Der Pfizer-Impfstoff soll uns alle töten, so die Behauptung. Denn angeblich soll dieser zu über 99 Prozent giftiges Graphenoxid enthalten. Spoiler: Das ist Unsinn!

Für gewisse Menschen scheint es festzustehen, dass Impfungen magnetisch machen (wir berichteten). Nun soll sogar der Grund dafür gefunden worden sein: Angeblich bestehe der Impfstoff von BioNTech/Pfizer zu über 99 Prozent aus Graphenoxid, welches Geimpfte nicht nur „magnetisch markiert“, sondern auch tötet.
Das Problem nur: Für die Behauptung gibt es keine wissenschaftliche Grundlage.

Die Behauptung

Eine Schweizer Seite behauptet, dass spanische Forscher Graphenoxide in den Corona-Impfstoffen gefunden hätten (archiviert HIER). Ein ganzes Team von spanischen Forschern und Professoren unter der Leitung des Biostatistikers Ricardo Delgado und Dr. José Sevillano sollen Corona-Impfstoffe unter einem Transmissionselektronenmikroskop untersucht haben.

Professor Pablo Campra Madrid von der Universität von Almeria in Spanien habe darüber einen vorläufigen Bericht der Ergebnisse erstellt, welcher HIER eingesehen werden kann. Demnach sollen 6 Dosen aus einem Fläschchen des Corona-Impfstoffs von Pfizer 99,99103 Prozent Graphenoxid enthalten haben, der Rest sei RNA.

In einem Folgeartikel berichtet die Schweizer Seite, dass die Gesundheitsökonomin Jane Ruby eine Übersetzung des vorläufigen Berichts gelesen habe und sehr besorgt sei. Laut Ruby solle bald eine neue Studie mit einer Analyse von 100 weiteren Impfstoffen vorliegen.

Laut Ruby sei der einzige Grund, warum sich Graphenoxid in dem Pfizer-Impfstoff befinde, der ist, Menschen zu töten.

Der Faktencheck

Vielleicht ist es euch in den obigen Sätzen bereits aufgefallen: Erst wird allgemein von Corona-Impfstoffen geschrieben, die Graphenoxid enthalten sollen, dann wird nur noch direkt vom Pfizer-Impfstoff geschrieben. Das ist kein Versehen, denn in den Artikeln der Schweizer Seite wird ebenfalls erst allgemein von Impfstoffen geredet, dann nur von dem Pfizer-Impfstoff.

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Was ist Graphenoxid?

Dabei handelt es sich um ein einatomiges, kohlenstoffbasierendes Schichtmaterial, das durch die Oxidation von Graphit hergestellt wird. Wenn es chemisch reduziert wird, kann Graphenoxid Graphen bilden, das als „das stärkste, dünnste und leitfähigste Material der Welt“ gilt.

Der Bericht

Dieser kann HIER öffentlich eingesehen werden, stammt vom 28. Juni 2021 und wurde von Pablo Campra Madrid, einem Professor der Universität von Almería (UAL), veröffentlicht. Der Autor erklärt in dem Bericht auf Seite 23, dass die Studie nicht im Auftrag der Universität erstellt wurde.

Auch die Universität selbst distanziert sich deutlich von dem Bericht und den darin enthaltenen falschen Informationen:

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Die Beschreibung der Untersuchung

Auf Seite 3 und Seite 8 des Berichts beschreibt Campra Madrid, dass er Proben aus einem BioNTech/Pfizer-Fläschchen „mit unbekannter Herkunft“ entnommen habe. Das Fläschchen habe er von einem Kurier erhalten.

Rote Flagge: Die Herkunft des Fläschchens, aus dem die Proben stammen, ist nicht nachvollziehbar.

Campra Madrid untersuchte die Proben unter einem Mikroskop und verglich die Bilder der Impfstoff-Flüssigkeit mit anderen Proben. Ihm zufolge ähneln sich die Proben der Impfstoff-Flüssigkeit und Proben von Graphenoxid.

