Eine private Fahndung auf Facebook ist immer mit Gefahren verbunden: Menschen können zu Unrecht verdächtigt werden und somit einer Verfolgung unterliegen.

So geschehen Anfang Mai 2020. Die Polizei Idar-Oberstein wurde am 7. Mai aufgrund einer „privaten Fahndung“ auf Facebook auf einen vermeintlichen Kinderansprecher aufmerksam.

Zwei 4- und 5-jährige Kinder wurden demnach schon am 3. Mai von einem fremden Mann angesprochen. Daraufhin hatte die Kriminalpolizei die Ermittlungen aufgenommen und unter anderem mit einer Personenbeschreibung über öffentliche Medien nach dem Unbekannten gefahndet.

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Am gestrigen Donnerstag meldete sich nun eine aufmerksame Zeugin. Sie hatte in der Nähe der Weiherschleife einen Mann erkannt, auf den die Beschreibung der polizeilichen Fahndung zutraf. Die von ihr alarmierte Polizei traf den Mann vor Ort an und kontrollierte ihn.

Private Fahndung: Falsch verdächtigt!

Dieser erinnerte sich an den Vorfall und konnte den Ermittlern plausibel und glaubhaft erklären, wie sich die Situation abgespielt haben dürfte. Er ist ein regelmäßiger Spaziergänger in Bereich des angenommenen Tatortes. Die verdächtige Gesprächssituation hatte letztlich nachvollziehbar keinen strafrechtlich relevanten Hintergrund.

Nach Abschluss dieser Ermittlungen wurde der Spaziergänger aus den polizeilichen Untersuchungen entlassen.

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Finger weg von privaten Aufrufen!

Aufgrund der Erfahrungen mit diesem und ähnlichen Fällen appellieren wir dringend an potenziell Betroffene, derartige Feststellungen unverzüglich der Polizei mitzuteilen. Eigeninitiative und unabgestimmte „private Fahndungen“ über soziale Medien können zu vermeidbarem Zeitverzug und zur Erschwerung der polizeilichen Ermittlungen führen.

Wir haben in der Vergangenheit immer wieder davon abgeraten, auf Social Media privaten Fahndungen zu veröffentlichen oder zu teilen. Diese können im Extremfall in einer gefährlichen Hexenjagd enden. Das müsst ihr über private Fahndungen wissen:

  • Nur Strafverfolgungsbehörden dürfen nach Personen öffentlich fahnden.
  • Auch Straftäter, ganz zu schweigen von Tatverdächtigen oder Personen, gegen die nicht einmal ermittelt wird(!), haben Persönlichkeitsrechte. Darüber kann sich niemand per eigener Meinung hinwegsetzen.
  • Diese Persönlichkeitsrechte dürfen nur unter ganz bestimmten Umständen aufgeweicht werden. Voraussetzungen, die in den deutlich seltensten Fällen greifen.
  • Auch Kinder und Jugendliche haben Persönlichkeitsrechte, die nicht durch private Fahndungen verletzt werden dürfen (Bilder angeblich gesuchter Kinder, kranke Kinder, etc.).
  • Wer Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt, muss mit teuren Abmahnungen, Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen rechnen und erfüllt u.U. Straftatbestände.
  • Oftmals suchen Eltern privat nach ihren verschwundenen Kindern, auch wenn dies Aufgabe der Polizei ist und die Fahndung sogar behindern kann, wenn die Polizei zuerst im privaten Umfeld nachforscht und dadurch ein möglicher Täter gewarnt wird. Zudem sollten diese Eltern dann auch im Kopf behalten, den Beitrag später wieder zu löschen, zudem besteht die Gefahr, dass der Beitrag einfach kopiert wird, die private Fahndung also noch Jahre später im Netz rumschwirrt!
Artikelbild „Fahndung“: Shutterstock / Von Manolines

 

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