Werbeverbot: Meilenstein für den Kinderschutz

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, hat am 27. Februar in Berlin ein geplantes Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel für Kinder vorgestellt.

Autor: Susanne Breuer

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Damit setzt er eine Vereinbarung der Regierungsparteien aus dem Koalitionsvertrag um. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett und Salz, die an Kinder gerichtet ist, gesetzlich beschränkt wird.

Werbeverbot setzt Koalitionsvereinbarung um

So soll es in Zukunft Werbeverbote „in allen für Kinder relevante Medien“ geben. Das bedeutet konkret, dass entsprechende Werbung von 6.00 bis 23.00 Uhr unzulässig ist, wenn sie regelmäßig auch von Kindern wahrgenommen werden kann. Als Kinder werden dabei alle unter vierzehn Jahren definiert.

„Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder gesünder aufwachsen können.“

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft

In einer Konkretisierung des Ministeriums heißt es, dass Werbung für Lebensmittel mit zu hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt dann an Kinder gerichtet ist, wenn:

  • die Werbung nach Art, Inhalt oder Gestaltung an Kinder adressiert ist (zum Beispiel durch Kinder als Darsteller, Kinder adressierende Aufmachung oder speziell auf Kinder abzielende Sprache) oder
  • Kinder aufgrund des Werbeumfeldes oder des sonstigen – zum Beispiel räumlichen – Kontextes der werblichen Beeinflussung ausgesetzt werden (zum Beispiel im Umfeld von Kinder- und Familiensendungen, in sozialen Medien oder im Umkreis von Schulen etc.)

Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs

Nach Art, Inhalt oder Gestaltung an Kinder adressierte Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt soll nicht mehr zulässig sein, wenn sie in für Kindern relevanten Medien stattfindet, darunter ausdrücklich auch Influencermarketing, oder als Außenwerbung stattfindet.

Zudem soll Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt nicht mehr zulässig sein, wenn sie Kinder zwar nicht nach Art, Inhalt oder Gestaltung, jedoch aufgrund des Werbeumfeldes oder des sonstigen Kontextes adressiert, d.h.

  • wenn sie zwischen 6 und 23 Uhr betrieben und damit bewusst in Kauf genommen wird, dass sie regelmäßig insbesondere auch von Kindern wahrgenommen wird bzw. wahrgenommen werden kann,
  • wenn sie im Kontext mit auch Kinder ansprechenden Inhalten betrieben wird,
  • wenn sie in Form von Außenwerbung im Umkreis von 100 Metern betrieben wird zu Freizeiteinrichtungen, die ihrer Art nach oder tatsächlich vor allem von Kindern besucht werden, oder Schulen, Kindertageseinrichtungen oder Spielplätzen.

Auch an Kinder gerichtetes Sponsoring für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt soll zukünftig nicht mehr zulässig sein.

WHO definiert, was zu viel Zucker, Salz oder Fett ist

Die Beurteilung eines hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehaltes soll sich an den Anforderungen des Nährwertprofilmodells der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren.

Laut Ministerium wurde dieses Nährwertprofilmodell explizit für die Regulierung der Lebensmittelwerbung gegenüber Kindern geschaffen. Es teilt Lebensmittel in verschiedene Kategorien ein. Dabei sind für jede Kategorie sind eigene Höchstwerte für den Gehalt an Gesamtfett, gesättigten Fettsäuren, Gesamtzucker, zugesetztem Zucker, Süßungsmitteln, Salz und/oder Energie pro 100 g Lebensmittel vorgesehen. An die Einhaltung dieser Höchstwerte können Werberegulierungsmaßnahmen geknüpft werden.

Das Modell der WHO ist europäisch eingeführt, berücksichtigt wissenschaftliche Erkenntnisse und trägt dem Gedanken Rechnung, dass Aspekte des Gesundheits-, Kinder- und Verbraucherschutzes Vorrang haben sollen vor wirtschaftlichen Interessen. Es ist praxiserprobt.

