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Die Verschwörung um Stadtklimamessungen und den Deutschen Wetterdienst (DWD)

Nüchtern betrachtete Entzauberung der Behauptungen: Was steckt wirklich hinter den Stadtklimamessungen des DWD?

Autor: Claudia Spiess

Aktuell bezweifeln einige Nutzer in sozialen Medien die Art und Weise, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) seine Wetterstationen platziert. Aufgrund eines Stadtklimamessnetzes sollen diese vermehrt in städtische Gebiete verlegt werden, um den Klimawandel dramatischer erscheinen zu lassen. Veranschaulicht wird dies durch ein Video (hier archiviert), bei dem wohl bereits die Hintergrundmusik für kalte Schauer über den Rücken sorgen soll.

Screenshot Facebook
Screenshot Facebook

In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, ob diese Behauptungen einen wahren Kern haben oder ob es sich um eine Fehlinformation handelt.

Das Stadtklimamessnetz des DWD

Diese Vorwürfe lassen sich durch Fakten nicht belegen. Felix Ament vom meteorologischen Institut der Universität Hamburg stellt klar, dass es keine solche Entwicklung gibt. Diese Vorgehensweise würde gegen die internationalen Standards der World Meteorological Organization (WMO) verstoßen.

Der DWD selbst betreibt zwar seit einigen Jahren ein sogenanntes Stadtklimamessnetz, jedoch sind die Daten aus diesen Stationen nicht Teil des offiziellen DWD-Messnetzes. Diese Informationen fließen nicht in die Berechnung der deutschlandweiten Temperaturmittelwerte ein.

Uwe Kirsche, Sprecher des DWD, erklärt auf Anfrage der DPA, dass dieses Stadtklimamessnetz seit einigen Jahren zum Einsatz kommt, „um den städtischen Wärmeinseleffekt genauer beschreiben und quantifizieren zu können.“ Bei Veröffentlichung werden die Daten aus den städtischen Stationen ausdrücklich als nicht repräsentativ gekennzeichnet. Rekordwerte werden außerdem in freier Lage erhoben.

Widerlegung der Behauptungen

Meteorologe Felix Ament gibt zu bedenken, dass aufgrund der Regeln der WMO in Städten sogar zu wenig gemessen würde. Aus diesem Grund habe sich der DWD dazu entschieden, die städtischen Stationen aufzubauen. Aber – und das ist wichtig zu wissen – „natürlich werden die nicht einfach so mit allen anderen Stationen in einen Topf gerührt und man bildet dann einfach nur stumpf einen Mittelwert“, erklärt Ament.

Was noch dazu kommt, ist, dass Messstationen aus Innenstädten wegen zunehmender Bebauung immer mehr ins Umland verlegt werden, damit man verlässliche Ergebnisse erhalte.

Der Presseleiter des DWD betont, dass das Verfahren zur Berechnung des deutschlandweiten Temperaturmittelwerts darauf abzielt, den Einfluss von Veränderungen im Messnetz, wie zum Beispiel der Anzahl der Klimastationen, zu minimieren. Im Laufe von Jahrzehnten kann es zu Stationsverschiebungen kommen. Auftretende Abweichungen werden „sorgfältig mit wissenschaftlichen Methoden nach internationalen Standards korrigiert.“ Im Zeitraum von 1881 bis 2022 haben diese Anpassungen zu einer Temperaturerhöhung von 1,7 Grad Celsius geführt.

„Weder reduziert der DWD systematisch sein Messnetz, noch werden Stationen gezielt an „kalten“ Standorten stillgelegt“, betont Uwe Kirsche weiters.

Faktencheck im Überblick

Lasst uns nun einige der Hauptbehauptungen aus dem kursierenden Video überprüfen:

BehauptungFaktencheck
Der DWD verlegt absichtlich Wetterstationen in wärmere Städte, um den Klimawandel dramatischer erscheinen zu lassen.Falsch. Das Stadtklimamessnetz des DWD erforscht den Wärmeinseleffekt und ist nicht Teil des offiziellen Messnetzes. Die Daten aus diesen Stationen fließen nicht in die Berechnung der deutschlandweiten Temperaturmittelwerte ein.
Der DWD reduziert systematisch sein Messnetz.Falsch. Der DWD hat kein Interesse daran, sein Messnetz in Richtung Städte zu verlagern. Stationen in Innenstädten werden eher ins Umland oder in die Peripherie verlegt, um genauere Ergebnisse zu erhalten.
Die Verschiebungen von Stationen beeinflussen die Temperaturdaten stark.Falsch. Der DWD verwendet ein Berechnungsverfahren, das den Einfluss von Veränderungen im Messnetz minimiert und Abweichungen sorgfältig korrigiert.
Meteorologen nutzen den Wärmeinseleffekt, um den Klimawandel zu dramatisieren.Falsch. Das Stadtklimamessnetz des DWD dient der Erforschung des Wärmeinseleffekts und nicht der Manipulation von Klimadaten.
Der Klimawandel ist nicht real.Der Klimawandel ist eine wissenschaftlich belegte Tatsache und wird von Experten weltweit anerkannt.

Fazit

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Die Verschwörung um Stadtklimamessungen und den Deutschen Wetterdienst (DWD)

Die Verschwörungstheorie, der DWD verlege Wetterstationen absichtlich in Städte, um den Klimawandel dramatischer erscheinen zu lassen, lässt sich durch Fakten nicht belegen. Der DWD betreibt zwar ein separates Stadtklimamessnetz, um den Wärmeinseleffekt zu untersuchen, die Daten dieser Stationen haben aber keinen Einfluss auf die Berechnung der deutschlandweiten Temperaturmittelwerte. Die Vorwürfe gegen den DWD sind also haltlos.

Wir sollten uns auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Fakten stützen, um den drängenden Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.

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Quelle:

DPA

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