Pfizer wurde nicht in Thailand verbannt!

Hartnäckig hält sich die Behauptung, dass Thailand Pfizer verbannt hat und verklagen will, nachdem die thailändische Prinzessin nach einer Impfung ins Koma gefallen sei. Offizielle Stellen widersprechen jedoch der Behauptung, die aus der Impfgegner-Ecke stammt.

Autor: Ralf Nowotny

Die Behauptung

Nachdem die thailändische Prinzessin im Dezember 2022 ins Koma fiel, will Thailand angeblich Pfizer verbannen und verklagen, da das Koma von einer Corona-Impfung herrühren soll.

Unser Fazit

Der Impfstatus der Prinzessin ist nicht bekannt, die Ursache ihres Zusammenbruchs jedoch schon – und dieser kann nicht auf einer Impfung beruhen. Zudem dementierten öffentliche Stellen, dass Impfungen mit Pfizer in Thailand eingestellt und das Unternehmen verklagt wird.

Mittlerweile ist es ein festes Muster bei Impfgegnern: Jeder Tod und jede Erkrankung einer öffentlichen Person ist auf jeden Fall auf die Corona-Impfungen zurückzuführen. Andere Möglichkeiten gibt es nicht mehr. Wer das Gegenteil behauptet, ist gehirngewaschen oder gehört zur Superverschwörung. So auch im Fall der thailändischen Prinzessin Bajrakitiyabha Narendiradebyavati, die seit Dezember im Koma liegt, weswegen Thailand angeblich Pfizer verbannt und verklagt.

Die Behauptung

Bereits kurz nach ihrem Kollaps am 14. Dezember 2022 wurde behauptet, dass die thailändische Prinzessin Bajrakitiyabha Narendiradebyavati (um sich nicht die Zunge zu verstauchen: Sie wird auch Prinzessin Patty, Pa oder Bha genannt) durch die dritte Corona-Impfung, die sie 23 Tage zuvor erhalten haben soll, ins Koma fiel.

International bekannt wurde die Behauptung jedoch erst Anfang Februar, als der britische Verschwörungsmythiker David Icke, dem aufgrund seiner radikalen Ansichten die Einreise in 26 europäische Länder verboten wurde und dessen Accounts auf Facebook und Twitter gesperrt wurden, diese auf seiner Webseite veröffentlichte (archiviert HIER).

Wenige Tage zuvor berichtete eine deutschsprachige Seite (archiviert HIER) ebenfalls über die Behauptung und setzte dieser noch einen dicken Batzen drauf, da sie eine hinlänglich bekannte Quelle nennen, die sogar mit dem thailändischen Königshaus in Kontakt stehen soll: Prof. Sucharit Bhakdi.

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Bhakdi behauptete in einem Interview mit einem indischen Sender, dass er mit einem unbekannten „hoch angesehenen Professor der Universität in Bangkok“ Kontakt mit dem Königshaus aufnahm, ihnen klarmachte, dass „die gesamte Covid 19-Agenda ein Fake“ sei und die Impfungen Betrug seien.

Das Königshaus sei daraufhin „förmlich von ihren Sitzen aufgesprungen“ und habe beschlossen, dass sie Thailand zum weltweit ersten Land machen wollen, in dem die Verträge mit Pfizer für null und nichtig erklärt werden, anschließend wollen sie Milliarden von Pfizer fordern, um alle Menschen zu entschädigen, die durch Impfungen ihre Existenz verloren haben.

Von Impfgegnern werden diese Behauptungen nun als feststehende Tatsache verbreitet:

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Mehrere offizielle Stellen widersprechen der Behauptung

Auf Facebook widerspricht das thailändische Ministerium für Seuchenkontrolle offiziell den Behauptungen Bhakdis, inklusive einem Sharepic:

„Das Ministerium für Seuchenkontrolle hat die Behauptungen überprüft und festgestellt, dass es sich um falsche Informationen handelt. Die Öffentlichkeit wird gebeten, sich nicht täuschen zu lassen und um Zusammenarbeit zu bitten, solche Informationen nicht auf diversen Social Media Kanälen zu posten oder zu teilen.“

Quelle: Facebook

Gegenüber Associated Press bestätigte ein Beamter des thailändischen Nationalen Impfstoffinstituts, das dem Ministerium für öffentliche Gesundheit untersteht, dass es keine Pläne gibt, den Vertrag des Landes mit Pfizer – oder einem anderen COVID-19-Impfstoffhersteller, mit dem bereits eine Vereinbarung besteht – zu überdenken.

