Apeel-Beschichtung von Obst und Gemüse ohne Bedenken?

Im April 2023 kursierten in den sozialen Netzwerken Warnungen vor der vermeintlich schädlichen Beschichtung von Lebensmitteln namens Apeel.

Autor: Nick L.

Die Behauptung

Die gefährliche Lebensmittelbeschichtung namens Apeel ist nicht abwaschbar und gesundheitsschädlich. Ein Sicherheitsdatenblatt spricht von Augenschäden und Hautreaktionen, wie besonders auf Facebook, Twitter und Telegram zu lesen ist. Eine Verbindung zu Bill Gates und dem Weltwirtschaftsforum kann es ebenfalls geben.

Unser Fazit

Falsch! Die Sicherheit der Apeel-Beschichtung steht außer Frage, wie von verschiedenen Quellen bestätigt wird. Das geteilte Sicherheitsdatenblatt gehörte in Wahrheit zu einem Reinigungsmittel eines britischen Unternehmens mit ähnlichem Namen.

Ein geteiltes Sicherheitsdatenblatt von Apeel soll die schädlichen Folgen dieser Beschichtung aufzeigen, wie in sozialen Medien geschrieben wird:

Screenshot Facebook
Screenshot Facebook

Klarstellung: Apeel-Beschichtung besteht aus unbedenklichen pflanzenbasierten Inhaltsstoffen

Die Apeel-Beschichtung, ein Produkt des US-Unternehmens Apeel Sciences, soll Obst und Gemüse länger frisch halten und Abfälle verringern. Das Unternehmen stellt auf ihrer eigenen FAQ Seite klar, dass die Beschichtung aus pflanzenbasierten Mono- und Diglyceriden besteht, die bereits in vielen Lebensmitteln vorkommen. Es gibt seitens der Firma keine Warnung vor den Inhaltsstoffen des Produkts, lediglich Menschen mit Allergien werden darauf hingewiesen, beim Kauf auf mögliche Apeel-Kennzeichnungen zu achten oder Händler zu fragen.

Wie sich aber zeigt, ist das Abwaschen der Beschichtung schwierig und kann zu Beschädigungen der Lebensmittel führen.

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Falsche Sicherheitsdatenblätter im Umlauf: Evans Vanodine hat nichts mit Apeel Sciences zu tun

Das online geteilte Sicherheitsdatenblatt zur Apeel-Beschichtung hat nichts mit der Lebensmittelbeschichtung von Apeel Sciences zu tun. Das wird schon auf den ersten Blick deutlich, denn das Logo am oberen Rand des Dokuments und die Unternehmensangaben zeigen, dass es sich um ein Datenblatt von Evans Vanodine handelt, einem britischen Hersteller von Reinigungsmitteln. Evans Vanodine vermarktet verschiedene Produkte unter dem Namen Apeel, darunter ein Allzweckreiniger und ein Sprühreiniger mit Orangen- oder Zitrusduft.

Die Reinigungsmittel und die Lebensmittelbeschichtung haben jedoch nichts miteinander zu tun.

Evans Vanodine gibt auf seiner Website zu verstehen: „Evans Apeel hat keine Verbindung mit Apeel Sciences und sollte nicht zur Konservierung von Obst und Gemüse genutzt werden.“

Die im Dokument enthaltenen Gefahrenhinweise zu möglichen Augenschäden oder allergischen Hautreaktionen sind echt, aber sie beziehen sich ausschließlich auf Reinigungsmittel und haben nichts mit der Apeel-Beschichtung zu tun.

MIMIKAMA
Screenshot der Apeel-Produktseite von Evans Vanodine mit Hervorhebung von AFP

Behörden und Verbraucherzentrale bestätigen Sicherheit von Apeel-Lebensmitteln

Die Online-Beiträge über Apeel-Lebensmittel in den USA und Kanada wurden auf Sicherheitsbedenken über die Beschichtung aufmerksam gemacht. Apeel Sciences betont jedoch, dass die Beschichtung aus Mono- und Diglyceriden besteht und von der FDA bestätigt wurde.

