Die Behauptung

In England wird vegane oder vegetarische Ernährung von Hunden per Gesetz als Tierquälerei behandelt und dementsprechend mit Geld- oder Gefängnisstrafen geahndet. Auch kann der Hund dem Halter entzogen werden.

Unser Fazit

Diese Aussage ist irreführend. Das Gesetz verlangt eine “geeignete Ernährung”. Vegane oder vegetarische Ernährung bei Hunden wird hier nicht explizit angeführt.

In sozialen Medien verbreitete sich die Nachricht, dass Hundebesitzer in England strenge Strafen fürchten müssen, wenn sie ihre Hunde vegan oder vegetarisch ernähren. Diese Diskussion beruht auf Interpretationen des „Animal Welfare Act 2006“ und Aussagen von Tiermedizinern, die in der Öffentlichkeit geteilt werden.

Mit der steigenden Popularität von vegetarischen und veganen Lebensweisen steht nun eine Frage heiß in der Diskussion: Dürfen oder sollten wir unsere vierbeinigen Begleiter ebenso fleischlos ernähren?

Aufschrei in sozialen Medien

Die Behauptung:
”Immer mehr Haustierbesitzer entscheiden sich aus ethischen und klimaschutztechnischen Gründen für eine vegetarische oder sogar vegane Ernährung ihrer Vierbeiner. In England hat das jedoch strafrechtliche Konsequenzen. Wie die britische Zeitung „The Sun“ berichtet, gilt die fleischlose Fütterung von Hunden und Katzen in England als strafbare Tierquälerei und kann mit Haftstrafen, hohen Geldbußen und Haltungsverboten bestraft werden. Seit 2006 ist dort gesetzlich festgehalten, dass zu einer artgerechten Haltung auch eine „geeignete Ernährung“ gehört. Bei Hunden und Katzen muss die Fütterung daher auch tierisches Protein enthalten, um das Tier artgerecht zu versorgen. Persönliche Ideologien der Frauchen oder Herrchen haben dort in der Tierfütterung keinen Platz.

„The Sun“ zitierte dazu Daniella Dos Santos, Präsidentin der British Veterinary Association (BVA): „Wenn Ihr persönliches Glaubenssystem bedeutet, dass Sie kein tierisches Protein essen möchten, ist das in Ordnung, aber diese Ernährung ist nicht darauf ausgelegt, die Tierschutzstandards Ihres Haustieres zu erfüllen“. Es sei demnach theoretisch möglich, seinen Hund vegetarisch zu ernähren, dies müsse aber zwingend unter tierärztlicher Aufsicht erfolgen. Alles andere könne erhebliche gesundheitliche Schäden hervorrufen.”

Ist das tatsächlich so? Dazu ist es nötig, sich dieses Thema genauer anzusehen.

Rechtliche Rahmenbedingungen für Tierfütterung

In England bildet der „Animal Welfare Act 2006“ (Tierschutzgesetz aus dem Jahr 2006) die gesetzliche Grundlage für den Tierschutz. Nach diesem Gesetz sind Tierhalter unter anderem zur Erfüllung der fünf Grundbedürfnisse der ihnen anvertrauten Tiere verpflichtet.

Hierzu gehört gemäß Abschnitt 9, speziell unter Punkt 2b, das Bedürfnis nach einer geeigneten Ernährung. Diese Vorschrift ist allerdings nicht spezifisch auf vegetarische oder vegane Diäten ausgerichtet, sondern verlangt generell eine ausgewogene Ernährung, die den gesamten Nährstoffbedarf eines Tieres abdeckt.

Auch sind hier nicht explizit nur Besitzer von Hunden angesprochen. Es geht um alle Tiere in der Obhut von Menschen.

Standpunkte von Experten

Die Debatten um eine fleischfreie Ernährung von Hunden in England wurde durch einen Bericht der Zeitung „The Sun“ angeheizt, auf den sich auch der Facebook-Beitrag bezieht. Daniella Dos Santos, damalige Präsidentin der British Veterinary Association (BVA), wird hier jedoch ausführlicher zitiert:

„Theoretisch ist es möglich, einen Hund vegetarisch zu ernähren, aber es ist viel einfacher, etwas falsch zu machen als es richtig zu machen. Sie müssten dies unter der Aufsicht eines tierärztlich ausgebildeten Ernährungsberaters tun.“

Die British Veterinary Association hat auf ihrer Webseite im Oktober 2021ebenfalls Informationen zu dieser umstrittenen Frage und möglichen Strafen veröffentlicht. BVA-Präsidentin Justine Shotton erklärte hier: „Nach dem britischen Tierschutzgesetz haben Tierhalter eine Sorgfaltspflicht gegenüber ihren Tieren, um sicherzustellen, dass deren fünf Bedürfnisse, einschließlich einer angemessenen Ernährung, befriedigt werden. Tierhalter können nach den Bestimmungen dieses Gesetzes strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie einem Tier vorsätzlich Schaden zufügen und es leiden lassen, indem sie es trotz fachkundiger Beratung nicht artgerecht halten.“

Vegan-/vegetarisches Hundefutter

Derartige Gerüchte und Behauptungen rufen eine Vielzahl an Kommentaren und Nutzer-Reaktionen vor. Vergleiche mit dem Wolf als klassischem Fleischfresser werden gezogen, doch Hunde haben sich im Laufe der vielen hundert Jahre an der Seite des Menschen auch in ihrer Ernährung an uns angepasst und weiterentwickelt. Sie sind Omnivoren, “Allesfresser”.

Die BVA betont die Wichtigkeit einer ausgewogenen Ernährung. Jede einseitige Ernährungsform kann nicht nur beim Menschen, sondern auch beim Tier zu Mangelerscheinungen führen. Dies begründet auch die Bedenken gegenüber einer vegetarischen oder veganen Ernährung von Hunden. Ein Mangel an Proteinen, essentiellen Aminosäuren, Vitaminen und Mineralstoffen kann zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen. Tierärzte warnen daher davor, ohne fachliche Betreuung und angepasste Diätpläne persönliche Ernährungsphilosophien auf Haustiere zu übertragen.

Differenzierung zwischen Fakten und Fehlinformationen

Was in den sozialen Medien oft übersehen wird, ist die Komplexität des Themas. Die Darstellung, dass jede vegetarische oder vegane Ernährung von Hunden automatisch schädlich oder gar strafbar ist, ist eine Vereinfachung. Sie entspricht nicht der tatsächlichen Rechtslage in England.

Vielmehr müssen die Gesundheit und das Wohlbefinden des Tieres im Vordergrund stehen, so der Tenor des Gesetzes und der Expertenmeinungen. Verstöße gegen das Wohlergehen der Tiere können zu ernsthaften rechtlichen Konsequenzen führen.

Fazit: Ausgewogene Sichtweise und ausgewogene Ernährung

Die Verbreitung der Botschaft, dass eine vegetarische oder vegane Ernährung per se verboten sei, ist irreführend. Vielmehr wird die Notwendigkeit einer sachkundigen und individuell auf das Tier abgestimmten Fütterung betont. Diese sollte durch fachkundige Beratung unterstützt werden.

Wer erwägt, seinen Hund vegetarisch oder vegan zu ernähren, sollte dies nicht tun, ohne sich von einem Tierarzt oder Tierernährungsspezialisten beraten zu lassen. Entscheidend ist, dass bei jeder Ernährungsumstellung immer die Gesundheit des Tieres in den Mittelpunkt gestellt wird.

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