Die Behauptung

Als Sharepic kursiert die Behauptung, dass Flüchtende aus der Ukraine in Deutschland 10 Jahre früher in Rente gehen dürften.

Unser Fazit

Nichts an der Behauptung stimmt: Auch UkrainerInnen müssten hier erst einmal mindestens 5 Jahre arbeiten, auch dann gilt nur das deutsche Renteneintrittsalter, und dies auch unabhängig vom Geschlecht.

Sozialneid ist eine sehr weit verbreitete Eigenschaft. Diese mag in so manchen Fällen vielleicht auch gut begründet sein, schlimmer ist es jedoch , wenn Sozialneid, verbunden mit Hass auf Flüchtende, geschürt wird, ohne dass es dafür eine Grundlage gibt.
Ein aktuelles Beispiel ist die Behauptung, dass Flüchtende aus der Ukraine in Deutschland 10 Jahre früher in Rente gehen dürften – doch bereits die pure Behauptung enthält einen eklatanten Fehler.

Die Behauptung

Als leicht unterschiedliche Sharepics (mal ein direkter Screenshot, mal vom Smartphone abfotografiert) kursiert die Behauptung:

Die Behauptung über das Renteneintrittsalter von geflüchteten UkrainerInnen
Die Behauptung über das Renteneintrittsalter von geflüchteten UkrainerInnen

Die Behauptung im Wortlaut:

„Renteneintrittsalter der deutschen Einzahler liegt bei 67 Jahren.
Laut Entscheidung der Ampelkoalition dürfen Ukraine Flüchtlinge (Frauen ab 57, Männer ab 60) ohne jemals eingezahlt zu haben, diese Töpfe 10 Jahre vor den Einzahlern entleeren!
Diese Anweisung wurde heute an die zuständigen Mitarbeiter der Jobcenter per E-Mail mitgeteilt.“

Die bislang entdeckte früheste Quelle der Behauptung ist ein Telegram-Kanal (archiviert HIER), in dem sich sehr viele Verschwörungsmythen, immer markiert mit den gängigen QAnon-Abkürzungen und Tags, fast gegenseitig auf die Füße treten.

In der Behauptung ist so ziemlich alles falsch

Fangen wir am besten damit an, was an der Behauptung überhaupt richtig ist, denn das geht schneller: Der erste Satz. Tatsächlich liegt das Renteneintrittsalter der Deutschen bei 67 Jahren, wobei dies aber vom Geburtsjahrgang abhängt (siehe HIER): Für Versicherte ab Jahrgang 1964 gilt die Regelaltersgrenze von 67 Jahren, frühere Jahrgänge können schon früher in Rente gehen, jemand des Jahrgangs 1956 beispielsweise bereits mit 65 Jahren und 10 Monaten.

Das Renteneintrittsalter in der Ukraine

Dies unterscheidet sich tatsächlich vom Renteneintrittsalter in Deutschland. Auch wird in der Ukraine zwischen Männern und Frauen diesbezüglich unterschieden (siehe HIER). Doch bedeutet dies nicht, dass das ukrainische System für in Deutschland lebende Ukrainer gilt!

Rente in Deutschland

Um überhaupt einen Rentenanspruch in Deutschland zu haben, muss man mindestens 5 Jahre in Deutschland arbeiten (siehe HIER). Ebenso ist das Renteneintrittsalter in Deutschland einheitlich, es wird nicht zwischen den Geschlechtern unterschieden.

Aber vielleicht wird ja die Arbeitszeit in der Ukraine mit angerechnet?

Nein.
Dies wäre nur möglich, wenn eine Person vorher in einem EU-Land wohnte oder mit dem Land ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen wurde. Doch die Ukraine ist weder in der EU (siehe HIER), noch wurde mit der Ukraine ein Sozialversicherungsabkommen endgültig abgeschlossen (siehe HIER).

Und was ist mit der Mail an alle Jobcenter-Mitarbeiter?

Das wüssten wir auch gerne. Eine Mail wurde nie vorgezeigt. Das mag aber auch daran liegen, dass das Jobcenter damit überhaupt nichts zu tun hat. Für Rentenanträge ist nämlich die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zuständig (siehe HIER) – wenn es also jemals eine solche Anweisung geben würde, bekämen Mitarbeiter der DRV diese.

Doch anscheinend wurde diese ominöse Mail noch von keinem der fast 25.000 Mitarbeiter der DRV geleakt. Einzig ein QAnon-naher Telegram-Kanal behauptet es, natürlich ohne jeglichen Beweis.

Fazit

Die Behauptung, dass geflüchtete UkrainerInnen in Deutschland früher Rente bekommen würden, füttert einfach nur das ausländerfeindliche Narrativ, dass Flüchtlinge den Deutschen den Rententopf leeren würden, deshalb die Rentenbeiträge steigen würden. An der Behauptung ist allerdings nichts wahr!

Weitere Quelle: Correctiv

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