Brennglaseffekt, Scherbenflug und Spontan-Entflammung: Entzauberung der Fabeln über oft genannte Brandursachen!

Der „Brennglaseffekt“ ist ein wiederkehrender Begriff in der Brandursachen-Diskussion.

Autor: Andre Wolf

Die Behauptung

  1. Hohe Außentemperaturen und starke Sonneneinstrahlung führen häufig zu spontanen Bränden.
  2. Glasscherben in freier Wildbahn verursachen häufig Brände durch den Brennglaseffekt.
  3. Selbstentzündungen durch Sonnenstrahlung sind eine häufige Brandursache.
  4. Wassertropfen auf Pflanzen und Haut können durch den Brennglaseffekt Verbrennungen verursachen.

Unser Fazit

  1. Die Wahrscheinlichkeit spontaner Brände durch hohe Außentemperaturen und starke Sonneneinstrahlung allein ist gering. Es braucht hohe Zündtemperaturen, um einen Brand auszulösen, welche die Sonneneinstrahlung ohne weitere Faktoren in der Regel nicht erreicht.
  2. Der Brennglaseffekt durch Glasscherben ist möglich, aber die Wahrscheinlichkeit eines dadurch verursachten Brandes ist sehr gering. Unter optimalen Bedingungen erreichte in einem Versuch des Deutschen Wetterdienstes nur eine von fünf Glasscherben Temperaturen über 200 Grad, konnte aber keinen Brand auslösen.
  3. Selbstentzündungen durch Sonnenstrahlung sind unwahrscheinlich, da die Zündtemperaturen in der Regel nicht erreicht werden.
  4. Die Behauptung, dass Wassertropfen auf der Haut durch den Brennglaseffekt Verbrennungen verursachen können, ist nicht haltbar. Wassertropfen verdunsten in der prallen Sonne schnell, und die Annahme, dass nasse Haut generell zu mehr Sonnenbrand führt, weil der Brennglaseffekt verantwortlich sein soll, ist nicht korrekt.

Es handelt sich hierbei um einen physikalischen Prozess, bei dem Lichtstrahlen durch eine Linse gebündelt und auf einen Fokuspunkt gerichtet werden. Dies kann eine erhebliche Wärmeentwicklung verursachen und theoretisch zu Bränden führen. Die Bedingungen, unter denen der Brennglaseffekt im Alltag tatsächlich ein Feuer auslösen kann, sind jedoch spezifisch und selten.

In der öffentlichen Wahrnehmung und Medienberichterstattung werden häufig Beispiele wie Glasscherben in der Natur angeführt, die das Licht der Sonne fokussieren und Waldbrände auslösen könnten. Experten zitieren in diesem Zusammenhang oft den Brennglaseffekt als möglichen Übeltäter.

Aber wie realistisch ist diese Darstellung des Brennglaseffekts tatsächlich?

Studien und Berichte von Fachleuten legen nahe, dass die Möglichkeit, dass Glasscherben tatsächlich ein Feuer auslösen, extrem gering ist. Eine kritische Analyse offenbart, dass zahlreiche Faktoren zusammenkommen müssten, um ein Entflammen zu ermöglichen. Dazu gehören Aspekte wie der Wölbungsgrad und die Dicke des Glases, der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen, die Dauer der Sonneneinstrahlung und die erreichte Temperatur.

Tatsächlich sind Berichte über spontane Selbstentzündungen durch starke Sonneneinstrahlung oder den Brennglaseffekt oftmals irreführend. Sie berücksichtigen nicht, dass für eine Entzündung sehr hohe Temperaturen benötigt werden. Zum Beispiel liegt die Zündtemperatur für Holz zwischen 280 und 340 Grad Celsius, für Stroh zwischen 250 und 300 Grad Celsius (Angaben stammen aus dem Lexikon von Chemie.de). Solche Temperaturen werden in der Regel nicht durch gebündeltes Sonnenlicht erreicht, weder durch Glasscherben noch durch Sonneneinstrahlung ohne Linseneffekt.

Wassertropfen, Sonnenbrand und Brennglaseffekt

Wassertropfen auf der Haut verursachen keinen (stärkeren) Sonnenbrand, obwohl oft das Gegenteil behauptet wird. Die Theorie, dass Wassertropfen als Brenngläser fungieren und Sonnenstrahlen intensivieren, ist weitgehend ein Mythos. Sie beruht auf einem Missverständnis des Brennglaseffekts, bei dem Sonnenstrahlen durch eine Linse fokussiert werden, um hohe Temperaturen zu erreichen. Wissenschaftliche Untersuchungen und Expertenmeinungen zeigen, dass Wassertropfen auf der Haut diese Bedingungen nicht erfüllen. Zudem erreichen Sonnenstrahlen, selbst wenn sie durch Wassertropfen gebündelt werden, nicht die notwendigen Temperaturen, um die Haut zu verbrennen. Die Hauptursache für Sonnenbrand ist direkte UV-Strahlung, nicht der Brennglaseffekt von Wassertropfen. Daher ist es wichtig, sich angemessen gegen die Sonne zu schützen, um Hautschäden zu vermeiden.

___STEADY_PAYWALL___

Warum es im Sommer brennt …

Stattdessen sind die wahren „Übeltäter“ für Brände meist menschliches Fehlverhalten und Unachtsamkeit. Unachtsam weggeworfene Zigaretten oder unsachgemäß gelöschte Grillkohle stellen eine weitaus größere Brandgefahr dar als der weitgehend missverstandene Brennglaseffekt. Dies liegt daran, dass diese Gegenstände Temperaturen erreichen können, die weit über den Zündtemperaturen von üblichem Brennmaterial liegen.

Warum im Sommer? Ganz einfach: Es ist warm. Es sind Ferien. Es ist lange hell draußen. Menschen sind gerne in der Natur und benehmen sich unachtsam. Glutreste nach der Grillerei, unachtsam entsorgte Zigaretten. Generell menschliches Fehlverhalten. Hierzu auch ein Verweis auf vorangegangene Faktenchecks.

Wichtig: Natürlich bitte keinen Müll, keine Scherben, keine Gläser einfach in der Natur entsorgen, auch wenn diese keine Feuer entfachen!

Lesen Sie auch: Faktencheck: Die Xylocopa Biene – Riesig, harmlos und unverzichtbar für unsere Ökosysteme


Hinweis: Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.

MimikamaPLUS-Inhalte