Der Bildvergleich auf Seite 12 des Berichts
Der Bildvergleich auf Seite 12 des Berichts
Die spanischen Faktenchecker von maldita.es legten den Bericht und die Fotos mehreren Experten vor, welche sehr ausführlich erläuterten, dass sowohl die Messmethoden, welche Campra Madrid anwandte, nicht geeignet sind, als auch dass der Bildvergleich unsinnig sei, da die Ähnlichkeit auf eine Vielzahl von Materialien zuträfe.

Campra Madrid räumt sogar selbst in der Studie ein, dass die Untersuchung unter dem Mikroskop keinen schlüssigen Beweis liefert – was umso unverständlicher ist, da er in der Überschrift des Berichts impliziert, er habe eindeutig Graphenoxid in den Proben gefunden.

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Wer die Untersuchung anforderte

Nun wird es interessant:
Wie bereits oben beschrieben, war nicht ersichtlich, woher das Fläschchen mit dem vermeintlichen Pfizer-Impfstoff stammt. Auf Seite 3 des Berichts schreibt Campra Madrid aber, dass ein gewisser D. Ricardo Delgado Martín eine „Forschungsdienstleistung“ anforderte. Zumindest wäre damit geklärt, wer der Absender des Päckchens mit dem Fläschchen war.

Bei D. Ricardo Delgado Martín handelt es sich um Betreiber des Blogs „La Quinta Columna“. Die Eigenbeschreibung des Blogs: „Aktuelle Nachrichten und die Verbreitung von Themen, die außerhalb der derzeitigen willkürlichen ZENSUR liegen“.

Im spanischen Sprachraum ist der Blog schon desöfteren mit Falschinformationen über COVID-19 aufgefallen (siehe HIER und HIER).

Das Aussehen des Impfstoffs

Jeder, der bereits geimpft wurde, hat sicherlich auch einen Blick auf die Fläschchen mit dem Impfstoff geworfen, es handelt sich um eine weiße bis grauweiße Flüssigkeit.

In einem ausführlichen Tweet-Thread geht Matthew Diasio, ein Congressional Science & Engineering Fellow der American Chemical Society, auf das Aussehen des Impfstoffs ein, da seine Doktorarbeit buchstäblich über Graphen in Flüssigkeiten ging.

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So weist er ausführlich darauf hin, dass Flüssigkeiten, die nur 0,05 Prozent Graphenoxid enthalten, bereits eine dunkelbraune Färbung aufweisen.

Zur Erinnerung: Die Pfizer-Impfstoffe enthalten angeblich 99.9 Prozent Graphenoxide, müssten demnach fast pechschwarz sein!

Fassen wir zusammen

  • Der Bericht findet sich auf keiner wissenschaftlichen Seite, sondern nur als PDF auf diversen Dokumenten-Servern wie Google Docs
  • Der Bericht wurde auch nicht von „einem ganzen Team von spanischen Forschern und Professoren“ verfasst, sondern nur von einer einzelnen Person: Pablo Campra Madrid
  • Der Bericht enthält das Wappen der Universität, diese distanziert sich aber deutlich von dem Inhalt und weist auch darauf hin, dass der Bericht nicht im Auftrag der Universität entstand
  • Die Herkunft des Fläschchens mit dem Pfizer-Impfstoff ist unbekannt
  • Die Untersuchung ordnete der Betreiber eines Blogs an, auf dem schon mehrmals Falschinformationen über COVID-19 verbreitet wurden
  • Der Beweis ist ein Bildvergleich, aber mehrere Experten betonten, dass die Fotos auch sehr viel andere Materialien zeigen könnten
  • Würde der Pfizer-Impfstoff tatsächlich zu über 99 Prozent aus Graphenoxid bestehen, hätte er eine fast schwarze Färbung
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Die Behauptung, dass der Pfizer-Impfstoff über 99 Prozent aus Graphenoxid enthalte, ist somit falsch.

Artikelbild: Von Jan Felix Christiansen / Pixabay.com
Weitere Quellen: Reuters, Maldita, FullFact, Health Feedback

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)