Die Behauptung

Es wird behauptet, dass der Bau von Windrädern in Norwegen zu Fehlbildungen und Missgeburten bei Rentierkälbern geführt habe.

Unser Fazit

Diese Behauptung ist irreführend und entspricht nicht der Wahrheit. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege, die einen solchen Zusammenhang zwischen Windrädern und Fehlbildungen bei Rentieren stützen.

Hintergrund der Behauptung

Ein Leserbrief in einer bayerischen Zeitung und daraus resultierende soziale Medien-Posts behaupteten, dass Windräder in Norwegen zu Missgeburten bei Rentierkälbern geführt hätten. Auch wurde erwähnt, dass in Norwegen 151 Windräder abgebaut werden müssten.

Leserbrief zu Behauptung über Rentiere / Screenshot Facebook
Leserbrief / Screenshot Facebook

„[…] In Mittel-Norwegen, im Gebiet der Samen, werden zwei Windparks mit zusammen 151 Windrädern abgebaut und die Zufahrtswege und so weiter werden renaturiert. Kostet sehr viel Geld. Man hat festgestellt, dass durch die ständigen Vibrationen der Erde die Kälber der Rentiere als Missgeburt beziehungsweise verunstaltet geboren werden. Jetzt wird auch überprüft, wie sich diese Tatsache auf die Fische bei den Meereswindparks auswirken kann. Das oberste Gericht Norwegens hat für diese insgesamt 151 Windräder die Betriebserlaubnis entzogen. […]“

Der Leserbrief ist auf Seite 47 der Landshuter Zeitung vom 9. Oktober 2023 erschienen.

Screenshot Landshuter Zeitung vom 9. Oktober 2023 / Leserbriefe
Screenshot Landshuter Zeitung vom 9. Oktober 2023 / Leserbriefe

Untersuchung der Behauptung

Mehrere Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Rentierforschung und Wildbiologie wurden befragt, darunter Jonathan Colman, Eva Schöll und Patrick Scherhaufer. Sie alle bestätigten, dass ihnen kein Effekt von Windkraftanlagen auf die Entwicklung von Ren-Föten oder Ähnlichem bekannt sei.

Norwegisches Gerichtsurteil

Das Urteil des obersten Gerichts in Norwegen, das den Abbau von 151 Windrädern anordnete, bezog sich auf die Verletzung der Rechte indigener Einwohner und nicht auf gesundheitliche Schäden bei Rentieren. Laut dem Urteil meiden Rentiere Gebiete mit Windparks, aber es wurde nicht von Missgeburten gesprochen.

Das Urteil betraf die Windparks in Storheia und Roan auf der Halbinsel Fosen. Der Fall vor dem Obersten Gerichtshof betraf die Frage, ob die Windkraftanlagen die kulturellen Praktiken der Rentierzüchter gemäß Artikel 27 der UN-Konvention über bürgerliche und politische Rechte beeinträchtigen. Dieser Artikel stellt klar, dass Mitglieder von ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten das Recht haben, ihre Kultur gemeinsam zu leben und zu erhalten. Das Gericht entschied einstimmig, dass diese Rechte verletzt wurden.

Effekte von Windrädern auf Rentiere

Studien zeigen, dass die Rentiere Gebiete mit Windrädern meiden, vor allem während der Aufzuchtzeit der Jungtiere. Die Auswirkungen von Windkraftanlagen beschränken sich auf die Veränderung ihrer Bewegungsmuster und Flächennutzung, ohne dabei direkte gesundheitliche Schäden wie Fehlgeburten zu verursachen. Für Behauptungen, wie im Leserbrief angeführt, wurden laut Experten auch keine Belege veröffentlicht.

Fazit

Die Behauptung, dass Windräder zu Fehlbildungen bei Rentierkälbern führen, ist falsch. Experten und wissenschaftliche Studien bestätigen, dass es keine Belege für solche Schäden gibt. Jene Wildtiere meiden zwar Gebiete mit Windrädern, aber die behaupteten gesundheitlichen Auswirkungen existieren nicht. Die Entscheidung des norwegischen Gerichts bezog sich auf die Rechte indigener Völker und nicht auf gesundheitliche Aspekte.

Dieser Artikel wurde durch die vereinte Kraft unserer Community-Power im Mimikama-Forum realisiert! Ein herzliches Dankeschön an alle beteiligten Mimikamas. Wie wir zu diesen Erkenntnissen gelangt sind, können Sie HIER nachvollziehen.

Quelle: AFP, FAZ

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