Wichtige Ausnahmen von der anstehenden Regelung sind Milch (hinsichtlich des Fettgehalts) und Säfte (ohne zusätzlichen Zucker oder Süßungsmittel). Diese sollen von der Regelung ausgenommen sein. Weitere Informationen sowie ein FAQ finden sich beim BMEL

Was Hänschen nicht lernt…

Der Gesetzesentwurf des Ernährungsministeriums beruht auf der Erkenntnis, dass durch Werbung bei Kindern vor allem ungesunde Lebensmittel in deren Fokus geraten. Hier werden bereits in jungen Jahren Ernährungsmuster geprägt, die sie zeit ihres Lebens, z. B. in Form von Übergewicht negativ begleiten.

Kinder, die Medien nutzen, sehen täglich im Schnitt 15 Werbespots für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt. Die Mediennutzung ist bei 70 Prozent der 3- bis 17-Jährigen seit Beginn der Corona-Pandemie angestiegen. Durchschnittlich 92 Prozent der Lebensmittelwerbung, die Kinder in Internet und TV wahrnehmen, ist für Produkte wie Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten. Kinder essen etwa doppelt so viele Süßwaren und Snacks, aber nur halb so viel Obst und Gemüse wie empfohlen. Rund 15 Prozent der Drei- bis Siebzehnjährigen in Deutschland sind übergewichtig, darunter knapp sechs Prozent adipös. Aktuelle Daten weisen darauf hin, dass sich die Situation seit der Corona-Pandemie weiter verschlechtert hat. Für viele ist das schon in jungen Jahren eine erhebliche psychische und physische Belastung. 

Gleichzeitig bleibt im Kindesalter ausgebildetes Übergewicht oftmals ein Leben lang bestehen und erhöht in späteren Lebensphasen das Risiko für die Entstehung ernährungsmitbedingter Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ 2. Jeder siebte Todesfall in Deutschland ist laut Daten der OECD auf ungesunde Ernährung zurückzuführen. Die gesamtgesellschaftlichen direkten und indirekten Kosten von Adipositas werden in Deutschland auf 63 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

Kinderschutz für Verbraucherzentrale ein Meilenstein

Der Verbraucherzentrale Bundesververband bezeichnet den Gesetzesentwurf als Meilenstein und hofft, dass Cem Özdemir „standhaft“ bleibt und gegenüber dem zu erwartenden heftigen Widerstand aus Lebensmittel- und Werbeindustrie nicht einknickt und den Entwurf entschärft.

„Werberegulierungen für ungesunde Lebensmittel wären ein echter Durchbruch für mehr Kinderschutz. Es gibt eine gesellschaftliche Verantwortung, dass Kinder gesund aufwachsen. Seit Jahren sprechen sich führende Wissenschaftler:innen, ein breites Bündnis der Zivilgesellschaft und auch die Mehrheit der Verbraucher:innen dafür aus, Kinder endlich vor Werbung für zu Fettiges oder Süßes zu schützen. Die kommt häufig mit niedlichen Comics, Bärchen oder Dinos daher, verführt die Kinder am Ende aber immer wieder dazu, zu viel Zucker, Fett oder Salz zu konsumieren.

Andere Länder zeigen, dass Werberegulierungen wirken. Dabei geht es nicht um pauschale Werbeverbote, sondern um kluge Regulierung. Gesunde Lebensmittel können gerne jederzeit beworben werden. Die Lebensmittel- und Werbeindustrie muss sich fragen lassen, warum sie sich so stark gegen Werbung für gesunde Lebensmittel für Kinder sträubt.

Es ist zu erwarten, dass die Lebensmittel- und Werbeindustrie gegen die Pläne Sturm läuft. Denn mit Werbung für ungesunde Lebensmittel lässt sich offensichtlich viel Geld verdienen. Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir sollte standhaft bleiben und seine ambitionierten Pläne nicht verwässern. Gut ist, dass Minister Özdemir sich an den Nährwertkriterien der Weltgesundheitsorganisation für gesunde Lebensmittel orientiert, Werbung für Ungesundes zwischen 6 und 23 Uhr einschränken will und zudem auch das Influencermarketing sowie Bannmeilen rund um Schulen, Kindergärten oder Spielplätze in den Blick nimmt.

Wichtig wäre, dass die Werberegulierungen nicht nur für Kindersendungen gelten – schließlich schauen Kinder auch zur Prime-Time Fernsehen – beispielsweise Sportübertragungen.“

Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv)

Quelle:

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Verbraucherzentrale Bundesverband

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