Tesla & der Wächtermodus: Wenn du unfreiwillig gefilmt wirst!

Legal? Nicht legal? Es gibt noch kein Urteil über den Wächtermodus, der in verschiedenen Modellen von Tesla aktiviert werden kann. Interpretiert dieser Modus eine Bedrohungslage, beginnen die Kameras des Fahrzeugs mit einer Aufzeichnung. Überdies wird die Alarmanlage aktiviert.

Autor: Andre Wolf

Es ist ein lauwarmer Sommerabend, an dem ich in einem ruhigen Gastgarten am Straßenrand sitze und den Tag ausklingen lasse. Der Gastgarten ist gut besetzt, gegenüber auf der anderen Seite der ruhigen Nebenstraße spielen Kinder auf einem Spielplatz. Die Temperatur ist angenehm, die Stadt kühlt sich aus. Überall gehen Menschen auf dem Gehweg. Sie lachen, haben Spaß und genießen die Stunden des Tages in der Abenddämmerung. Bisher alles im Grunde sehr idyllisch, vor allem friedlich. Keine ungewöhnlichen Vorkommnisse. Bis auf eine Kleinigkeit. Es ist vielleicht so eine berufsbedingte Sache, doch ich nehme „überviele“ Details aus meiner Umwelt wahr. Das ist nicht immer angenehm für mich, doch ich muss damit leben. So wie auch in diesem Moment, als mir ein Tesla auffällt.

Der Wagen ist leer, dennoch ist das Fahrzeug aktiv. Diese Aktivität ist sehr deutlich anhand der Scheinwerfer zu erkennen, die regelmäßig leicht aufblenden. Natürlich frage ich mich, warum der PKW hin und wieder aufleuchtet und versuche, irgendwelche Zusammenhänge oder Regelmäßigkeiten zu erkennen. Und tatsächlich, das Aufblenden des Wagens scheint eine Ursache zu haben!

Die E-Wagen blendet auf, sobald eine Person nahe an dem Fahrzeug vorbeigeht. Das ist nicht ungewöhnlich, denn hier kreuzen ständig Menschen die Straße und müssen sich zwischen den am Rande parkenden Blechklötzen auf vier Rädern auf den Gehsteig schlängeln. Dabei kommt jeder der Menschen logischerweise recht nah an einem der parkenden Fahrzeuge vorbei.

So konsequenterweise auch an dem Tesla. Ich mache mir so meine Gedanken, warum der Tesla aufgrund einer Annäherung einer Person aufblendet und bekomme mithilfe des Internets recht zügig die Lösung angezeigt. Eine Lösung, die mich ins Grübeln bringt: Das Aufblenden des Teslas signalisiert den sog. Wächtermodus (Sentry Mode) des Wagens. Tesla informiert ganz offiziell über diesen Modus:

Der Wächter-Modus ist eine Funktion, mit der Sie verdächtige Aktivitäten rund um Ihren Tesla erfassen können, wenn er an bestimmten Orten geparkt und abgeschlossen ist. Wenn verdächtige Bewegungen erkannt werden, reagiert Ihr Fahrzeug entsprechend der Schwere der Bedrohung.

Quelle: Tesla

Tesla reagiert auf „Bedrohungen“

Ich mache den Selbsttest und nähere mich dem parkenden Tesla. Zudem gehe ich einfach nur eine Runde um das Auto, komplett ohne es zu berühren. Das Ergebnis liegt auf der Hand: Die Lichter des E-Autos reagieren und auf dem schwarzen Display im Fahrzeug erscheint eine Art rotes Auge und der Hinweis: Wächter Modus!

Der Tesla reagiert. Nun ja, reagiert der Tesla auf mich, weil er weiß, dass ich diesen Artikel verfassen werde und somit eine Bedrohung sein könnte? Physisch zumindest habe ich nie eine Bedrohung dargestellt. Ich bin lediglich um das Fahrzeug herumgegangen, ohne (bewusst ohne!) es zu berühren. Ich hatte keinen Pflasterstein, keine Eisenstange oder einen tragbaren EMP-Emitter dabei, mit deren Hilfe ich dem Wagen hätte einen Schaden zufügen können.

Dennoch wurden im Laufe dieses Abends die vielen Menschen als Bedrohung eingestuft. Im Grunde vollkommen ok, ist das Fahrzeug halt ein wenig paranoid, aber damit soll jeder von uns leben können. Oder doch nicht? Es gibt da leider ein kleines Detail im Wächter Modus eines Teslas, das vielen Menschen bereits unangenehm aufgefallen ist.

Dieser Modus blendet nicht nur einfach kurz mit den Scheinwerfern auf. Der Modus kann zusätzlich die Kameras des Autos aktivieren, um die Umwelt aufzeichnen können. Zumindest können sie lokal Videodateien speichern, sofern ein USB-Laufwerk ordnungsgemäß angeschlossen und entsprechend konfiguriert ist. Wer Interesse daran hat, wie das genau abläuft, kann sich gerne das folgende Video anschauen:

Legal?

Ich persönlich bin zumindest zunächst irritiert gewesen. Ein Fahrzeug zeichnet (potenziell) die Umgebung auf, in der ich das „Hauptwerk“ darstelle, weil ich um das Auto herumgehe. Zudem sehe ich keinen Grund, warum diese Aufnahme von der Panoramafreiheit gedeckt sein soll. Und wie sich in meinen anschließenden Recherchen herausgestellt hat, sind da tatsächlich einige Fragen offen.

