Videos von Hühner-Schlachthof lösen Tierquälerei-Debatte aus

Neu veröffentlichte Videos, die den schlechten Umgang mit Hühnern und hygienische Missstände in steirischen Mastbetrieben dokumentieren, haben eine Diskussion ausgelöst. Die Geflügelwirtschaft fordert eine „ehrliche Diskussion“ statt „unproduktiver Entrüstung“.

Autor: Nick L.

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Videos und Bilder aus dem Herbst 2022 vom Verein gegen Tierfabriken (VgT) zeigen den schrecklichen Umgang mit Hühnern in einem steirischen Mastbetrieb durch geheime Videoaufzeichnungen auf.

Hinweis: Dieses Video enthält möglicherweise sensible Inhalte, die für einige Nutzer:innen verstörend wirken könnten.

Quelle: VgT / Vimeo

Die Dachorganisation der österreichischen Geflügelwirtschaft forderte eine „ehrliche Diskussion“ über die „herrschenden Sachzwänge und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in unserer Branche“. Die Tierschutzorganisation verurteilte die massive Tierquälerei, den rohen Umgang mit Hühnern und skandalöse Missachtungen der Hygiene, hieß es am Montag (27.02.23).

Fall zur Anzeige gebracht

Der Schlachthof soll nach Angaben der VgT auf seiner Homepage das AMA-Gütesiegel tragen. Die AMA wirbt mit „kontinuierlicher Verbesserung der Qualität und Transparenz entlang des gesamten Herstellungsprozesses“. Da es in diesem Fall aber anzuzweifeln ist, „dass Konsument:innen diese Zustände als ‚verbesserte Qualität‘ sehen“, habe man den Fall zur Anzeige gebracht, so David Richter (VgT).

Weiter erklärt er: „Wir können bei diesem zigtausendfachen Tierleid in Österreichs Schlachthöfen nicht einfach zusehen – und die österreichische Bevölkerung sicherlich auch nicht. Wir fordern die Verantwortlichen in Wirtschaft, Handel und Politik auf, Verbesserungen endlich umzusetzen. Von den Behörden erwarten wir eine genaue Ermittlung der Missstände.“

Die Geflügelwirtschaft wehrt sich

„Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen lehnen wir klar ab, so etwas darf es nicht geben und das wird hierzulande auch konsequent verfolgt“, so Michael Wurzer, Geschäftsführer der Geflügelwirtschaft Österreich. „Wir verwehren uns aber gegen eine scheinheilige Debatte.“ Es könne nicht sein, „dass Handel und Konsumenten von der Branche möglichst billige Produkte erwarten und gleichzeitig verleugnen, dass damit in vielen Bereichen entsprechend dimensionierte und optimierte Abläufe unumgänglich werden.“ Das passe laut ihm nicht zusammen.

Seit Dezember 2022 führte der VgT eine „handwerklich durchaus professionelle“ Kampagne gegen die gesamte Geflügelbranche durch, welche „auf einer groß angelegten – und in vielerlei Hinsicht illegalen – Videoüberwachung mehrerer heimischer Betriebe im Herbst 2022 beruht“. Wurzer ist der Meinung, dass diese gezigten Videos einseitig seien und extra nur die negativen Seiten der Branche aufzeigen aber „nicht repräsentativ für die Branche und auch nicht für die betreffenden Betriebe sind“. Das hätten mehrere erfolgte unabhängige Kontrollen von außerhalb bestätigt, so Wurzer.

„Da werden aus tausenden Stunden rechtswidrig produzierten Videomaterials die negativsten Szenen herausgepickt, aber das entspricht nicht den generell hohen Standards in unserer Branche. Unsere Gesellschaft muss sich die grundsätzliche Frage stellen, wie sie sich ernähren möchte – was wir essen wollen und was wir bereit und in der Lage sind, dafür auszugeben“. Aus der Sicht des Geschäftsführers der Geflügelwirtschaft Österreich sollte man viel stärker über die Zukunft der Geflügelbranche sprechen, anstatt eine „einseitige Skandalisierung“ zu verbreiten.

Tiere als „Putzlappen“ missbraucht – und gegen Container geschleudert

Wie Richter vom VgT berichtet, habe der Verein nun eine Petition gestartet. Außerdem verwies er auf weitere Missstände in den Schlachtbetrieben, wie sie auf den Videos zu sehen seien. So sollen beispielsweise Arbeiter:innen Hühner gegen Container schleudern, um den Tieren den Schädel und das Genick zu brechen. „In diesem Bereich werden Tiere nach der Betäubung aussortiert und weggeworfen. Manche sind vermutlich schon tot, andere offensichtlich nicht. Die brutale Gewalt, die sich im Umgang mit den Tieren hier zeigt, ist unfassbar“. Auch würde es hin und wieder vorkommen, dass sich mit den Körpern von betäubten Tieren die Kleidung abgewischt werde – sie sozusagen als „Putzlappen“ verwendet und missbraucht werden. Dies sei nicht nur aus Sicht der Würde fragwürdig, sondern ebenfalls aus Hygienesicht – ebenso wie die Tatsache, dass vermutlich sogar schon tote Tiere, vor der Betäubung teilweise zu den Lebenden gemischt werden.

