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Deutschland: Vorgaben zum Energiesparen ab 1. September

Die neue Verordnung betrifft drei Bereiche: Maßnahmen zum Energiesparen in Privathaushalten, in öffentlichen Gebäuden und in Unternehmen. Was ist genau zu beachten?

Autor: Walter Feichtinger

Die aktuellen Verwerfungen am Strom- und Gasmarkt haben die deutsche Regierung veranlasst, neue Vorgaben zum Energiesparen zu verabschieden. Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) gilt von 1. September 2022 bis 28. Februar 2023. Eine zweite über „mittelfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSimiMaV) ist aktuell in Begutachtung und soll mit 1. Oktober in Kraft treten.

Das sind die wichtigsten Vorschriften, die aktuell gelten:

  • Ladentüren im Einzelhandel dürfen nicht dauerhaft offenstehen, wenn dadurch Wärme entweicht
  • keine Leuchtreklame zwischen 22 Uhr und 16 Uhr
  • keine Außenbeleuchtung von Gebäuden, kein Anstrahlen von Denkmälern
  • Maximaltemperaturen in Arbeitsräumen von öffentlichen Gebäuden
  • kein Beheizen von Fluren in öffentlichen Gebäuden

Die Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – ja, der offizielle Name ist wirklich so sperrig – betrifft drei Bereiche: Maßnahmen zur Energieeinsparung in Privathaushalten, in öffentlichen Nichtwohngebäuden, in Unternehmen.

Was gilt für private Haushalte?

In manchen Mietverträgen stehen Mindesttemperaturen, die einzuhalten sind. Die „Pflicht des Mieters, durch angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden an der Mietsache vorzubeugen“ ist damit hinsichtlich der Beheizung bis Ende Februar ausgesetzt. Wer die Heizung herunterdrehen und so Energie sparen möchte, darf das jetzt tun.

Private Pools im Innen- und Außenbereich dürfen nicht mehr mit Gas oder mit Elektrizität aus dem Stromnetz beheizt werden. Ausnahmen gibt es für „zwingend notwendige therapeutische Anwendungen“. Gewerbliche Schwimm- und Badebecken in Rehazentren, Hotels und Freizeiteinrichtungen sind von dieser Regelung nicht betroffen.

Wie sind öffentliche Gebäude betroffen?

Die Vorschriften in der EnSikuMaV betreffen öffentliche Nichtwohngebäude. Arbeitsräume dürfen je nach Tätigkeit nur mehr bis zu bestimmten Temperaturen geheizt werden. Bei körperlich leichten Arbeiten: im Sitzen 19 °C, im Stehen 18 °C. Bei mittelschwerer Arbeit: im Sitzen 18 °C, im Stehen 16 °C. Bei körperlich schwerer Tätigkeit: 12 °C. Ausgenommen davon sind medizinische Einrichtungen, Behindertenhilfe- und Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten sowie „Einrichtungen, bei denen höhere Lufttemperaturen in besonderer Weise zur
Aufrechterhaltung der Gesundheit der sich dort aufhaltenden Personen geboten sind“.

Gemeinschaftsflächen in öffentlichen Nichtwohngebäuden, „die nicht dem Aufenthalt von Personen dienen“ dürfen nicht mehr beheizt werden. Das betrifft wohl in erster Linie Treppen und Flure in diesen Gebäuden. Ausnahmen gelten wieder wie im letzten Absatz beschrieben, sowie „Beheizung zum Schutz von dort installierter Technik oder von dort gelagerten Gegenständen und Stoffen“ oder wenn durch Nichtbeheizung Schäden an den Gebäuden zu erwarten sind.

Trinkwasser darf in mehr erwärmt werden, wenn es überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist. Warmwassertemperaturen sind zu beschränken. Ausnahmen aus hygienischen Gründen, Vorbeugung bei Legionellen und wenn das Wasser zum Betrieb von Duschen notwendig ist. Weitere Ausnahmen betreffen medizinische Einrichtungen, Behindertenhilfe- und Pflegeeinrichtungen sowie Kindertagesstätten.

Die Beleuchtung von „Gebäuden und Baudenkmälern von außen“ ist untersagt. Ausnahmen: Sicherheits- und Notbeleuchtung, zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder Abwehr anderer Gefahren sowie kurzfristig im Rahmen von Kulturveranstaltungen und Volksfesten.

Wie lauten die Maßnahmen zur Energieeinsparung in Unternehmen?

