Welch Ironie: Der „Washington Post“-Kolumnist David Von Drehle verkündet „Twitter ist das Crystal Meth der Nachrichtenredaktionen“ auch auf Twitter.

Twitter verleitet Journalisten dazu, besonders provokativen Sensationsmeldungen hinterher zulaufen, die sich oft im Nachhinein als unwahr oder völlig überzogen herausstellen. Mit dieser kritischen Einschätzung sorgt David Von Drehle, Kolumnist der „Washington Post“, für Diskussionen in den US-Nachrichtenredaktionen. Viele seiner Kollegen würden den Mikroblogging-Service mittlerweile bewusst meiden, um nicht auf „Fake News“ hereinzufallen. Andere bekommen von ihren Chefs eine Twitter-Auszeit vorgeschrieben, um sich wieder mehr auf traditionelle Recherchemethoden zu konzentrieren.

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„Crystal Meth der Redaktionen“

„Twitter ist das Crystal Meth der Nachrichtenredaktionen“, so Von Drehle in der jüngsten Ausgabe seiner Kolumne. Während es für Journalisten noch vor einigen Jahren ganz normal gewesen sei, sich zum Aufspüren interessanter Storys ans Telefon zu setzen und Infos zu einzuholen, würde man sich hierfür heute vielerorts einfach auf das ständige Mitlesen der aktuellsten Twitter-Meldungen verlassen. Doch diese seien meist nichts anderes als „flüchtige Sensationen, kurzzeitige Aufreger, falsche Eindrücke und provokative Verzerrungen“, betont Von Drehle.

„Vielleicht ist das konstante Twitter-Monitoring gerade in einer Zeit, in der sogar der US-Präsident diese Seite als primären Kommunikationskanal versteht, besonders verführerisch. Journalisten verbringen heute aber eindeutig zu viel Zeit in der virtuellen Welt und vernachlässigen dafür die reale“, meint auch Farhad Manjoo, Kolumnist der „New York Times“. Das Mikroblogging-Portal sei „das gefährlichste soziale Netzwerk der Welt“. „Ob Falschmeldungen oder übertrieben dargestellte Meinungen – für Journalisten kann auf Twitter vieles schiefgehen“, so Manjoo.

Twitter-Auszeit für Mitarbeiter

Natürlich weisen einige Experten darauf hin, dass man es sich gerade in der heutigen Zeit als Journalist kaum leisten könne, Twitter als Nachrichtenquelle zu ignorieren. „Journalisten sollten nach jeder verfügbaren Möglichkeit Ausschau halten, um einen besseren Einblick in die Öffentlichkeit zu bekommen. Wenn man sich von Twitter lossagt, heißt das auch, sich von einer potenziell wertvollen News-Ressource abzuschneiden“, erklärt etwa Jeff Jarvis, Mitbegründer des Magazins „Entertainment Weekly“.

Nichtsdestotrotz ist man in manchen US-Medien bereits dazu übergegangen, den Mikroblogging-Dienst zumindest kurzzeitig aus der eigenen Redaktion zu verbannen. Ein Beispiel hierfür ist etwa das Newsportal „Insider“. Die dortige Chefredakteurin Julie Zeveloff West hat ihren Mitarbeitern nun während der Arbeit eine Woche lang den Zugriff auf Twitter verboten. „Ich möchte sie dadurch ermutigen, ihre Geschichten auf andere Weise zu finden“, rechtfertigt sie die Aktion.

Dazu: Kolumne in der Washington Post

via Pressetext.com

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