Seltene Schlangenkatze aus dem Amazonas! Echt jetzt?

Manchmal ist ein Bild zu schön, zu perfekt, um wahr zu sein. Das gilt ganz besonders in Zeiten hochwertiger KI-generierter Bilder.

Autor: Walter Feichtinger

Die Behauptung

Foto einer Katze mit gelb-schwarzer, schlangenähnlicher Fellzeichnung: „Serpens cattus (Schlangenkatze) ist die seltenste Katzenart der Erde. Diese Tiere leben in unzugänglichen Gebieten der Regenwälder des Amazonasgebiets und sind daher relativ schlecht erforscht.“

Unser Fazit

Es gibt keine Schlangenkatze im Amazonas. Das ursprüngliche Posting war als Scherz gedacht, der Begleittext ist erfunden. Es stammt aus einer FB-Gruppe für KI-generierte Bilder und wurde mit der „dream by Wombo“ App erstellt.

Aktuell begeistert ein Bild das Netz. Es soll eine seltene Schlangenkatze aus dem Amazonas zeigen. Das Bild ist am 8. März auf Facebook aufgetaucht und verbreitete sich von dort wie ein Lauffeuer:

Serpens cattus (змеиная кошка) — самый редкий вид кошачьих в на Земле. Эти животные обитают в труднодоступных регионах…

Gepostet von Alex Vasilev am Mittwoch, 8. März 2023

Serpens cattus (Schlangenkatze) ist die seltenste Katzenart der Erde. Diese Tiere leben in unzugänglichen Gebieten der Regenwälder des Amazonasgebiets und sind daher relativ schlecht erforscht. Die ersten Bilder, die die Schlangenkatze dokumentieren, erschienen erst in den 2020er Jahren. Das Säugetier wiegt bis zu 4 Kilogramm und erreicht eine Länge von 50 Zentimetern. Es ist praktisch unmöglich, das Tier zu domestizieren, obwohl einige Stämme im Amazonasgebiet Schlangenkatzen einsetzen, um ihre Häuser vor Nagetieren zu schützen.
(THC Unbekannter Planet)

Übersetzung des russischen Begleittextes

Um es kurz zu machen, gleich die traurige Nachricht: Es gibt keine Schlangenkatze. Das Bild wurde von einer K.I. generiert. Der begleitende Text ist zwar inspiriert von Beschreibungen echter Tierarten, ansonsten aber frei erfunden.

___STEADY_PAYWALL___

Ein virales Bild und seine Faktenprüfer

Manchmal ist ein Bild zu schön, zu perfekt, um wahr zu sein. Das gilt ganz besonders in Zeiten hochwertiger KI-generierter Bilder. Manche Leute – so wie wir bei Mimikama – freuen sich zwar über solche „Fotos“, möchten dann aber doch wissen, ob sie echt sind. Seit dem Erscheinen des Fotos der Schlangenkatze wurde das Bild unzählige Male geteilt, aber auch dutzende Male einer Faktenprüfung unterzogen.

Die Kollegen bei Snopes haben mit Wissenschaftlern gesprochen und wissenschaftliche Datenbanken durchforstet. Sie suchten nach dem Gattungsnamen „serpens cattus“ und wurden weder im Integrated Taxonomic Information System, noch an anderen vergleichbaren Datenbanken fündig. Lukas J. Musher von der Drexler University in Philadelphia schrieb ihnen: „Die Katze ist in der Tat nicht echt. […] Es gibt viele schöne südamerikanische Katzen, aber keine, die so aussieht“. Beide lateinischen Begriffe „serpens“ (Schlange) und „cattus“ (Katze) existieren und werden auch in der Taxonomie verwendet (Hauskatze: felis catus), gemeinsam allerdings nicht.

Auch 10NEWS aus San Diego gingen in ihrem Format „Fact or Fiction“ der Frage nach, ob das virale Bild denn echt sein könnte. Sie stützten sich dabei auf die Erkenntnisse von Snopes:


Schlangenkatze: Das Geständnis von Alex Vasilev

Vom viralen Erfolg des Bildes überrascht, nahm der Originalposter Alex Vasilev eine Woche nach der Veröffentlichung des Katzen-Bildes auf Facebook das Video „Über die Geburt einer Schlangenkatze“ auf und stellte es auf Youtube. Wer nicht des Russischen mächtig ist, nochmals auf targum.video mit halbwegs verständlichen Untertiteln.


