Eine Radfahrerin kollidierte am Vormittag des 31.10.2022 in Berlin mit einem Betonmischfahrzeug und wurde dabei schwer verletzt. Die Feuerwehr war schnell vor Ort, konnte aber die verletzte Frau nicht sofort befreien. Deshalb forderte sie ein Spezialgerät an. Das Problem: Zwischen der Feuerwache mit dem Spezialfahrzeug und dem Unfallort staute sich der Verkehr auf der Autobahn. Ursache dafür: Die Sperrung von zwei Fahrspuren aufgrund einer Aktion von Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation. Die Frau konnte auch ohne Gerät befreit werden, verstarb aber später im Krankenhaus.

Feuerwehr und Polizei teilen Fehlinformationen

Am Nachmittag gab die Feuerwehr den Klimaaktivisten die Schuld an den Verzögerungen, räumte aber später ein, dass die relevante Zeit der Verzögerung weniger als 10 Minuten betragen habe. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland rechnete nach und kam auf unter drei Minuten. Die Notärztin hatte sich während dessen schon entschieden, dass sie auf ein Anheben des Betonmischers verzichten möchte, zitiert die Süddeutsche Zeitung einen internen Vermerk der Feuerwehr.

Auch die Berliner Polizei ist sehr schnell in ihrem Urteil und greift die Aktivisten verbal an. Es sei an der Zeit, sich vom „Märchen des harmlosen Protests“ zu verabschieden, so der Sprecher der Polizeigewerkschaft, Benjamin Jendro. „Wer Verkehrswege blockiert, riskiert und behindert die Handlungs­fähigkeit der inneren Sicherheit und nimmt auch bewusst in Kauf, dass Menschen in Not länger auf Hilfe von Polizei und Feuerwehr warten müssen.“ Die Polizei ermittelt nun gegen zwei Klima-Demonstranten wegen unterlassener Hilfeleistung bzw. der Behinderung hilfeleistender Personen.

Dabei vergisst sie zu erwähnen, dass sich die Aktivisten von Letzte Generation oberhalb der Stadtautobahn an einer Schilderbrücke festgeklebt hatten. Die Polizei sorgte für die Blockade von zwei Fahrspuren darunter. „Wir hatten die Polizei vor Betreten der Schilderbrücke informiert und um eine Umleitung von Einsatzfahrzeugen und das komplette Sperren der A 100 für den Autoverkehr gebeten“, so die Letzte Generation.

Politik und Medien greifen das Thema auf

Währenddessen fordern Politiker von CDU, SPD und AfD härtere Strafen für die Blockierer. „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, das Leben anderer zu gefährden“, postuliert Berlins Innen­senatorin Iris Spranger, „diese Blockierer und Blockiererinnen nehmen die Bevölkerung bewusst in Geiselhaft und die Gefahren in Kauf“.

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Unrühmliches Zusammenspiel von Politik und Presse

Was dann passiert, haben lässt sich Statement einem Statement der Aktivisten entnehmen:

Wir wussten, dass uns einiges entgegenschlagen wird. Wir wussten, dass wir uns viele Feinde machen würden. Weil wir Menschen unterbrechen. Weil wir stören. Weil wir das Schreckliche an die Öffentlichkeit bringen. Dass ein ganzes Mediensystem sich gegen uns wenden würde, damit haben wir nicht gerechnet.

Seit Montag bricht eine Welle der Vorwürfe, Unwahrheiten und Hetze über uns hinein. Eine Welle anders als je zuvor. Von privaten bis öffentlich-rechtlichen Medien. Vorher wurde uns neutrale, faktenbasierte Berichterstattung als journalistisches Grundprinzip verkauft. Heute lesen, sehen und hören wir in kaum einem einzigen Medium Berichterstattung nach diesem Prinzip.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Dass die Radfahrerin im Straßenverkehr verunglückt ist, ist furchtbar. Wir sind bestürzt und in Trauer. Doch ist es an der Zeit, eine Grenze zu ziehen.

„Statement zum Unfall: Es ist Zeit, eine Grenze zu ziehen“ vom 4.11.2022

Kritische Betrachtungen

Publizist und Kommunikationsberater Mirko Lange schreibt auf Facebook: „Also mal ganz unabhängig davon, ob man die Last Generation nun doof findet oder nicht, das Narrativ, sie hätten durch ihre Aktion den Tod der Radfahrerin mit verursacht, ist aufgrund der Fakten schlichtweg dummer Unfug. Die Zahlen zeigen ganz klar, dass tatsächlich die Radfahrerin gänzlich ohne das Bergungsfahrzeug schneller befreit wurde, als es mit Bergungsfahrzeug jemals möglich gewesen wäre – auch völlig ohne Staus. „

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Im Artikel des RND kommt „auch klar zur Sprache, dass Rettungsfahrzeuge ständig behindert werden: Durch Baustellen, Unfälle, Berufsverkehr, Falschparker, zweite-Reihe-Parker, nicht gebildete Rettungsgassen und und und. Diese Debatte ist so unfassbar scheinheilig. Wer nicht beliebt ist, wird zum potenziellen Mörder ‚hochsterilisiert‘, aber ansonsten will es keine gewesen sein“, argumentiert Lange. „Das ist alles sehr tragisch. In jeder Beziehung. Aber dass sich eben die Medien wie durch Zauberhand sofort darauf einigen, wer „der Schuldige“ ist, und dass sofort Dutzende Politiker und Lobbyisten in den Kanon einfallen, finde ich erneut erschreckend.“

Das sehen wir von Mimikama genau so.


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