Die kanadische Gesundheitsbehörde, Health Canada, hat 2019 zugestimmt, dass Apeel verwendet werden darf, da die Sicherheit der Beschichtung und ihrer Bestandteile bereits bewertet und als sicher befunden wurden, wie AFP berichtet.

Die Verbraucherzentrale Berlin hat bestätigt, dass das Verfahren zur Ummantelung von Lebensmitteln in der EU seit 2019 erlaubt ist und Mono- und Diglyceride in der EU zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe sind. Diese Schicht ist jedoch nur für Lebensmittel zugelassen, deren Schale üblicherweise nicht verzehrt wird.

„Auch der Verzehr von Obst, dessen Schale behandelt wurde, gilt als unbedenklich“, so die Verbraucherzentrale. „Sollte die Zulassung künftig auf Obst und Gemüse ausgeweitet werden, deren Schale mitgegessen wird, kann auch die Schutzschicht mit verzehrt werden. Die Zulassung steht noch aus; sie wird erst nach umfangreicher Prüfung vergeben werden.“

Auch ein Sprecher der Europäischen Kommission bestätigte auf AFP-Anfrage am 27. April 2023, dass Mono- und Diglyceride aus Speisefettsäuren bereits seit 2019 für den Einsatz auf Obst und Gemüse in der EU zugelassen sind. Die entsprechende EU-Verordnung besagt, dass „der Lebensmittelzusatzstoff Mono- und Diglyceride von Fettsäuren (E 471) bei den angegebenen Verwendungszwecken und Verwendungsmengen keine Sicherheitsbedenken aufwirft.“ Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Verwendung dieser Stoffe nur für die äußere Anwendung auf Lebensmitteln vorgesehen ist und nicht erwartet wird, dass sie ins Innere von Früchten wandern.

Die Verbraucherzentrale Berlin betonte, dass mit der Schutzschicht überzogene Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen, einschließlich der Kennzeichnung „gewachst“ auf einem Aufkleber oder auf der Verpackung bei Orangen im Netz. Die Zusatzstoffe selbst oder die „E-Nummer“ sollten ebenfalls auf der Verpackung zu finden sein.

„Apeel zählt zu den sogenannten Edible Coatings, also quasi eine ’natürliche essbare Schutzschicht‘. Es geht dabei grundsätzlich darum, die Frucht beziehungsweise das Produkt vor Feuchtigkeitsverlusten durch Transpiration und den physiologischen Abbauprozessen während der Fruchtatmung (Respiration) zu schützen.“

Auch Dominikus Kittemann, Professor an der Fakultät für Gartenbau und Lebensmitteltechnologie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf äußert sich zu der Methode hinter Apeel

Sind Apeel’s Mono- und Diglyceride bedenkenlos in der Lebensmittelindustrie?

In der Lebensmittelindustrie finden Apeel’s Mono- und Diglyceride breite Anwendung. Sie werden unter anderem für die Herstellung von Backwaren, Schokolade oder Margarine genutzt. Daher kann sich Kittemann die angeblichen Gefahren durch die Stoffe kaum vorstellen.

Bei anderen Herstellern besteht die Beschichtung in der Regel aus biologischen Materialien. Dies gilt auch für Apeel, dessen Bestandteile Samen, Schalen und Fruchtfleisch enthalten.

Professor Jürgen König, ein Experte für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien, erklärt, dass die Bestandteile von Apeel, die natürlicherweise vorkommen und auch im Verdauungsprozess von Fetten entstehen, nachgewiesenermaßen sicher sind. Es gibt auch keinen Grenzwert für ihre Aufnahme. König präzisiert jedoch, dass die Bestandteile von Apeel aus Fetten (Triglyceriden) verschiedener fettliefernder Pflanzen gewonnen werden, obwohl die Apeel-Angabe, dass die Bestandteile der Beschichtung Samen, Schalen und Fruchtfleisch enthalten, nicht falsch ist.

Beschichtung von Obst und Gemüse: Preistreiber oder Vorteil für den Handel?

