„Spike-Blut“ – Die unsinnige Forderung von Impfgegnern nach eigenen Blutbanken

Ein Baby brauchte eine lebensrettende Operation, doch die Eltern, beide Impfgegner, wollten der OP nur zustimmen, wenn zur Transfusion das Blut von Ungeimpften verwendet wird, sie hatten Angst vor „Spike-Blut“. Wir gehen der Frage nach, ob diese Angst begründet ist.

Autor: Ralf Nowotny

Die Behauptung

Ungeimpfte Personen haben Angst, dass Geimpfte „Spike-Blut“ haben, deren Blut also mit Spikes aufgrund der Impfungen „verseucht“ sei.

Unser Fazit

Die Befürchtung, dass sich im Blut von Geimpften Spike-Proteine befinden, ist medizinisch grundlos – ganz abgesehen davon, dass die Spike-Proteine an den vollständigen Viren weitaus gefährlicher sind! Nur in den ersten Stunden nach einer Impfung ist ein kleiner Teil des Impfstoffs in der Blutbahn nachweisbar, der jedoch spätestens in der Leber von Enzymen zerkleinert wird.

Es ist die Panikmache, die von radikalen Impfgegnern immer wieder auf Social Media verbreitet wird und teilweise obskure Auswüchse annimmt: Beispielsweise sei das Blut geimpfter Personen „irgendwie anders“ und würde nach Essig riechen, ein geschultes Auge könnte jedoch das Blut Geimpfter erkennen. Denn in deren Blut soll sich das Spike-Protein befinden, welches durch eine Corona-Impfung im Körper hergestellt wird.
Dieser Glaube hätte einem Baby in Neuseeland fast das Leben gekostet.

Das Baby in Neuseeland

In einem aktuellen Fall brauchte ein sechs Monate altes Baby in Neuseeland, in den Medien nur „Baby W“ genannt, aufgrund einer schweren Pulmonalklappenstenose eine Operation, doch die Eltern waren „sehr besorgt über das Blut, das die Ärzte verwenden werden“. „Wir wollen kein Blut, das durch Impfungen verunreinigt ist„, sagte der Vater. „Das ist das Ende der Vereinbarung – wir sind mit allem einverstanden, was die Ärzte sonst noch tun wollen.

Der Oberste Gerichtshof in Neuseeland entschied daraufhin, dass der Junge unter die Vormundschaft seines Kinderherzchirurgen und Kardiologen gestellt wird, damit die Operation durchgeführt werden kann. Die Vormundschaft wird bis zu seiner Genesung nach der Operation andauern – voraussichtlich bis spätestens Januar 2023. In allen anderen Angelegenheiten behalten die Eltern die Vormundschaft.

Wie zu erwarten war, versammelten sich daraufhin einige Dutzend Impfgegner vor dem Krankenhaus, um gegen die Behandlung mit vermeintlichen „Spike-Blut“ zu protestieren und die Eltern zu unterstützen. Diese legten jedoch keinen Einspruch gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ein und teilten über ihren Anwalt mit, dass sie „die Zeit bis zur Operation in Ruhe mit ihrem Baby verbringen und es während des Eingriffs unterstützen“ wollen.

Eine Blutbank für Ungeimpfte?

Noch gefährlicher als Nichtwissen ist Halbwissen, denn dieses basiert in Sachen Impfungen in diesem Fall zwar auf einer wahren Grundlage (durch die Corona-Impfungen werden Spike-Proteine im Körper produziert), wird dann aber durch falsche Schlussfolgerungen ergänzt, die manchen Menschen logisch erscheinen (das Blut sei dann voller Spike-Proteine).

Aufgrund des Falls mit „Baby W“ wirft dies nun Fragen bei Impfgegnern auf:

MIMIKAMA
Quelle: Telegram

„Diese Problematik steht uns auch bevor, wenn nicht auf eine Blutbank von Ungeimpften zurückgegriffen werden kann. Im Zweifel, in einer aktuellen Gefährdungssituation, wird dann wohl nichts anderes übrig belieben, als Spike-Blut zu akzeptieren. Erwachsene können aber ihre Vorgaben in einer Patientenverfügung niederlegen.“

Dass es allerdings je eine „Blutbank für Ungeimpfte“ geben wird, ist stark anzuzweifeln, auch wenn die „Anwälte für Aufklärung“ dies auf Telegram erhoffen, denn das Blut von Geimpften und Ungeimpften unterscheidet sich nicht!

