Infektionsschutzgesetz: Bundestag hat nicht heimlich Covid für beendet erklärt

Schön wäre es, wenn das so einfach ginge. Maßnahmen sind weiterhin möglich. Passage, die Schulen betrifft, wurde aus Gesetzestext gestrichen.

Autor: Walter Feichtinger

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Die Behauptung

Der Bundesrat hat Covid-19 als „besonders ansteckende Krankheit“ aus dem Infektionsschutzgesetz gestrichen, also gibt es keine gesetzliche Handhabe mehr, Corona-Maßnahmen zu erzwingen.

Unser Fazit

Der Eintrag „Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“ wurde nur aus einem Teil des Infektionsschutzgesetzes gestrichen (§ 34, Absatz 1). Covid-19 gilt weiterhin als meldepflichtige Krankheit (§ 6) und hat zwei eigene Unterabschnitte beim Paragraph 28 Schutzmaßnahmen (§ 28a und § 28b). Die Krankheit wurde also nicht offiziell als „vorbei“ deklariert und das abgeänderte Infektionsschutzgesetz sieht weiterhin zu beachtende Schutzmaßnahmen vor.

++ Deutscher Bundesrat erklärt Covid-19 für unbedenklich und beendet damit Pandemie ++ Karl Lauterbach kann gehen, Covid-19 ist keine gefährliche Krankheit mehr ++ Darüber informiert uns keiner!!!! ++ Still und heimlich! ++ Und die Regierung macht trotzdem weiter … ++

Laut Beschluss des Bundesrats vom 7. Oktober wird COVID-19 als besonders ansteckende Krankheit aus dem Infektionsschutzgesetz gestrichen. Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages Drucksache 480/22 vom 30.09.22 Corona ist vorbei!!! Im Klartext, es gibt keine juristische Handhabe mehr irgendwelche Corona Maßnahmen zu erzwingen.

Text eines Flugblattes zu aktuellen Änderungen im Infektionsschutzgesetz

Der Deutsche Bundesrat soll Corona still und heimlich für beendet erklärt haben und habe es auch aus dem Infektionsschutzgesetz streichen lassen. Diese Behauptung geistert seit Mitte Oktober 2022 durchs Netz und wird immer noch auf Social Media verbreitet. Das ist allerdings so nicht richtig.

Infektionsschutzgesetz - Änderung

Anpassung des Infektionsschutzgesetzes im Sommer…

Ja, Covid-19 wurde aus einer Liste von Krankheiten im Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestrichen. Allerdings betrifft das nur eine einzelne Stelle (§ 34, Absatz 1) von mehr als 130 Erwähnungen der Krankheit im Gesetzestext. Und es handelt sich dabei nur um das Rückgängigmachen einer Änderung, die erst ein Monat davor durchgeführt worden war. Ein Faktencheck von Correctiv hat sich die Chronik der Ereignisse im Detail angesehen, hier eine kurze Zusammenfassung:

Nach einer längeren, politischen Debatte im Sommer 2022 legte die deutsche Bundesregierung einen Gesetzesentwurf mit umfassenden Änderungen im Infektionsschutzgesetz vor, der am 5. Juli von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde und mit 17.9.2022 in Kraft trat. Eine der vielen Änderungen betraf die Aufnahme der „Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“ in eine Liste von ansteckenden Krankheiten (unter § 34, Absatz 1), die eine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstige Tätigkeit in Gemeinschaftseinrichtungen bei Kontakt zu Betreuten untersagt sowie Betreuten das Betreten der Räumlichkeiten, wenn sie „erkrankt oder dessen verdächtigt“ sind.

… und Abänderung im Herbst 2022

Dieser Passus wurde allerdings schon kurz darauf wieder aus dem Gesetz gestrichen und war nur etwa ein Monat in Kraft. Diese Streichung ist das Ergebnis einer weiteren politischen Debatte im Herbst. Der Eintrag hätte bedeutet, „dass eine Person, die Covid-19 hat oder den Verdacht hat, Covid-19 zu haben, erst dann wieder in die genannten Einrichtungen darf, wenn sie nachweisen kann, dass sie die Krankheit nicht oder nicht mehr hat. Sie hätte sich also freitesten müssen“. Da aber in den meisten Gesellschaftsbereichen kein Freitesten mehr vorgeschrieben ist, wäre diese Regelung „für Schülerinnen und Schüler unverhältnismäßig“.

