Post-COVID – Entstehungsmechanismen noch immer ungeklärt

In vielen Studien wird derzeit versucht, die Entstehungsmechanismen der Post-COVID-Erkrankung zu klären und Ansatzpunkte für eine ursächliche Therapie zu finden.

Autor: Susanne Breuer

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Auch eine Studie aus Essen versuchte, objektive pathologische Befunde zu erfassen, was aber nicht gelang. Viele Betroffene wiesen eine Somatisierungsstörung (HIER) auf, offensichtlich ein Risikofaktor für Post-COVID. Diese sei aber nicht gleichzusetzen mit einer „Psychologisierung“ der Erkrankung. Verschiedene Studien zeigten laborchemische und radiologische Auffälligkeiten bei Post-COVID. Die Datenlage ist allerdings sehr heterogen, der Pathomechanismus bislang nicht geklärt.

Post-COVID schwierig zu erforschen

Die gesundheitsökonomisch-politischen wie gesellschaftlichen Folgen der Pandemie werden zunehmend sichtbar – sowohl im Alltag der damit konfrontierten Ärztinnen und Ärzte als auch im Alltagsleben mit unseren Mitmenschen. Es fällt jedoch immer wieder auf, dass Studien weltweit zu unterschiedlichen Angaben bezüglich der Prävalenz von Post-COVID-Erkrankungen kommen.

Jüngst hat eine in „Nature Medicine“ veröffentlichte Studie [2] nationale Gesundheitsdaten des USDVA (US Department of Veterans Affairs) von über 150.000 COVID-19-Erkrankten mit mehr als 5,5 Millionen zeitgleichen und ebenso vielen historischen Kontrollen verglichen. Im Ergebnis hatten ein Jahr nach der akuten SARS-CoV-2-Infektion 70 von 1.000 Betroffenen mindestens eine neurologische Post-COVID-Manifestation. Diese Angabe ist im Vergleich zu anderen Studien, die von Zahlen bis zu 40 % sprechen, als eher „konservativ“ zu bezeichnen; dennoch stellen auch 7 % von vielen Millionen Menschen, die bislang an COVID-19 erkrankt waren, eine enorme Herausforderung für das Gesundheitssystem dar.

Objektive Diagnose schwierig

Ein großes Problem ist dabei die Diagnosestellung, denn es gibt bislang keine sicheren bzw. validen Biomarker, mit denen Post-COVID objektiv nachgewiesen werden kann. Die Diagnose wird derzeit durch die Krankheitssymptome definiert und mit Fragebögen erfasst wie z. B. dem „Montreal Cognitive Assessment“ (MoCA), der „Epworth Sleepiness Scale“ (ESS), dem „Beck Depression Inventory Version I“ (BDI) oder der „Fatigue Severity Scale“ (FSS). In Studien werden oft unterschiedliche Fragebögen eingesetzt, was die Vergleichbarkeit erhobener Befunde und Daten erschwert.

Neue Studie der Universität Duisburg-Essen

Im Rahmen einer prospektiven Studie [1] der Universität Duisburg-Essen wurde eine Real-World-Kohorte von 171 entsprechend den Delphi-Konsensus-Kriterien der WHO definierten Post-COVID-Betroffenen (bis August 2021, also vor dem Auftreten der Omikron-Variante) untersucht. Die Betroffenen erhielten umfassende neurovaskuläre, elektrophysiologische Tests und Laboruntersuchungen. Neuropsychologische und psychosomatische Tests sowie teilweise auch ein zerebrales MRT oder Lumbalpunktionen (Liquordiagnostik) ergänzten die Diagnostik. Fast 67 % der Betroffenen waren Frauen mittleren Alters mit vormals milder bis moderater COVID-19-Erkrankung (nur 5 % mit stationärer Behandlung).

Die häufigsten Beschwerden waren Konzentrationsprobleme (58,2 %), Fatigue (58,2 %) und Gedächtnisstörungen (32,7 %). Insgesamt gab es Beeinträchtigungen in allen erfassten Kognitionsdomänen. Bei der Einordnung der stark variierenden Symptomatik konnten drei Cluster abgegrenzt werden: eine Gruppe mit vornehmlich Kopfschmerzen und Fatigue (Kopfschmerz-Cluster, n = 46), eine mit vornehmlich psychiatrischen Beschwerden plus Fatigue (Psycho-Fatigue, n = 34) und eine mit vorrangig Fatigue und Konzentrationsstörungen (Fatigue-Konzentration, n = 60).

