In wenigen Tagen soll der Impfpass und Impfungen Geschichte sein – behaupten Impfgegner. Die ganze Geschichte ist jedoch frei erfunden!

Eines muss man ja diversen Seiten im Internet lassen: Mut zu dreisten Lügen haben sie! Da wird einfach mal so behauptet, dass die EU fünf Therapien gegen COVID-19 genehmigt hätte, wodurch der Impfpass und Impfungen obsolet sind. Sie verlinken sogar auf die Quelle der Behauptung – und in dieser Quelle steht exakt das Gegenteil!

Für die Eiligen: Fünf Therapien befinden sich in einer Testphase, doch in der EU-Pressemitteilung (nicht Dekret!) steht sogar im ersten Satz gleich, dass die Impfungen weiterhin der beste Weg sind, die Pandemie zu beenden. Sowohl das Datum (20. Oktober), als auch die Behauptung, dass der Impfpass und die Impfungen abgeschafft werden, sind frei erfunden.

Die Behauptung

Es ist mal wieder ein Countdown, der von Impfgegnern in den einschlägigen Telegram-Kanälen gefeiert wird. Und wie bisher immer, wird auch am 20. Oktober der Ernüchterungs-Kater groß sein, wenn es dann immer noch den Impfpass und die Impfungen gibt.

Eine einschlägige Seite, deren Artikel (archiviert HIER) auf Telegram fleißig geteilt wird, behauptet, dass die Europäische Union fünf Therapien genehmigt habe, die in allen Krankenhäusern in der EU zur Behandlung von COVID-19 verfügbar seien. Das Dekret der EU verpflichte alle Krankenhäuser, diese fünf Medikamente ab dem 20. Oktober einzusetzen, dadurch werde gleichzeitig die Verwendung der Impfstoffe eingestellt.

Zusätzlich wird behauptet, dass Ivermectin mittlerweile wissenschaftlich vom Forschern des Pasteur-Instituts in Frankreich in der Prophylaxe und der Behandlung von COVID-19 anerkannt sei.

Das angebliche EU-Dekret

Netterweise wurde in dem Artikel auch das angebliche EU-Dekret verlinkt (siehe HIER). Das Problem nur: Es ist auf Französisch, und das sprechen hierzulande noch weniger Menschen als Englisch. Dies ist auch die Absicht der Seite, denn die deutsche Version der EU-Seite entlarvt die Falschbehauptung sofort!

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Schauen wir jetzt mal auf die deutschsprachige Version der EU-Seite (siehe HIER). Dort ist in der oberen Zeile gleich zu sehen, dass es sich nicht um ein Dekret, sondern um eine Pressemitteilung handelt, und diese beginnt auch gleich mit den Sätzen:

Die Impfung gegen COVID-19 ist der beste Weg, um die Pandemie zu beenden und wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren. Parallel dazu arbeiten wir daran, dass die besten Behandlungen für infizierte Personen zur Verfügung stehen.“

In der Pressemitteilung der EU wird im weiteren Verlauf von fünf Therapeutika berichtet, die demnächst für die Behandlung von Patienten in der gesamten EU zur Verfügung stehen könnten. Ganz wichtig: könnten! Denn diese fünf Therapeutika haben noch keine EU-Zulassung, da die endgültigen Daten bezüglich Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit noch gar nicht vorliegen.

Bis Ende Oktober könnten mindestens drei der Therapeutika, bis Ende 2021 weitere zwei Therapeutika zugelassen werden.

Es handelt sich um Therapeutika, also um Mittel zur Behandlung von bereits an COVID-19 Erkrankten. In der Pressemitteilung fällt kein Wort davon, dass dadurch Impfungen und der Impfpass abgeschafft werden, ebenso ist nirgends in der Pressemitteilung die Rede vom 20. Oktober!

Auch gibt es keine Verpflichtung, diese Therapeutika anzuwenden, wenn und falls sie zugelassen werden, dies liegt immer im Ermessen der Ärzte. Eine Impfung ersetzen sie aber keinesfalls.

Ivermectin wurde nicht vom Pasteur-Institut als Prophylaxe gegen COVID-19 anerkannt!

Bereits im August (siehe HIER) berichteten wir über die Behauptung, dass Ivermectin, eine Arznei, die normalerweise bei Parasitenbefall (z.B. Bandwürmer) bei Tieren eingesetzt wird, findet aber auch bei Menschen Anwendung findet, wirksam gegen COVID-19 sei. Eine Studie vom November 2020 darüber war jedoch grob gefälscht.

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In dem Artikel wird behauptet, dass das Pasteur-Institut in Frankreich am 12. Juli in der Zeitschrift EMBO Molecular Medicine veröffentlicht habe, dass Ivermectin als Prophylaxe gegen COVID-19 anerkannt wird. Verlinkt wurde dies natürlich nicht, also machen wir das halt (siehe HIER, dazugehörige Pressemitteilung siehe HIER).

Das Pasteur-Institut plädiert nur für klinische Versuche an Patienten, aber nicht für den Einsatz von Ivermectin gegen COVID-19 beim Menschen.

In Versuchen mit Hamstern zeigte sich, dass Ivermectin Entzündung in den Atemwegen reduzierte, was die Symptome verringerte, ebenso wurde das Risiko eines Geruchsverlusts verringert. Die Viruslast blieb jedoch gleich!

„Überraschenderweise haben wir festgestellt, dass die Behandlung mit Ivermectin die Virusvermehrung nicht reduziert hat; die behandelten Modelle hatten ähnliche Mengen an Viruslast in der Nasenhöhle und in der Lunge wie die unbehandelten. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Ivermectin eher eine immunmodulatorische als eine antivirale Wirkung hat.“

so Guilherme Dias de Melo, der Hauptautor der Studie am Pasteur-Institut. Ob sich Ivermectin auch bei Menschen bei Bekämpfung der COVID-19 Symptome eignet, müssten klinische Versuche zeigen.

Zusammenfassung

Fünf Therapien befinden sich in einer Testphase, doch in der EU-Pressemitteilung (nicht Dekret!) steht sogar im ersten Satz gleich, dass die Impfungen weiterhin der beste Weg sind, die Pandemie zu beenden. Sowohl das Datum (20. Oktober), als auch die Behauptung, dass der Impfpass und die Impfungen abgeschafft werden, sind frei erfunden.

Ebenso hat das Pasteur-Institut in Frankreich nicht Ivermectin als Prophylaxe gegen COVID-19 anerkannt, sondern plädiert für klinische Tests an Patienten zur Bekämpfung von Symptomen.

Es wird also ein großer Katzenjammer auf Telegram stattfinden, wenn es auch nach dem 20. Oktober den Impfpass und die Impfungen weiter geben wird.

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)