Zur Zeit kursiert ein Schreiben der Stadt Pforzheim durch die sozialen Netzwerke.

Es wird für einen Führerscheinantrag eine so genannte “Kopftuchbescheinigung” verlangt. Gibt es das wirklich oder wurde hier getrickst?

Wir erhielten sehr viele Anfragen zu einem abfotografierten Schreiben, das über Facebook geteilt wird. Zu sehen ist ein Schriftstück, ausgestellt vom Bürgercentrum der Stadt Pforzheim. Es geht um einen Führerscheinantrag, bei dem gefordert wird, bei einer Vorsprache im Bürgercentrum, die Bescheinigung der Moschee über das Tragen eines Kopftuches (Kopftuchbescheinigung), mitzubringen.

Viele Nutzer denken, dass es sich bei diesem Brief um einen Fake handeln könnte. So sieht das Foto aus:

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[vc_message message_box_color=“green“ icon_fontawesome=“fa fa-check“]Es handelt sich aber um KEINEN FAKE![/mk_info]

Das Schriftstück löste jedoch auch in weiteren sozialen Medien, wie zum Beispiel Twitter, einen wahren Streit aus, dem die Stadt Pforzheim mit einer ausführlichen Erklärung begegnete:

Das vollständige Statement im Wortlaut:

„Die Vorwürfe der Diskriminierung und der Islamophobie weisen wir als Stadt Pforzheim entschieden zurück. Wir sind angesichts unseres seit Jahrzehnten angewandten Verfahrens auf Grundlage bundesweit geltender Regelungen und Gesetze verwundert über das Ausmaß der entstandenen Diskussion. Beim Führerscheinantrag ist u. a. ein Passbild abzugeben, das nach den Vorgaben der Fahrerlaubnisverordnung (§ 21 Abs. 3) den Bestimmung des Passrechtes entsprechen muss. § 5 der Passverordnung regelt, dass ein aktuelles Passbild einer bestimmten Größe vorzulegen ist, das die Person in einer Frontalaufnahme ohne Kopfbedeckung und ohne Bedeckung der Augen zeigen muss.

Hintergrund dieser Regelung ist, dass eine einwandfreie Feststellung der Identität möglich sein soll. Bei Angehörigen von Religionsgemeinschaften und geistlichen Orden, die nach ihren Regeln gehalten sind, in der Öffentlichkeit nicht ohne Kopfbedeckung zu erscheinen, dürfen auch Passbilder verwendet werden, die die Person mit Kopfbedeckung zeigen. Um die Zugehörigkeit zu einer solchen Religionsgemeinschaft oder eines solchen Ordens zu dokumentieren,benötigen wir eine kurze Bescheinigung der Religionsgemeinschaft/des Ordens, aus der dies hervorgeht. Weshalb das Tragen einer Kopfbedeckung bei einzelnen Religionsgemeinschaften geboten ist, muss dabei nicht dargelegt werden.

Diese Vorgaben betreffen also nicht speziell Angehörige des islamischen Glaubens, sondern allgemein Angehörige von Religionsgemeinschaften, deren Regeln das Tragen von Kopfbedeckungen in der Öffentlichkeit gebieten, z. B. auch Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes, der Arbeiterwohlfahrt und des Diakonischen Werkes. Auch handelt es sich hierbei nicht um eine Pforzheimer Regelung oder Handhabung. Vielmehr ist dies in bundesweit geltenden Gesetzen sowie dazugehörigen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften festgelegt.“

Laut Pforzheimer Zeitung wurde das Schreiben ursprünglich von Fatih Zingal (stellvertretender Vorsitzender der AKP-nahen Union Europäisch-Türkischer Demokraten) am Mittwochabend auf Facebook veröffentlicht. Die Antragsstellerin wollte sich gegenüber der Presse nicht äußern. Die von der Stadt geforderte “Kopftuchbescheinigung” habe sie jedoch letztlich von einer Pforzheimer Moschee erhalten.

Nicht zuletzt löste das Foto eine heiße Debatte aus. Viele Nutzer zogen Parallelen zur Judenverfolgung im Dritten Reich.

Ergebnis:

Das Schreiben ist echt!

Gemäß den Anforderungen des neuen Führerscheins,muss für das Foto ein biometrisches Ausweisbild verwendet werden. In der Regel wird dieses ohne Kopfbedeckung erstellt. Für Menschen, die einer Glaubensgemeinschaft angehören, bei der das Tragen einer Kopfbedeckung geboten wird (also nicht nur im Islam), wird eine Bescheinigung benötigt, um Missbrauch (zum Beispiel “Verschleierung” der Identität) vorzubeugen.

Die Stadt Pforzheim weist alle Vorwürfe einer Diskriminierung zurück.


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