Keine objektiven Biomarker gefunden

Im Ergebnis fanden sich mehrheitlich weder spezifische Veränderungen von Blutwerten (Blutbild, Hämoglobin, Entzündungswerte und andere Parameter) noch der Lungenfunktion (Oxygenierung, Vitalkapazität etc.) oder strukturelle Veränderungen im MRT des Gehirns oder objektivierbare Schädigungen des peripheren oder zentralen Nervensystems. Bei 85,8 % der Erkrankten konnten in der umfangreichen neurologischen Diagnostik keine konkreten Befunde ermittelt werden. In seltenen Fällen wurden andere spezielle neurologische Erkrankungen diagnostiziert (z. B. Gefäßerkrankungen, Entzündungen, Multiple Sklerose), besonders bei vorhandenen sensorischen oder motorischen Beschwerden. Auffällige Befunde ergaben sich vermehrt im Bereich der Psychosomatik. Die Betroffenen hatten im PHQ15-Fragebogen („Patient Health Questionnaire 15“) hohe Somatisierungsscores, die mit den kognitiven Defiziten und dem Ausmaß der Müdigkeit korrelierten. Vorbestehende Somatisierungsstörungen sowie frühere psychische Erkrankungen schienen ein Risikofaktor für Post-COVID-19 zu sein.

Existenz von Post-COVID wird nicht angezweifelt

„Diese Studie wurde teilweise in den Medien und sozialen Medien so interpretiert, als zweifelte man die Existenz des Post-COVID-Syndroms an“, „Die DGN liest die Daten jedoch nicht so – die Ergebnisse bedeuten weder, dass die Post-COVID-Betroffenen psychisch noch, dass sie eingebildet krank sind. Vorbestehende Somatisierungsstörungen sind aber offensichtlich ein Risikofaktor für Post-COVID.“

Prof. Dr. med. Lars Timmermann, stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Andere Studien zeigen Auffälligkeiten

Auch wenn die Essener Studie kein klinisches Korrelat der Erkrankung finden konnte, gibt es zahlreiche Erhebungen, die verschiedene Auffälligkeiten nachgewiesen haben: Eine Studie konnte in Plasmaproben einer kleineren Kohorte von COVID-19- und Long-COVID-Erkrankten bei Long COVID bis zu zwölf Monate nach der akuten Erkrankung SARS-CoV-2-Spike-Protein (seltener auch andere Antigene) nachweisen, was die Publizierenden als Hinweis auf eine Viruspersistenz werteten. Eine andere Veröffentlichung berichtete von deutlich reduzierten Cortisol-Spiegeln und einer T-Zell-Erschöpfung bei Long-COVID-Betroffenen.

Aktuell fanden britische und deutsche Forschende in einer Fall-Kontroll-Studie bei insgesamt 156 im Gesundheitswesen Tätigen während der ersten COVID-19-Welle im Blut eine spezielle „Proteom-Signatur“ zum Zeitpunkt der SARS-CoV-2-Serokonversion, die vorhersagen könnte, welche Betroffenen wahrscheinlich Langzeitfolgen entwickeln werden. Und Daten der in der Präpandemie-Ära begonnenen UK-Biobank mit cMRT-Befunden vor und nach COVID-19 bei denselben Personen zeigten im Längsschnitt nach zwischenzeitlicher SARS-CoV-2-Infektion einen Rückgang der grauen Substanz im orbitofrontalen Kortex und parahippocampalen Gyrus.

Erst wenn Ursachen erforscht sind, können Therapien folgen

„Post-COVID ist keine Fiktion, Fakt ist aber: Wir wissen noch immer wenig über die Entstehung und Ursachen von Post-COVID. Mit den klassischen Untersuchungen wie in der Studie aus Essen ist die Erkrankung offensichtlich nicht zu objektivieren. Uns fehlen verlässliche Biomarker und ohne Wissen um die Ursache und Entstehungsmechanismen kann nicht an kausalen Therapien gearbeitet werden.“

Prof. Dr. med. Lars Timmermann, stellvertretender Präsident der DGN.

Ganz machtlos gegen Post-COVID sei man dennoch nicht: „Derzeit bleibt die Prävention ein wichtiges Mittel, also die Impfung – denn selbst nach Impfdurchbrüchen ist die Wahrscheinlichkeit, Post-COVID zu bekommen, bei Geimpften geringer als bei Ungeimpften.“ Der Experte verwies auf eine Studie, bei der das Long-COVID-Risiko (Prävalenz) mit der Zahl der Impfungen deutlich abnahm, von 41,8 % bei Ungeimpften auf bis 16 % bei Dreifach-Geimpften. „Auch aus diesem Grund möchten wir uns der Empfehlung des Robert Koch-Instituts für regelmäßige Auffrischungsimpfungen anschließen.“

Quelle:

Deutsches Gesundheitsportal inkl. weiterführender Verweise

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