Der Beamte, der unter Berufung auf die Informationspolitik seiner Behörde nicht namentlich genannt werden wollte, erklärte, der Impfstoff sei sicher und werde weiterhin für die Allgemeinheit empfohlen. Thailand prüft auch den bivalenten Impfstoff Booster von Pfizer, aber es gibt keine Pläne, die Bestellung des aktuellen Impfstoffs einzustellen, um einen neuen Impfstoff einzuführen, fügte er hinzu.

Es gibt keine Anweisung, die Verwendung zu stoppen oder zu verlangsamen oder zu überdenken. Wir machen weiterhin Fortschritte und verwenden ihn“, so der Beamte.

Bhakdi ruderte ein wenig zurück

Interessanterweise beruhen die Behauptungen auf mindestens zwei editierten Version des Bhakdi-Interviews, wie TechArp in zwei Artikeln ausführlich darlegte. An mehreren Stellen der uneditierten Version ist nämlich zu erkennen, dass Bhakdi zu dem Zeitpunkt nicht etwa mit dem Königshaus Thailands sprach, sondern mit thailändischen Aktivisten.

Beispielsweise fehlt in den editierten Videos komplett eine Stelle, in der er vorschlägt, dass in Thailand eine Bewegung gestartet werden sollte, um eine Klage gegen Pfizer einzureichen – was logisch ist, diese zu entfernen, da es keinen Sinn ergäbe, dem Königshaus dies vorzuschlagen, thailändischen Aktivisten jedoch schon.

Auch leitet Bhakdi im Original seine Erzählung mit „Ich möchte Ihnen die wunderbare Geschichte erzählen, die sich ereignete, als wir beschlossen, für einen dringend benötigten Urlaub nach Thailand zurückzukehren. Das war Anfang Januar dieses Jahres. Es gibt thailändische Aktivisten in Thailand, mit denen wir im vergangenen Jahr in Verbindung standen“ ein, und bezieht sich in Folge immer auf die Aktivisten, nicht auf das Königshaus.

Diese Aktivisten erzählten Bhakdi jedoch, dass sie Verbindungen zum Königshaus hätten, diese Aktivisten sagten ihm dann auch, dass sie die Informationen, die sie von ihm bekamen, an das Königshaus weiterleiten würden. Bhakdi selbst sprach also nie mit ihnen.

Am 6. Februar schrieb Bhakdi in einer Mail an AP selbst, dass einige der im Internet kursierenden Behauptungen „übertrieben“ seien. Er beharrt aber darauf, dass seine Bedenken ernsthaft in Betracht gezogen werden.

„Ich habe mit hochrangigen Beratern der Regierung und der königlichen Familie gesprochen und dabei erklärt, warum Thailand den Kaufvertrag mit Pfizer annullieren könnte und sollte. Nicht mehr und nicht weniger. Und sie schienen überzeugt zu sein. Aufgrund interner Gegenbewegungen ist nichts passiert. Wir erneuern jedoch unsere Bemühungen, und mit etwas Glück wird es in etwa 2 Wochen etwas zu berichten geben.“

Bhakdi in einer Mail an AP

Warum Thailands Prinzessin im Koma liegt

Im Januar veröffentlichten mehrere Medien die Ursache für das Koma der Prinzessin. Demnach teilte das Büro des Königshauses mit, dass die Ärzte des Königshauses zu dem Schluss gekommen seien, dass ihre Bewusstlosigkeit auf schwere Herzrhythmusstörungen zurückzuführen seien, die durch eine Entzündung des Herzens nach einer Mykoplasmeninfektion verursacht wurden.

Die offiziellen Statements des Königshauses sind HIER zu finden. Mykoplasmen sind eine Bakterienart, die je nach der für eine Infektion verantwortlichen Spezies typischerweise die Lunge, die Haut oder die Harnwege befällt. Die meisten Infektionen verlaufen mild, aber einige können schwerwiegend und sogar tödlich sein.

Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 können Mycoplasma pneumoniae-Infektionen neben den pulmonalen Symptomen auch andere Organe wie das Herz betreffen. „Kardiale Symptome sind ungewöhnlich“, heißt es in der Studie, können aber Herzentzündungen und Herzrhythmusstörungen umfassen.

