Man nehme also ein Bild ohne Herkunftsnachweis und ohne Kontext, markiere den Westfriedhof in Magdeburg und bedanke sich (natürlich ironisch) bei Angela Merkel.

Und schon hat man hunderte Menschen getriggert, die nun ihre Wut an dem Bild auslassen. Doch was wäre, wenn dieses Bild nicht in Deutschland aufgenommen wurde?

Was wäre, wenn das, was man auf dem Bild sieht, zu der Kultur der abgebildeten Menschen gehört? Was wäre, wenn hier gar keine Gräber geschändet werden?

Screenshot Mimikama.at
Screenshot Mimikama.at

Wenn das so wäre, dann hätten sich ja all die hunderte von Menschen in die Irre führen lassen. Da wir bereits vor mehreren Tagen dieses Bild analysiert haben, ist es nun recht einfach, ein paar Worte über das Bild zu verlieren.

Stammt das Bild vom Westfriedhof in Magdeburg?

Nein. Das Bild stammt nicht vom Westfriedhof in Magdeburg. Der Verfasser des Postings hat lediglich den Westfriedhof geografisch markiert.

Zum Vergleich hier ein paar Suchergebnisse zum Westfriedhof (hier), man erkennt recht deutlich die Unterschiede zwischen dem Bild oben und den Bildern aus der Suchmaschinensuche.

Wichtig dabei: der Westfriedhof ist komplett mit bebauten Grundstücken umgeben. Das Bild oben zeigt eine ländliche Gegend.

Muss man sich für dieses Bild bei Merkel bedanken?

Nein. Angela Merkel hat mit dem Bild nichts zu tun. Die Nutzung des Namens dient lediglich als Trigger und suggeriert eine unkontrollierte Migration und einen daraus resultierenden vermeintlichen Kulturverlust, bzw. Kulturkampf.

Dieses Bild wurde nicht in Deutschland aufgenommen. Es stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Serbien. Wir haben in unserem Artikel „Und sie grillen auf dem Friedhof …“ (hier) genauer analysiert, woher das Bild kommen dürfte und welcher Tradition es enstprechen kann.

Der Umgang mit Toten

Ist das obige Foto befremdlich? Ja. Zumindest für Menschen in Mitteleuropa. Doch hier geht es nicht um Leichenschändung oder um die Missachtung der Kultur in Deutschland oder Österreich, sondern um Riten in einem Land, in dem ein anderer Umgang mit Toten herrscht.

Die Aachener Nachrichten veröffentlichten am 17. November 2018 einen sehr interessanten Artikel zu diesem Thema (hier).

Deshalb stehen neben den mehreren Dutzend Gräbern in Beuel vereinzelt auch marmorne Bänke und Tische. „Man isst, trinkt und raucht gewissermaßen gemeinsam mit den Toten – und teilt so mit ihnen die Genüsse“

Ebenso in Mittel- und Südamerika: Dort wird der „Día de los Muertos“ (Tag der Toten) gefeiert, der in Mexiko sogar von der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe eingestuft wurde (vergleiche).

Der Día de los Muertos erinnert an die vorübergehende Rückkehr verstorbener Verwandter und Lieben zur Erde. Die Feierlichkeiten finden jedes Jahr von Ende Oktober bis Anfang November statt. Familien erleichtern die Rückkehr der Seelen zur Erde, indem sie Blumenblätter, Kerzen und Opfergaben auf dem Weg vom Friedhof zu ihren Häusern legen. Die Lieblingsgerichte der Verstorbenen werden zubereitet und um das Grab platziert.

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)