Alex Vasilev erzählt darin, wie es zu dem Posting gekommen ist: Am 8. März hatte er Fotos auf seinem Handy durchgesehen und war auf das Bild gestoßen. Er hält fest: „Ich kenne den Urheber dieses Bildes nicht. Ich habe dieses Bild in meinem Handy gefunden und weiß mit Sicherheit, dass ich es von Facebook heruntergeladen habe“. Um sein Re-Posting etwas aufzuhübschen, schrieb er einen passenden Begleittext.

Google Translate übersetzte für ihn den Begriff „Schlangenkatze“ ins Lateinische: serpens catus. Zunächst wollte er selbst einen fingierten, wissenschaftlichen Begleittext verfassen, merkte aber schnell, dass so etwas gar nicht so leicht ist, wenn man kein „Naturforscher“ ist. Letztendlich klaute er von einer Fachseite für Zuchtkatzen ein Beschreibungsformular und füllte es dann mit eigenen, ausgedachten Daten. Da kam ihm auch die Idee mit dem Amazonasbecken. Später bastelte er dazu den oben zitierten Beschreibungstext.

Am Schluss des Videos richtete sich Alex Vasilev an den eigentlichen Urheber des Bildes: Der Künstler, der das Katzen-Bild geschaffen hat, soll sich bitte bei ihm melden: „Ob es dir gefällt oder nicht, wir beide sind eine Familie, denn wir haben so einen coolen Kerl geboren. Die einen sind Elternteil Nummer eins und die anderen Elternteil Nummer zwei, also schreib“.

Träumen Androiden von Schlangenkatzen?

Vasilev sagt also, das Bild sei nicht von ihm. Wer hat es denn dann geschaffen? Eine Bildrückwärtssuche oder das Googeln nach „Schlangenkatze“ fördert unzählige neue Fundstellen des gelb-schwarzen Katzenkopfs zutage. Aber keine ist älter als das Facebook-Posting von Alex Vasilev. Was aber spannend ist, es findet sich in einschlägigen Gruppen, in denen KI-generierte Bilder geteilt werden. So z.B. in der Facebookgruppe Midjourney cat. In vielen Kommentaren von Re-Posts der Schlangenkatze war auch entsprechendes spekuliert worden: Das Bild stammt wohl von einem Bildgenerierungs-Algorithmus.

Wir bei Mimikama hatten eine ähnliche Vermutung und haben deshalb mal die leistungsstarke KI Midjourney ein paar schnelle Bilder mit Begriffen wie „amazonian snakecat, yellow and black fur“ generieren lassen:

Stammen das Bild der serpens catus also von Midjourney? Eine Suche in den Threads des Discord Servers von Midjourney brachte leider keine Ergebnisse und damit keine Gewissheit. Wir gehen allerdings trotzdem davon aus, dass die „Schlangenkatze“ von dieser oder einer ähnlich leistungsstarken KI generiert oder nachbearbeitet wurde.

Update (22.3.23, 22:15)

Die Schlangenkatze ist eigentlich eine Feuersalamanderkatze. Wir haben das Originalbild ausfindig machen können. Es stammt von Nikolaus Uhl und der Wombo Dream App. Die gelb-schwarze Katze wurde in der Facebookgruppe AI Art Universe geteilt. Generiert wurde das Bild von dream by WOMBO.

MIMIKAMA

Fazit: Es gibt keine Schlangenkatze (serpens catus) aus dem Amazonas. Das ursprüngliche Posting von Alex Vasilev war als Scherz gedacht, der Begleittext ist erfunden. Vasilev ist laut seinen Aussagen nicht selbst Urheber des Bildes, sondern hat es nur weiterverbreitet. Das Original stammt aus einer Facebookgruppe, in der KI-generierte Bilder gepostet werden.


Quellen: Snopes, bufale.net, 10news, New York Post, ITIS, Midjourney, dream by WOMBO, Discord, Facebook, YouTube, targum

Mehr Faktenchecks zum Thema:
SCAM auf Twitter mit KI-Bild zu Erdbebenkatastrophe
Katzen von Pompeji: Sind die Mosaike echt?
Künstliche Intelligenz gewinnt Kunstwettbewerb

Hinweis: Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.

MimikamaPLUS-Inhalte