei der Campra Madrid anforderte, indem er ihnen ein Fläschchen mit unbekannter Herkunft schickte, welches angeblich den Pfizer-Impfstoff enthalte. Die Untersuchungen waren nicht schlüssig, trotzdem behauptete Martin seitdem, dass sich Graphenoxid und Nanotechnologie in den Impfstoffen befände. Auch ein Video von ihm wird immer wieder neu verbreitet, doch bereits die ersten 2 Minuten sind voller Unsinn, wie uns ein Chemiker erklärt.
Das Video
Das Video mit Daniel Ricardo Delgado Martin ist über 10 Minuten lang und kursiert mit deutschen Untertiteln beispielsweise auf Bitchute und Telegram.
Bei ihm handelt es sich um Betreiber des Blogs „La Quinta Columna“. Die Eigenbeschreibung des Blogs: „Aktuelle Nachrichten und die Verbreitung von Themen, die außerhalb der derzeitigen willkürlichen ZENSUR liegen“.
Die Analyse der ersten 2 Minuten
Joachim H. hat einen Masterabschluss in Chemie und promoviert dieses Jahr auf dem Gebiet der Elektrochemie, ist dadurch mit wissenschaftlichen Arbeiten und dem Umgang mit wissenschaftlichen Veröffentlichungen vertraut.
Aus persönlichen Gründen hat er sich das Video angeschaut und die in dem Video genannten Quellen analysiert. Seine Ergebnisse hat er uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
In den ersten 30 Sekunden wird erzählt, dass alle Impfstoffe Nanotechnologie enthalten. Interessant ist, dass hierfür keine Belege gezeigt werden. Der einzige Beweis ist, dass man nach einer Impfung über Bluetooth eine Verbindung mit dem „Nanorouter“ eingehen kann. Dies habe ich selbst mit meinem Handy und auch meinem Tablet versucht. Ich finde keine Geräte, mit welchen ich mich verbinden kann.
Bei Sekunde 26 wird eine Quelle genannt (siehe HIER), auf Deutsch lautet der Name des Artikels „Erste MAC-Untersuchungen für Graphen-fähige drahtlose Networks-on-Chip“.
Dabei geht es um Antennen, welche auf Graphen (englisch graphene) basieren. Später im Video (51 Sekunden) wird jedoch gesagt, dass das „Rohmaterial für die Entwicklung dieser mikrostrukturellen Verbindungen Graphenoxid [ist]“.
So ist Graphen ein guter elektrischer Leiter (siehe HIER), Graphenoxid jedoch nicht (siehe HIER). Graphenoxid eignet sich aufgrund der Materialeigenschaften somit nicht als Material für die zwischen Sekunde 30 und 50 beschriebenen elektronischen Bauteile.
Typischerweise sind für solche Bauteile Mikrochips aus Halbleitermaterialien notwendig, welche zum einen mit einer Stromquelle versorgt werden müssen und zum anderen auf einer Platine angeordnet sein müssen (wie in einem Handy oder Computer, siehe HIER). Selbst wenn man Mikrochips aus Graphenoxid produzieren könnte, was nach meiner Recherche aktuell noch nicht möglich ist, wäre es nicht möglich, die im Video beschriebene Nanotechnologie wie Nano-Router (Sekunde 16) ausschließlich aus Graphenoxid herzustellen.
Ab ca. einer Minute wird darüber gesprochen, dass sich diese „komplexen Strukturen“ aus dem im Impfstoff enthaltenen Graphenoxid „selbst zusammensetzen“. Hier wird zuerst auf eine Studie verwiesen, in welcher der biologische Abbau durch ein Enzym untersucht wurde (siehe HIER, PDF-Datei).
Ab Minute 1:20 wird von der Teslaphorese gesprochen. Die Teslaphorese beschreibt im Allgemeinen die Anordnung von Materie in einem elektrischen Feld.
Hierbei können jedoch keine „komplexen Strukturen“ entstehen, wie im Video erzählt wird, sondern es ist lediglich möglich, dass einfache Nanomaterialien wie Kohlenstoffnanoröhren im elektrischen Feld ihre Ausrichtung ändern, also sich drehen (siehe HIER, PDF-Datei). Hierfür ist jedoch ein sehr starkes elektrisches bzw. elektromagnetisches Feld notwendig, was von den Mikrowellen der Handystrahlung oder auch vom WLAN auf keinen Fall erreicht wird. In der Studie muss die Probe 20 cm neben der Quelle des elektrischen Felds liegen.
Bezüglich des Zusammenhangs zwischen Grapheneoxid und Magnetismus. Ab Minute 1:35 wird erzählt, dass Graphenoxid im Körper magnetische Eigenschaften entwickelt. Hierbei wird auf eine Quelle verwiesen (siehe HIER, „Kontrolle des Magnetismus von Graphen auf atomarer Ebene durch Wasserstoffatome“) welche ich mir ebenfalls genauer angeschaut habe.
In dieser Quelle handelt es sich jedoch auch wieder um Graphen und nicht um Graphenoxid.
Wie vorher erwähnt sind das zwei unterschiedliche Stoffe mit verschiedenen Eigenschaften. Auch ist hierfür eine Abscheidung eines atomaren Wasserstoff auf der Oberfläche von Graphen notwendig, was nur unter Laborbedingungen und auf keinen Fall im Körper möglich ist, und wahrscheinlich ist das resultierende Graphen mit magnetischen Eigenschaften im Körper überhaupt nicht stabil.
Das resultierende Magnetfeld ist darüber hinaus so schwach, dass auf keinen Fall Löffel oder ähnliches am Körper hängen bleiben können.
Fazit
Bereits die ersten 2 Minuten des Videos enthalten soviel Falschinformationen, dass der Rest des Videos, in dem auf diese Behauptungen aufgebaut wird, obsolet ist. Alleine schon die ständige Verwechslung von Graphen und Graphenoxid und die somit falschen Schlussfolgerungen zeigen die Unseriosität der Behauptungen.
Gastautor: Joachim H.
Hinweis: Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
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