Kann die Infektion von einer Corona-Impfung herrühren?

Nein.
Laut Dr. Amesh Adalja, ein Experte für Infektionskrankheiten und leitender Wissenschaftler am Johns Hopkins Center for Health Security, sei dies nicht möglich:

„Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Covid-Impfstoff und Mykoplasmen-Infektionen. Mykoplasmen sind jedoch eine sehr bekannte Ursache für Herzinfektionen. Sie können Myokarditis und Perikarditis verursachen.“

Dr. Amesh Adalja in einer Mail an Fact Check

Es gibt Hinweise darauf, dass der Impfstoff COVID-19 von Pfizer/BioNTech in seltenen Fällen Myokarditis und Perikarditis verursachen kann. Die meisten dieser seltenen Fälle treten jedoch bei jungen Männern nach einer zweiten Dosis auf. Diese Erkrankungen können auch bei COVID-19 auftreten, und es gibt Hinweise darauf, dass diese Fälle schwerwiegender sind.

Es gibt jedoch einen anderen Verdacht: Die Prinzessin könnte zu dem Zeitpunkt COVID-19 gehabt haben, was die vorhandene Infektion verschlimmerte.

Es gibt Berichte über Patienten, die mit COVID-19 und Mycoplasma pneumoniae gleichzeitig infiziert waren, obwohl dies selten vorkommt und die Auswirkungen auf den Schweregrad der beiden Krankheiten noch nicht bekannt sind.

Der thailändische König und die Königin wurden am 17. Dezember, drei Tage nach dem Zusammenbruch ihrer Tochter, positiv auf COVID-19 getestet, aber es gibt keine öffentlichen Informationen über den COVID-19-Status der Prinzessin.

Wurde die Prinzessin 23 Tage vor dem Zusammenbruch geimpft?

Ebenfalls eine Behauptung, die vollkommen aus der Luft gegriffen ist, da es keinerlei Meldungen oder Artikel darüber gibt, wann und ob überhaupt die thailändische Prinzessin geimpft wurde.

Doch mal angenommen, dass sie geimpft wurde, dann höchstwahrscheinlich nicht mit dem Pfizer-Impfstoff: Das thailändische Königshaus, genau genommen König Vajiralongkorn, besitzt Siam Bioscience Co. Ltd., welche am 4. Juni 2021 öffentlich machten, dass sie die Lizenz bekamen, den AstraZeneca-Impfstoff herzustellen.

Es wurden von Thailand auch Impfdosen von Pfizer, CoronaVac und Janssen bestellt, jedoch im weitaus geringerem Maße als von AstraZeneca.

Auch in Thailand begangen die Impfungen Anfang 2021. Dann wäre es doch mehr als verwunderlich, wenn ausgerechnet die Prinzessin als Mitglied des Königshauses, deren Vater ein Unternehmen besitzt, welches AstraZeneca herstellt, erst Ende November 2022 eine dritte Impfung von Pfizer bekommen hätte.

Und selbst wenn die 23 Tage zwischen der angeblichen Pfizer-Impfung und dem Zusammenbruch wirklich stimmen würde, wäre dies ebenfalls ungewöhnlich, da bekannte schwere Nebenwirkungen wie Myokarditis und VITT sich innerhalb von wenigen Tagen entwickeln, nicht erst nach drei Wochen – und die Ursache des Zusammenbruchs, Herzrhythmusstörungen aufgrund einer Mykoplasmeninfektion, bekannt ist.

Fassen wir zusammen

Bewertung: FALSCH

Die Behauptung ist vollkommen aus der Luft gegriffen: Der Impfstatus der Prinzessin ist nicht bekannt, die Ursache ihres Zusammenbruchs jedoch schon – und dieser kann nicht auf der Impfung beruhen. Zudem dementierten öffentliche Stellen, dass Impfungen mit Pfizer in Thailand eingestellt und das Unternehmen verklagt wird.

Die Behauptung beruht auf zwei editierte Versionen eines Interviews mit Sucharit Bhakdi, der allerdings, wie in der uneditierten Version erkennbar, nur mit thailändischen Aktivisten, nicht mit dem Königshaus selbst, sprach. Laut eigenen Angaben habe er dies jedoch mittlerweile, jedoch weiß er selbst nicht, ob das Königshaus seinen Ratschlägen nachgehe.


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