Für Versorger und Eigentümer von Wohngebäuden besteht nun eine Informationspflicht bei Preissteigerungen, wenn die Wohneinheiten mit Gas oder Wärme beliefert werden. Das beinhaltet eine Aufstellung von Energieverbrauch und -kosten der letzten Abrechnungsperiode, eine Schätzung der Kosten der laufenden Periode und eine Information über das rechnerische Einsparungspotential, wenn die Temperatur durchschnittlich um 1 °C gesenkt wird.

Der Einzelhandel darf Ladentüren und Eingangssysteme nicht mehr dauerhaft offen halten, wenn dadurch ein Verlust von Heizwärme auftritt. Eine Ausnahmeregelung gibt es für Fluchtwege.

Eine Nutzungseinschränkung ist auch für beleuchtete und Licht emittierende Werbeanlagen vorgesehen. Der Betrieb ist jetzt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr untersagt. Ausnahme: zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren.

Für Arbeitsräume in privaten Arbeitsstätten gelten (jetzt gesenkte) Mindesttemperaturen, die den oben aufgelisteten Maximaltemperaturen für Arbeitsräume in öffentlichen Gebäuden entsprechen – also von 12 °C bei starker körperlicher Tätigkeit bis hin zu 19 °C bei leichter körperlicher Tätigkeit im Sitzen.

Der Entwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinn der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die der Umsetzung der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung dient.

Aus dem Begründungsteil der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen

Begründung für die Maßnahmen in der Verordnung

Alle diese Änderungen treten mit 1. September 2022 in Kraft und gelten bis einschließlich des 28. Februars 2023. Die Regierung liefert gemeinsam mit der Verordnung einen sehr ausführlichen Begründungsteil mit. Ziel ist die Versorgungssicherheit bei Erdgas sowie eine Reduktion im Verbrauch von Erdöl, Gas, Strom und sonstigen Energieträgern. Die verordneten Verbrauchseinschränkungen stellen hierbei ein verhältnismäßiges und legitimes Maßnahmenbündel im Sinne eines Gemeinwohlzwecks dar. Alternativen dazu gäbe es keine.

So könnten zwei bis zweieinhalb Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland eingespart werden, begründet Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Maßnahmen. Nicht genug, „als dass wir uns zurücklehnen können“, denn das Einsparziel der Regierung wird mit 20 Prozent beziffert. Dafür wäre aber jeder kleine Beitrag wichtig.

Wir stehen vor einer nationalen Kraftanstrengung und es braucht ein starkes Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, von Bund, Ländern, Kommunen, Sozialpartnern, Gewerkschaften, Handwerk und Verbänden sowie der Zivilgesellschaft.

Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister (Grüne)

Die zweite Verordnung für mittelfristige Maßnahmen ab 1. Oktober

Genau ein Monat nach der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ soll ein zweites Paket für „mittelfristig wirksame Maßnahmen“ (Entwurf) in Kraft treten. Aktuell liegt diese Verordnung nach beim Bundesrat zur Abstimmung. Betroffen sind wieder öffentliche, private und Firmengebäude. Worauf sollten sich in Deutschland lebende Personen sowie Unternehmen ab 1. Oktober gefasst machen?

  • eine Pflicht zu jährlichen Heizungsprüfungen für Gebäude mit Gasheizungen
  • eine Pflicht zum Austausch ungesteuerter, ineffizienter Erdgas-Heizungspumpen
  • Effizienzvorgaben für Unternehmen mit einem Energieverbrauch ab 10 Gigawattstunden pro Jahr 

Diese zweite Verordnung ist ebenso wieder befristet und soll für einen Zeitraum von zwei Jahren ab dem 1. Oktober 2022 gelten. Auch in Österreich stellt man sich darauf ein, dass Strom, Gas und Treibstoff im Winter knapp werden könnten. Nur mehr 17 Prozent sind laut einer Umfrage für das Profil dafür, dass Energiesparen „jedem selbst überlassen sein“ sollte.

Quellen:
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/E/ensikumav.html (Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen)
https://www.hwk-rhein-main.de/adbimage/14323/asset-original//20220812-mittelfristensigvo_ressortabstimmung.pdf (Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen, Entwurf)
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/energie-sparen-massnahmen-september-100.html
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/tipps-fuer-verbraucher/energiesparmassnahmen-2078224
https://www.profil.at/oesterreich/grosse-mehrheit-fuer-regierungsmassnahmen-zum-energiesparen/402132993

Mehr zum Thema: Alarmstufe Gas: Energiesparen wichtiger denn je

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