Immer mehr Menschen glauben, mehr oder weniger heimlich überwacht zu werden, sei es durch eine App oder Chips in Impfungen.

Menschen mögen es nicht, überwacht zu werden, und sie beschweren sich dann über einen gefährlichen Chip im Personalausweis und Satellitenüberwachung – während sie ihrem Ärger auf einem Smartphone mit Standortübermittlung auf Facebook Luft machen.

Vor über einem Jahr kursierte bereits dieses Video eines Mannes, der zeigt, wie man jenen Chip aus dem Personalausweis entfernt, der angeblich der Überwachung dient. In den letzten Tagen wird das Video wieder stark geteilt:

https://www.facebook.com/100003063460818/videos/1883402078438556/

In dem Video erzählt ein Mann, er habe gehört, dass sich in dem Personalausweis ein Chip befinden solle. Er bearbeitet dann mit einem Messer jenes „Dokument, welches ohnehin nichts über meine Staatsangehörigkeit aussagt“ und „man auch in die Tonne kloppen kann“.

Unseren findigen Lesern wird vielleicht schon aufgehen, dass wir es mit jemandem zu tun haben, der anscheinend das Gedankentum der „Reichsbürger“ in sich birgt, welche u.a. behaupten, dass es die auf dem Ausweis angegebene Staatsbürgerschaft „Deutsch“ gar nicht gäbe.

Mit dem Chip, der sich im Personalausweis befindet solle man laut seiner Aussage geortet werden, auch Daten übertrage der Chip. In der Mikrowelle könne man den Chip zudem auch vernichten (wovon wir allerdings vehement abraten).

[mk_ad]

Was hat er da wirklich entfernt?

Was der Mann da seinem Personalausweis entfernt hat, ist der sogenannte RFID Chip. RFID bezeichnet eine Technologie zur Lokalisierung und automatischen Identifizierung durch Radiowellen.

Was nun aber so gruselig klingt und den Herrn im Video bestätigen mag, ist aber technisch gar nicht so einfach möglich. RFID Chips wie der im Ausweis arbeiten nämlich mit NFC (Near Field Communication). Wie der Name schon sagt, muss ein Lesegerät sehr nahe am Ausweis sein, um Daten auslesen zu können, im Falle des Personalausweises einige Zentimeter.

Theoretisch könnte man Lesegeräte produzieren, die diese Reichweite erhöhen, tatsächlich versuchen sich Bastler gerne mal daran. Grund: Man könnte z.B. wichtige Gegenstände wie den Haustürschlüssel mit einem RFID Chip versehen, der dann mit einem Handy mit NFC-Lesegerät und einer App schnell gefunden werden kann. Die Praxis zeigt aber, dass allenfalls eine Erhöhung bis auf wenige Dezimeter möglich ist, eine Erhöhung, wie sie in in einem anderen Video beschrieben wird („über einen Kilometer“) ist technisch nicht machbar, zumindest heutzutage noch nicht.

Wozu ist der Chip denn gut?

Auf dem Chip befindet sich das biometrische Passfoto, Name, Geburtsdatum, Wohnort und Postleitzahl. Sinn dahinter ist, den Ausweis dadurch fälschungssicher zu machen, da es zwar relativ einfach mit Spezialpapier und einem Laminiergerät möglich ist, den Ausweis zumindest oberflächlich echt aussehen zu lassen (solange man ihn nur für wenige Sekunden im Dunkeln sieht), der Chip jedoch ist die größte Hürde bei Fälschern.

Auf freiwilliger Basis ist es zudem möglich, den Fingerabdruck und eine digitale Unterschrift auf dem Chip unterzubringen.

Darf man den Chip im Ausweis einfach so entfernen?

Nein, dabei handelt es sich um eine strafbare Handlung!

Grund: Im § 4 Passausweisgesetz steht im Absatz 2: „Ausweise sind Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.
Und im § 303 (1) Strafgesetzbuch steht: „Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ich hab trotzdem Angst, dass der mir heimlich ausgelesen wird! Was nun?

Wenn man sich aber nun trotzdem vor heimlichen Auslesen schützen will, dem sei Google ans Herz gelegt. Findige Geschäftemacher, die die Angst der Kundschaft kennen, haben die Marktlücke entdeckt und bieten auf diversen Online-Verkaufsflächen sogenannte RFID Blocker an. Das sind Hüllen für den Personalausweis, die innen mit Aluminium beschichtet sind und das Auslesen des RFID Chips unmöglich machen.

Wer also immer noch glaubt, dass jener RFID Chip der „totalen Überwachung“ dient, kann sich auch viel einfacher davor schützen. Und dazu auch noch ganz legal.

[mk_ad]

Nur eine Persiflage?

Der Original Uploader, also jener, der das Video gemacht hat, meldete sich kurz nach Erscheinen des ersten Artikels im Februar 2019 bei uns und erklärte, warum das Video entstanden sei: Es sollte nach eigener Aussage eigentlich nur eine Persiflage auf die Leute seien, die so etwas glauben. Er habe dies auch im gelöschten Originalbeitrag angegeben.

Fazit

Der Chip im Personalausweis kann technisch nicht einmal für eine Überwachung genutzt werden. Dies wäre auch heutzutage, wo jeder sein Handy mit Standortbestimmung mit sich trägt und Facebook nutzt, gar nicht mehr nötig – die Meisten geben ihre Daten freiwillig preis, ganz ohne raffinierte Überwachungstechnik.

Unterstütze jetzt Mimikama – Für Wahrheit und Demokratie! Gründlicher Recherchen und das Bekämpfen von Falschinformationen sind heute wichtiger für unsere Demokratie als jemals zuvor. Unsere Inhalte sind frei zugänglich, weil jeder das Recht auf verlässliche Informationen hat. Unterstützen Sie Mimikama

Mehr von Mimikama

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)