Infektion vs. Impfung: Der Unterschied

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Bei einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus geraten die Viren zuerst durch eine Tröpfcheninfektion in die Nase und/oder die Lunge. Dort werden die ersten Zellen infiziert. Der virale Infektionsprozess führt am Ende zur Zerstörung der Wirtszelle und zum Abladen einer Ladung neuer Viruspartikel – und diese gelangen in die zelluläre Nachbarschaft und in den Blutkreislauf.

Bei einer Impfung hingegen wird der Wirkstoff nicht etwa in den Blutkreislauf gegeben, sondern intramuskulär injiziert. Deswegen wird die Nadel auch nicht irgendwo am Körper angesetzt, sondern am Deltamuskel, weil er ein gutes Ziel für dickeres Muskelgewebe ohne leicht zu treffende Venen oder Arterien an der Injektionsstelle darstellt. Die Muskelzellen in der Umgebung der Injektion werden also vom Impfstoff getroffen, während sich ein großer Teil der verbleibenden Dosis in der interzellulären Flüssigkeit befindet und somit über das Lymphsystem und nicht über den Blutkreislauf abgeleitet wird.

Nochmal in Kürze: Bei einer Infektion können Viren in den Blutkreislauf gelangen, bei einer Impfung gerät die Dosis nur in die interzelluläre Flüssigkeit und das Lymphsystem.

Das produzierte Spike-Protein schafft es gar nicht bis in die Blutbahn

Wenn die „Bauanleitung“ für ein Spike-Protein durch die Impfung in einer Zelle gelandet ist, beginnt diese, das Spike-Protein zu produzieren. Und zwar nur das Spike-Protein, nicht etwa das komplette Virus, wie es bei einer Infektion der Fall wäre. Dieses Spike-Protein wandert dann auch nicht durch die Gegend, sondern verbleibt an der Zelloberfläche.

Durch eine sogenannte transmembrane Ankerregion haftet es nämlich an einer Zelle – und zwar so, wie es auch an dem kompletten Virus haftet. Es kann sich also nicht frei durch den Blutkreislauf bewegen. Es bleibt auf der Oberfläche der Muskel- und Lymphzellen in der Schulter haften.

Nun gerät ein sehr kleiner Teil des Impfstoffes aber trotzdem in die Blutbahn, denn der Schulterbereich ist ja nicht vollkommen blutleer. Doch auch das führt nicht dazu, dass massenhaft Spike-Proteine durch das Blut wandern, denn wie schon oben beschrieben: Die Bauanleitungen wandern in die nächstbeste Zelle, die Spike-Proteine bleiben an den Zellen haften.

In einem EMA-Briefing-Dokument (siehe HIER, PDF-Datei) könnt ihr auf den Seiten 46 und 47 nachlesen, wie untersucht wurde, wohin sich der Impfstoff im Körper verteilt. Hier die Kurzfassung: Durch zwei Methoden (mit Hilfe einer mRNA für Luziferase und mit Hilfe einer radioaktiven Markierung) wurde festgestellt, dass der größte Teil des Impfstoffs an der Injektionsstelle verbleibt.

In den ersten Stunden nach der Impfung wandert allerdings ein kleiner Teil des Impfstoffs im Blutplasma herum. Aber wer bitteschön geht nach den ersten Stunden nach einer Impfung zum Blut spenden? Dieser Rest landet fast komplett in der Leber und wird dort endgültig von verschiedenen zerstörerischen Enzymen zerkleinert – was ja auch die Aufgabe der Leber ist, durch die das Blut zirkuliert. In keinem anderen Gewebe war viel mehr als 1 % der Gesamtmenge.

Fassen wir zusammen

Die Befürchtung, dass sich im Blut von Geimpften Spike-Proteine befinden, ist medizinisch grundlos – ganz abgesehen davon, dass die Spike-Proteine an den vollständigen Viren weitaus gefährlicher sind! Nur in den ersten Stunden nach einer Impfung ist ein kleiner Teil des Impfstoffs in der Blutbahn nachweisbar, der jedoch spätestens in der Leber von Enzymen zerkleinert wird.

Artikelbild: Pixabay

Quellen:

Science, Health Feedback, Science-Based Medicine
Auch interessant: Unter dem Titel „Died suddenly“ wurde ein weiteres Verschwörungsvideo über Covid-19-Impfstoffe veröffentlicht, das die Desinformation mit denselben alten Schwindeleien wiederbelebt.
„Died suddenly“ – Plötzlich verstorben. Ein internationaler Faktencheck.

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