Ich mache das gerne, […] ich nehme das gerne da heraus. […] Das Ziel, was wir verfolgen, das ist das Gleiche. Auch wir haben uns überlegt: Was können wir tun, um den Schulausfall zu verhindern.

Karl Lauterbach zeigt am 16.09.2022 im Bundestag Kompromissbereitschaft bzgl. § 34

Die Zustimmung im Bundestag zum Gesetzentwurf vom Sommer kam erst zustande, als Gesundheitsminister Lauterbach am 16. September in einer Rede vor dem Bundestag zusagte, die Passage wieder herauszunehmen. Schulschließungen müssten verhindert werden, es seien andere Lösungen zu finden. Der Gesetzesentwurf wurde nicht mehr aufgeschnürt und in seiner Gesamtheit beschlossen, die versprochene Änderung der Änderung kam bereits zwei Wochen später und trat am 14. Oktober in Kraft. Nicht alle in der Koalition waren über die Abänderung glücklich, berichtete der Spiegel.

Ich halte es für falsch, mit Blick auf den Herbst jetzt das Schutzniveau weiter zu senken […] Angesichts hoher und erneut ansteigender Fallzahlen sollte es medizinisch eine Selbstverständlichkeit sein, dass Menschen, die erkrankt sind oder dies gerade waren, sich vor dem Zusammentreffen mit anderen Menschen in Innenräumen selbst testen. Das ist an Schulen genauso sinnvoll wie am Arbeitsplatz oder in der Freizeit.

Janosch Dahmen, der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion im Spiegel-Interview

Der Bundestag hat übrigens gar nicht die Kompetenz, die Pandemie für beendet zu erklären.

Weiterhin Maßnahmen gegen Covid-19 im Infektionsschutzgesetz

Der Aussage „Corona ist vorbei“, ist also falsch. Die Pandemie wurde nicht für beendet erklärt und Covid-19 auch nicht als ungefährlich eingestuft. In der aktuell gültigen Fassung des IfSG finden sich viele Passagen, die sich direkt auf diese Infektionskrankheit beziehen: „Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“ gilt weiterhin als Meldepflichtige Krankheit (§ 6). Die „Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2“ (§ 20b) bleibt geregelt, ebenso wie Impf-, Genesenen und Testnachweise und -zertifikate (§ 22a).

Zwei Anhänge im Kapitel Schutzmaßnahmen (§ 28) widmen sich Covid-19 „bei epidemischer Lage von nationaler Tragweite“ (§ 28a) und „bei saisonal hoher Dynamik“ (§ 28b). Bestimmte Maßnahmen, die wir inzwischen gut kennen, können bei Bedarf weiterhin verhängt werden. Dazu zählt z.B. die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr.

Still und heimlich?

Bleibt noch ein letzter Vorwurf: Niemand hätte die Bevölkerung über die Änderung im IfSG informiert, besonders nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Still und heimlich wäre Corona für beendet erklärt worden. Auch das stimmt nicht. Ein paar Beispiele: phoenix (ARD) übertrug die Debatte live. Das ZDF-Morgenmagazin berichtet über die Einigung in der Koalition. phoenix zeigte Debatte und Rede von Lauterbach im Bundestag. Die Tagesschau erläuterte die ab Oktober geltenden Regelungen. Und ZDF-heute thematisierte das Kippen der Testpflicht in Schulen.

FAZIT

Nein, Covid-19 wurde nicht völlig aus dem Infektionsschutzgesetz gestrichen, sondern nur aus einer Detailregelung, die Schulen und andere Betreuungseinrichtungen betrifft. Gesundheitsminister Karl Lauterbach möchte andere Lösungen finden, um einerseits Schutz zu gewährleisten und andererseits Schulschließungen zu verhindern. Covid-19 wurde nicht für beendet erklärt, der Bundestag hätte auch gar nicht die Kompetenz das zu tun. Die (öffentlich-rechtlichen) Medien haben ausführlich zum Thema berichtet.

Mehr zu Covid-19: DAK-Langzeitstudie: Corona-Angst hat sich in Deutschland halbiert
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