Laut dem VgT wird im Schlachthof eine mehrphasige Kohlendioxid-Betäubungsanlage eingesetzt, die als „fortschrittliche Methode“ beworben wird. In der Praxis führt dies jedoch zu systematischen Problemen und Tierleid. Die Hühner werden Containerweise in die Anlage gekippt und fallen übereinander, einige bleiben an den Klappen hängen. Unter Gas gesetzt, schnappen sie panisch nach Luft, schütteln den Kopf und schlagen mit den Flügeln. Richter erklärt, dass diese Bilder aus der Gasbetäubungsanlage schwer zu ertragen und für die Öffentlichkeit vermutlich neu sind, deshalb der große Schock.

Forderung: „Landwirten endlich ordentliche Preise zahlen“

Wurzer betont die Unterstützung der österreichischen Geflügelwirtschaft für eine marktangepasste Umsetzung der von VgT erhobenen Forderung nach einer „Europäischen Masthuhn-Initiative“. Rund 70 Prozent der damit verbundenen Standards seien bereits aufgrund der österreichischen Bestimmungen im AMA-Gütesiegel und den hierzulande geltenden EU-weit strengsten Haltungsbestimmungen erfüllt. Die einzige größere Umstellung sei der geforderte Einsatz langsam wachsender Hühnerrassen. Wenn der Handel hier mitmacht, sei man bereit, das Konzept nach Klärung der Praxistauglichkeit schnellstmöglich umzusetzen.

Die „Initiative Oekoreich“ kritisiert ebenfalls die Verwendung von Fleisch als Lockmittel zur Kundenwerbung und die systematische Entwertung des Tieres und der bäuerlichen Arbeit durch „Extremaktionen“. Sie fordert die Handelskonzerne auf, den Landwirten endlich angemessene Preise zu zahlen und aufzuhören, den Kunden einzureden, dass sie ein Kilogramm Hühnerfleisch für drei Euro kaufen können. Sebastian Bohrn Mena von der Initiative bezeichnet „dubiose, oft selbst verliehene Siegel“ als „billige Show“ und fordert den Handel auf, seiner Verantwortung nachzukommen und aufzuhören, „weiter Öl ins Feuer zu gießen, nur um sich anschließend als Löschender zu inszenieren.“

Kampagne Vier Pfoten: „Ein systematisches Problem“

Auch die Kampagne „Vier Pfoten“, unter der Leiterin Veronika Weissenböck, kritisierte die neu gelieferten Videos aus einem steirischen Schlachthof: „Die heute vom VgT gelieferten Videos aus einem steirischen Schlachthof sind an Grauen nicht mehr zu überbieten. Diese Tierquälerei ist ein systemisches Problem einer industriellen Tierhaltung, die uns schon lange entglitten ist. Wir fragen uns: Wo ist der oder die Tierschutzbeauftragte, der bei der Schlachtung von Gesetzes wegen anwesend sein muss? Wo ist der Tierarzt bzw. die Tierärztin, der die Gesundheit der Tiere und die Schlachtung im Auge haben muss? Es ist ein Skandal, dass das Management hier offensichtlich bereits völlig abgestumpfte Mitarbeiter beschäftigt, denen jegliches Bewusstsein, jegliche Empathie den Tieren gegenüber fehlt“.

Es braucht gerade für einen so sensiblen Bereich der Schlachtung bestens geschulte Mitarbeiter:innen. Das System der industriellen Fleischproduktion kracht an allen Ecken und Enden, und die prekären Arbeitsbedingungen schaffen die perfekte Basis dafür, so Weissenböck.

Debatte nicht neu

Die Debatte um die Zustände in Hühner-Mastbetrieben und Schlachthöfen ist nicht neu. Immer wieder gibt es Berichte über Tierquälerei und hygienische Mängel in der Geflügelindustrie. Doch trotz zunehmender Kritik und öffentlicher Empörung hat sich bisher wenig geändert. Die Geflügelwirtschaft argumentiert oft mit wirtschaftlichen Zwängen und dem Druck, günstige Produkte zu liefern. Doch Tierschützer und Verbraucher fordern, dass das Wohl der Tiere und die Einhaltung von Tierschutz- und Hygienebestimmungen höhere Priorität haben müssen als der Profit.

Es bleibt abzuwarten, ob die aktuellen Enthüllungen zu konkreten Veränderungen in der Geflügelwirtschaft führen werden. Doch die Diskussion um Tierquälerei und Hygienemängel in der Fleischindustrie wird auch in Zukunft nicht verstummen.

Quelle:

Die Presse

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