Meldeflut: So will das BKA Telegram zur Zusammenarbeit bringen
Autor: Ralf Nowotny
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Wenn etwas oft gemeldet wird, wird es gelöscht: Was auf Facebook und Twitter klappt, funktioniert vielleicht auch auf Telegram, vermutet das BKA.
Für die einen, zumeist die, die sich ungehemmt auf Telegram mit Mordfantasien und Hassaufrufen austoben, ist der Messengerdienst Telegram gelebte Demokratie, für die meisten anderen allerdings pure Anarchie. Anonym kann dort jeder seine oftmals die Grenzen des guten Geschmacks und der Legalität überschreitende Hetze verbreiten, doch das BKA möchte nun dagegen vorgehen: mit einer Meldeflut.
Telegram: Das Auffangbecken für Rechtsextreme und „Querdenker“
Im Prinzip ist Telegram ja eine gute Alternative zu anderen Messengern, um sich aus der „Meta-Bubble“ mit Facebook, Instagram und WhatsApp zu lösen, doch der lasche, so gut wie nicht vorhandene Umgang mit staats- und menschenfeindlichen Inhalten sorgte in den letzten zwei Jahren zu einem starken Zulauf. Wer sich von Facebook & Co. „zensiert“ fühlt, macht auf Telegram einen Kanal auf, um ungestört bizarre Verschwörungsmythen, Fakes und Hetze zu verbreiten.
Da finden sich dann die „Stars“ der Szene: Bodo Schiffmann, Attila Hildmann, Michael Wendler, Oliver Janich, Eva Rosen… im Prinzip nur wenige Leute, die aber zumeist im Ausland sitzen und von dort aus die negative Stimmung hierzulande anheizen und um Spenden bitten. Noch mehr Zulauf bekommen die zahlreichen anonymen Gruppen auf Telegram, in denen sich von harmlosen Boykottaufrufen („Kauft nicht mehr bei XYZ, die schmeißen Kunden ohne Schutzmaske raus“) bis zu mehr oder weniger direkten, strafbaren Aufrufen zur Gewalt („Wir sollten mal Politiker X ‚besuchen‘, kennt jemand die Wohnadresse?“) so ziemlich alles findet.
(Wobei die Boykottaufrufe immer am unsinnigsten sind: Wenn ihr wegen eurer nicht-vorhandenen Impfung oder ohne Schutzmaske nicht mehr in einen Laden dürft, braucht ihr ihn nicht zu boykottieren. Der Laden boykottiert euch bereits.)
BKA will eine Meldeflut starten
Nicht sonderlich verwunderlich: Auch dem Bundeskriminalamt (BKA) stoßen viele Nachrichten auf Telegram sauer auf, doch ausrichten können sie nicht viel: „hiesigen Erfahrungen“ nach ist Telegram nicht sonderlich an einer Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden interessiert. Deswegen drohte Bundesinnenministerin Nancy Faeser auch schon mit der Abschaltung des Dienstes in Deutschland.
Das BKA will aber nun erst einmal anders vorgehen: Eine Meldeflut, bestehend aus Löschbitten und Datenanfragen, sollen ohne Ausnahme an Telegram übermittelt werden, um den Betreibern das Ausmaß zu verdeutlichen und den Druck für eine Zusammenarbeit zu erhöhen.
Die Ankündigung des BKA fand Anklang, so sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, der „Welt“:
„Sicherheitsbehörden und Politik müssen endlich eine robustere Gangart vorlegen, wenn es um den Umgang mit Unternehmen geht, die mit Persönlichkeitsverletzungen, Hass und Hetze und Demokratiezersetzung ihr Geld verdienen.“
Manuel Höferlin, innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion:
„Wir sehen bei Telegram, dass strafbare Inhalte vor allem in offen zugänglichen Gruppen veröffentlicht werden – hier hat der Dienst den Charakter einer Website. Diesen Bereich müssen Strafverfolgungsbehörden im Blick haben und ihnen konsequent nachgehen.“
Telegram löscht nur wenig
Es ist nicht so, als ob Telegram keine Nutzerinhalte löschen würde: Löschanregungen von Europol werde regelmäßig nachgegangen, islamistische Propaganda, beispielsweise von al-Qaida und dem IS, werde laut dem BKA schnell gelöscht, rechtsextreme Inhalte jedoch so gut wie nie.
Auch ist es schwierig, den Betreibern überhaupt amtliche Aufforderungen zukommen zu lassen: Telegram wird von zwei russischen Brüdern betrieben, die häufig ihren Wohnsitz wechseln, der derzeitige Wohnsitz liegt in Dubai.
Umso erstaunlicher, dass in Bezug dessen so viele Nutzer dem Dienst überhaupt trauen. Die Verschlüsselung der App ist „hausgemacht“ und wird von Experten kritisiert, wie die Daten der Nutzer gespeichert und genutzt werden, ist unbekannt. Im Prinzip könnten die Brüder jederzeit sämtliche Nutzerdaten offenlegen und auf einen Schlag sehr viele Nutzer bloßstellen. So gesehen ist Telegram eine tickende Zeitbombe.
Fazit
Es wird nun interessant werden, wie die Meldeflut-Offensive des BKA bei Telegram angenommen wird. Falsch ist es sicherlich nicht, aber ob die Telegram-Brüder sich dadurch beeindrucken lassen oder nicht, wird sich noch zeigen.
Als letzte Möglichkeit bliebe dann immer noch, Telegram tatsächlich komplett hierzulande zu sperren, was dann aber auch leider auch auf Kosten der Nutzer geschieht, die den Dienst einfach nur ohne böswillige Absichten als Alternative zu anderen Messengern nutzen.
Quelle: Welt
Artikelbild: Shutterstock / Von Konstantin Lenkov
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