In den Postings wird weiter behauptet, dass die Beschichtung mit Apeel ein Preistreiber für Obst und Gemüse sei. Die Verbraucherzentrale Berlin erklärt jedoch, dass die Preisbildung sehr intransparent sei und von vielen Faktoren abhänge, weshalb es schwierig sei zu bestimmen, ob die höheren Preise ausschließlich auf die Verwendung des Coating-Verfahrens zurückzuführen seien. Allerdings sei aktuell tatsächlich zu beobachten, dass Produkte mit Apeel etwas teurer seien als Produkte ohne diese Beschichtung.

Obwohl der Handel durch die Verwendung von Apeel auch von geringeren Lebensmittelverlusten profitieren könnte, werde dieser Vorteil scheinbar nicht an die Verbraucher weitergegeben. Es sei jedoch zu beachten, dass Oberflächenbehandlung bei Obst- und Gemüsesorten schon üblich sei und nicht nur Apeel, sondern auch andere Produkte zum Einsatz kämen.

Apeel Sciences selbst erklärt, dass der Preis der Produkte vom Einzelhändler festgesetzt werde und durch verschiedene Faktoren bestimmt werde. Die Beschichtung könne aber dazu führen, dass Verbraucher einen Preisunterschied zwischen geschützten und ungeschützten Produkten bemerken.

Die Beschichtung mit Apeel kann die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern, da der Reifeprozess verlangsamt wird und weniger CO2 verloren geht. Auch die Verbraucherzentrale Berlin bestätigt dies. Allerdings ist noch nicht klar, wie sich die Beschichtung auf den Nährstoffgehalt auswirkt.

Zumindest theoretisch könne durch die Beschichtung Plastik eingespart werden. Allerdings bietet die Methode keinen besonderen Schutz gegen mechanische Belastungen, weshalb sie nicht überall eingesetzt werden kann. Einige Lebensmittel, für die Apeel verwendet wird, kommen zudem ohne Plastikverpackung aus, wodurch kein Plastik eingespart wird.

Unterstützung der Gates-Stiftung?

In Bezug auf die angebliche Unterstützung von Apeel Sciences durch Bill Gates und das Weltwirtschaftsforum betont das Unternehmen, dass die Förderung durch die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung in den Jahren 2012 und 2015 erfolgt sei, um die Entwicklung der pflanzenbasierten Schutztechnologie zu unterstützen. Es sei jedoch wichtig zu betonen, dass die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung derzeit kein aktiver Investor bei Apeel Sciences sei.

Darüber hinaus ist Apeel Sciences Mitglied des Weltwirtschaftsforums und wurde im Jahr 2018 als sogenannter „WEF Technology Pioneer“ ausgezeichnet. James Rogers, der Gründer von Apeel Sciences, wurde im Jahr 2020 zum „Young Global Leader“ des WEF ernannt. Diese Auszeichnungen sind Teil von Programmen, die Führungskräfte und innovative Unternehmen vernetzen sollen.

Obwohl Apeel Sciences von einigen Verbrauchern und Kritikern aufgrund seiner Beschichtungstechnologie und seiner angeblichen Verbindungen zu Bill Gates und dem WEF kritisiert wird, scheint das Unternehmen erfolgreich zu sein und wird von Einzelhändlern wie Edeka und Netto in Deutschland sowie von zahlreichen anderen Einzelhändlern weltweit unterstützt.

Fazit

Bewertung: FALSCH
Apeel-Beschichtung von Obst und Gemüse ohne Bedenken?

Die Sicherheit der Apeel-Beschichtung steht außer Frage, wie von verschiedenen Quellen bestätigt wird. Sowohl Experten als auch die Europäische Kommission und die Verbraucherzentrale Berlin betonen, dass die Bestandteile der Beschichtung unbedenklich sind. Eine online geteilte Behauptung, dass ein Sicherheitsdatenblatt zu dem Produkt gehöre, stellte sich als falsch heraus und gehörte in Wahrheit zu einem Reinigungsmittel eines britischen Unternehmens mit ähnlichem Namen.

Quelle:

AFP

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