Zunächst müssen wir uns mal im Klaren sein, dass Tesla in den Fahrzeugen und drumherum keine 640*480-VGA-Grobpixelaufnahmen macht. Die Fahrzeuge sind mit verschiedenen Kameras ausgestattet, die teils bis zu 250 m weit entfernte Objekte (sogar während der Fahrt) analysieren können. Es handelt sich zudem um eine Kombination aus Weit-, Hauptwinkel- und Telekameras. Diese sind nach sowohl nach vorne gerichtet, als auch an den Flanken vorn und hinten zu finden, sowie am Heck des Fahrzeugs.

Tesla selbst spricht dabei von „Acht Kameras und eine leistungsstarke Bildverarbeitung ermöglichen eine 360°-Überwachung der Fahrzeugumgebung mit bis zu 250 m Reichweite.“ (vergleiche). Diese Kameras kommen nicht nur für die Analyse und Fahrtunterstützung zum Einsatz, sondern auch im Wächtermodus. An dieser Stelle entsteht die Frage, wie Sicherheitsbedenken und Datenschutz in Relation stehen. In der Tat wurde dieses Datenschutzproblem in der Vergangenheit schon mehrfach thematisiert, doch es gibt bis dato keine genaue Rechtsprechung.

Bereits im Juni 2019 stellte die Website von futurezone die Aussage auf, dass der Tesla-Überwachungsmodus in Österreich nicht legal sei. Nach Aussage des Artikels entstünden Probleme mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und somit mit der österreichischen Rechtslage. futurezone schreibt:

„Eine derartige Videoüberwachung im öffentlichen Raum zu privaten Zwecken ist nicht konform mit der DSGVO“, erklärt Lukas Feiler, Datenschutz-Experte bei der Kanzlei Baker McKenzie gegenüber der futurezone.

Quelle: Futurezone

Der Wächtermodus von Tesla an sich wird jedoch nicht grundsätzlich als illegal angesehen, sondern es sind die Videoaufnahmen, die dabei gespeichert werden. Ohne Video ist der Modus angeblich problemfrei. Das sieht auch ein Artikel aus dem Standard vom Oktober 2020 sehr ähnlich. Dieser Artikel lautet „Datenschutzverstöße: Elektroautos von Tesla dürften nicht in Europa fahren“ und greift dasselbe Problem auf.

Und Tesla wiederum dürfte das Problem kennen und schiebt die Verantwortung auf die Seite der Fahrzeughalter. Denn in der Beschreibung des Wächtermodus finden wir den Hinweis, dass bei der Verwendung von Kameras die alleinige Verantwortung bei den Fahrzeugnutzerinnen und Nutzern liege, alle örtlichen Vorschriften und Eigentumsbeschränkungen einzuhalten. Ob diese Ausschlussformel reicht, ist ebenfalls nicht hinreichend geklärt.

Tesla und die Berliner Polizei

Das Thema Tesla, Datenschutz und Überwachung hat im Juni 2022 neue Brisanz bekommen, als auf verschiedenen Websites die (falsche) Info aufgetaucht ist, dass die Berliner Polizei Tesla-Fahrzeugen die Zufahrt auf das Gelände der Polizei verweigern würde. Anlass seien die umfassenden Überwachungsmöglichkeiten.

Hierzu haben wir mit der Polizei Berlin Kontakt aufgenommen und können aufklären, dass es kein solches Verbot gibt. Ursprünglich handelte es sich um eine erste versandte interne Mitarbeiterinformation zu dieser Problemstellung, die auch in der Presse landete. Diese Mitarbeiterinformation erfolgte im Vorgriff auf eine abschließende behördenweite, auf die jeweilige Liegenschaft individuell abgestimmte Regelungslage, die auch die fortwährende Entwicklung der IT in Kraftfahrzeugen berücksichtigt. Da sich diese noch in Prüfung befindet, entfaltet das Mitarbeiterschreiben zunächst keine Wirkung und dient lediglich der Sensibilisierung. Ein generelles Einfahrverbot für bestimmte Fahrzeuge besteht zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Grundsätzlich und bereits zuvor galt für sämtliche Sicherheitsbereiche der Polizei Berlin ein Verbot für Ton-, Foto- und Filmaufnahmen, wenn kein dienstliches Erfordernis gegeben ist und sie dazu geeignet sind, sicherheitsrelevante Interessen zu verletzen. Bis das Ergebnis dieser vorliegt, gilt wie zuvor auch, dass jede und jeder erst einmal selbst verantwortlich ist, dafür Sorge zu tragen, dass keine entsprechenden Aufnahmen gefertigt werden, ob nun mit dem Smartphone, der Kamera oder durch die das Umfeld überwachenden Automotive-IT etc.

Wir sehen also auch hier, dass nicht grundsätzlich geklärt ist, wie stark der Eingriff in Privatsphären oder generell in den Datenschutz seitens des Wächtermodus der Teslafahrzeuge ist. Solange keine deutlichen Urteile zur Nutzung existieren, wäre durchaus der Gedanke ratsam, die Aufnahmen nicht zu speichern.

Ich zumindest für meinen Teil nehme es mit einem Schmunzeln hin, wenn ein Tesla aufleuchtet, sobald ich mich dem Fahrzeug nähere. Schmunzeln und eine Extrarunde um das Fahrzeug, bei der ich Grimassen schneide. #Foreveryoung

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