Die Behauptung

In sarkastischen Aufrufen werden Hartz IV Empfänger gesucht, um sich bei ihnen im Winter aufzuwärmen, zu duschen und auch das Telefon aufzuladen. Damit wird suggeriert, Hartz IV Empfänger müssten keine Energiekosten bezahlen.

Unser Fazit

Diese Behauptung ist jedoch falsch. Die Übernahme von Nebenkosten von Hartz IV Empfängern ist geregelt, grundsätzlich müssen diese angemessen hoch sein. Stromkosten werden generell nicht vom Jobcenter übernommen.

Die Teuerungen – vor allem bei Energiepreisen – lassen viele den herannahenden Winter fürchten. Einige Nutzer finden es nun wohl besonders „witzig“, Hartz-IV-Empfänger um Unterstützung zu bitten. In diversen Sharepics oder Postings in Sozialen Medien finden sich dazu Aufrufe, in denen Hartz-IV-Empfänger gesucht werden, bei denen man sich aufwärmen, warm duschen oder auch mal sein Handy aufladen kann, wie beispielsweise diesen hier:

Screenshot: Facebook "Bekommen Hartz-IV-Empfänger alle Energiekosten bezahlt?"
Screenshot Facebook

Die Annahme, dass das Jobcenter für sämtliche Energiekosten von Hartz-IV-Empfängern aufkommt, ist allerdings schlichtweg falsch. Hierfür gibt es eine Regelung, was unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Höhe enthalten ist.

Nebenkosten bei Hartz IV

Für Hartz-IV-Empfänger sind „KdU“ – Kosten der Unterkunft und Heizung – enthalten. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass diese „angemessen“ sind. Auf der Webseite HartzIV.org kann man diese Information rasch finden:

„Die Nebenkosten werden im Hartz IV Bezug im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) vom Jobcenter übernommen. Allerdings gibt es Ausnahmen, denn nicht alle Nebenkosten werden vom Jobcenter getragen. Der Strom muss beispielsweise selbst vom Regelsatz beglichen werden. Voraussetzung für die Übernahme der vollen Kosten ist, dass die Nebenkosten angemessen hoch sind – Ansonsten droht ein Kostensenkungsverfahren.“

Heizkosten werden in tatsächlicher Höhe übernommen, wenn diese als „angemessen“ eingestuft werden. Bei dieser Einstufung richten sich Jobcenter-Mitarbeiter nach örtlichen Vorschriften bzw. auch Erfahrungswerten. Sie können allerdings selbst entscheiden, wann Heizkosten zu hoch sind und deshalb auch nicht zur Gänze erstattet werden.

Bei den Kosten der Warmwasseraufbereitung wird unterschieden, ob diese zentral (gemeinschaftliche Heizungsanlage im Gebäude) oder dezentral (Gastherme, Boiler, Durchlauferhitzer etc. direkt in der Unterkunft) passiert. Bei zentraler Warmwasseraufbereitung erfolgt die Übernahme jener Nebenkosten direkt mit der Miete durch das Jobcenter.
Bei dezentraler Aufbereitung haben Hartz-IV-Empfänger Anspruch auf Mehrbedarf, denn hier werden die Kosten direkt mit Gaswerken oder Stromanbietern abgerechnet.

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Selbst bei zentraler Aufbereitung wird maximal bis zur Höhe des Mehrbedarfs übernommen:

Bei nicht angemessen hohen Kosten ist es Pflicht der Hartz IV Berechtigten nachzuweisen, wodurch diese zustande kommen. Hier sind regelmäßige Nachweise über einen erhöhten Bedarf vorzulegen. Ist keine Begründung für eine „individuelle Angemessenheit“ gegeben, kann das Jobcenter zur Kostensenkung auffordern.

Kosten für Strom werden übrigens gar nicht vom Jobcenter übernommen.

Aussetzen der Angemessenheitsprüfung – Update 22.09.2022

Ein Nutzer hat uns darauf hingewiesen, dass es aktuell durch § 67 II SGB „Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie“ keine Angemessenheitsprüfung gibt. – Vielen Dank an dieser Stelle!

Diese Festlegung gilt für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2022 beginnen. Dies bedeutet, dass während dieses Zeitraums von der Angemessenheitsprüfung abgesehen wird. Hier werden also die tatsächlichen KdU unabhängig von ihrer Höhe als angemessen anerkannt.

Ab dem 1. Januar 2023 wird das Bürgergeld als Grundsicherung für Arbeitssuchende in Kraft gesetzt. Auch hier werden Kosten für Heizung und Warmwasser übernommen. Und auch hier gilt – wie auch bei Hartz IV – die Angemessenheit der Wohnkosten. Hier gibt es allerdings eine Neuregelung:

„Innerhalb der ersten zwei Jahre des Leistungsbezugs (Karenzzeit) müssen sich Bürgergeld-Bezieher noch keine Sorgen hinsichtlich der Angemessenheit der Wohnung bzw. Miete machen. Es findet keine Angemessenheitsprüfung durch das Amt statt. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur bisherigen Regelung bei Hartz IV.“

Bürgergeld / Wohnung (KdU)

Fazit

Die Behauptung, dass sämtliche Energiekosten der Hartz IV Empfänger vom Jobcenter übernommen werden, ist also grundsätzlich falsch.
Aktuell wird von einer Angemessenheitsprüfung abgesehen, was aus einer Anpassung während der Corona-Pandemie resultiert.
Sarkastische Gesuche, diese Personen um Unterstützung zu bitten, was Aufwärmen und Aufladen von Handys angeht, sind nichtsdestotrotz eher sinnbefreit und wohl am ehesten als Neidverhalten einzuordnen.

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Quelle: HARTZIV.org, BMAS, SGB II, Bürgergeld

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