Die nummerierten Impfmücken von Bill Gates (oder auch nicht)

Das ist dann wohl der endgültige Beweis: In einem TikTok-Video ist scheinbar eine Mücke mit einer Nummer zu sehen. Dienen sie der Überwachung? Sind das Impfmücken? Handelt es sich überhaupt um eine Mücke? Was sehen wir da wirklich?

Autor: Ralf Nowotny

Die Behauptung

In einem Video ist scheinbar eine Mücke zu sehen, die eine Nummer auf dem Panzer trägt.

Unser Fazit

Es handelt sich nicht um eine Mücke, sondern um eine Birkenblattlaus, deren Muster zufällig wie eine Nummer aussieht.

Nun ist es also soweit: Bill Gates hat seine Impfmücken nummeriert und auf die Menschheit losgelassen. Oder auch nicht. Zuerst wollen wir aber erst einmal klären, um was es sich bei dieser Mücke handelt, die scheinbar eine Nummer auf dem Körper trägt – wenn es sich denn überhaupt um eine Mücke handelt… denn vielleicht ist es auch ein Nanobot. Oder etwas anderes!

Die scheinbar nummerierte Mücke

Hier ist das Video auf TikTok zu sehen:

@dyunh519yip1

♬ оригинальный звук – Timur

Und hier sehen wir es auf Twitter, kombiniert mit der Vermutung, dass Bill Gates etwas damit zu tun hat:

Natürlich wissen Experten *hüstel* auf Telegram sofort, worum es sich handelt: Es sind Nanobot-Mücken. Wozu sie eingesetzt werden, „kann jeder selber recherchieren“.

Nanobot-Mücken? Eher nicht.
Nanobot-Mücken? Eher nicht.

Die Herkunft des Videos

In dem Video hört man russische Stimmen, auch die Schrift in dem Video ist kyrillisch. Zu lesen ist „Ребят кто знает откуда цирфы на мошках“ („Leute, wer weiß, woher die Kreise auf den Mücken kommen“).

Nun wird es knifflig, aber glücklicherweise weist uns die Googlesuche nach dem Satz darauf hin, dass ein Wort wohl falsch geschrieben wurde: Es müsste „цифры“ (Zahlen), nicht „цирфы“ (Kreise) heißen. So ergibt der Satz auch in Bezug auf das Video mehr Sinn, und Google liefert uns dann auch brauchbare Ergebnisse.

Das Video entstand in Kasachstan, welches mal zur Sowjetrepublik gehörte, was erklärt, warum Russisch gesprochen wird. Es handelt sich also nicht um ein Fake-Video aus Russland, es ist tatsächlich echt, und eine kasachische Nachrichtenseite berichtete sogar darüber (siehe HIER).

Was genau ist in dem Video zu sehen?

Wirklich geklärt wird in dem Artikel nicht, worum es sich bei der vermeintlichen Mücke handelt, aber zumindest kommt ein Technik-Experte, nämlich Igor Chernov, Experte auf dem Gebiet der Informationssicherheit in Unternehmen, zu Wort, der erklärt, dass die Miniatisierung der Elektronik zwar schon sehr weit fortgeschritten sei, es aber noch nicht möglich ist, einen dermaßen kleinen „Überwachungschip“ für eine Mücke zu entwickeln.

Das größte Problem wäre, dass ein solcher Chip auch mit Energie versorgt werden müsse und der Chip bzw. die Mini-Batterie unweigerlich sehr heiß werden würde – die Mücke würde nach nur wenigen Sekunden in einer kleinen Flamme aufgehen. Zudem fliegen Mücken, wohin sie wollen, eine gezielte Überwachung sei gar nicht möglich.

Gut, damit wir schonmal zumindest die Aussage eines Technik-Experten. Das Insekt existiert ja aber trotzdem in dem Video, und um eine Videomanipulation scheint es sich auch nicht zu handeln. Ein anderes Foto des Insekts ist nämlich auf Wikimedia zu finden:

Das Insekt auf Wikimedia
Das Insekt auf Wikimedia

Das Foto wurde auf Schiermonnikoog, eine der Westfriesischen Inseln der Niederlande, geschossen. Auch auf diesem Foto ist auf dem Körper ein schwarzes Muster erkennbar, welches einer Zahl ähnelt.

Die belgischen Kollegen von Knack zeigten die Fotos dem Insektenspezialisten Wim Veraghtert. Dieser stellte fest, dass es sich nicht um eine Stechmücke, sondern um eine Blattlaus handelt, könnte aber nicht sagen, um welche Art es sich handelt, da es Hunderte Arten gibt.

Genauer Bescheid wissen die kasachischen Faktenchecker von StopFake. Demnach handelt es sich um eine Birkenblattlaus (Euceraphis betulae). Diese Insekten haben eine hellgrüne oder hellgelbe Farbe mit schwarzen Querstreifen, die nicht durchgehend, sondern unterbrochen sein können, sodass sie Mustern oder geraden Zahlen ähneln.

MIMIKAMA
Ein weiteres Foto der Birkenblattlaus, Quelle: Insektenbox

Fazit

Es handelt sich also mitnichten um eine Mücke oder ein anderes Insekt mit einer aufgemalten oder aufgedruckten Nummer, sondern um einen typischen Fall von Pareidolie: Wir glauben, Gesichter in Autos oder Häusern, oder in diesem Fall Zahlen auf einem Insekt, zu erkennen, weil unser Gehirn dazu prädestiniert ist, Gesichter und andere, bekannte Formen in Dingen zu sehen.

Da die Linien auf der Birkenblattlaus oftmals nicht durchgehend, sondern unterbrochen sind, wirken sie manchmal tatsächlich wie kleine Zahlen – was sie allerdings nicht sind, sondern einfach eben nur unterbrochene Linien.

Also keine nummerierten Mücke, sondern eine Birkenblattlaus, deren Muster zufällig wie eine Nummer aussieht.


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