Sharepics wie dieses schaffen immer wieder Unmut, doch sie sind häufig oberflächlich und auch irreführend. Wir erklären, warum das so ist.

Auf einem Bild erkennt man eine Preisanzeige einer Tankstelle. Die Beschriftung ist in arabischen Schriftzeichen gehalten und dürfte durchaus in Saudi Arabien aufgenommen worden sein. Die Preise wurden nachträglich in Euro auf das Foto eingefügt.

Das Foto trägt eine Botschaft, die sich auf die Benzinpreise in Saudi Arabien bezieht. Es geht um die niedrigen Preise im Vergleich zu den Preisen in Deutschland oder Österreich, die wesentlich höher sind. Gleichzeitig wird eine CO2-Steuer ins Spiel gebracht. Man liest dort:

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Aktuelle Spritpreise in Saudi-Arabien. Wagt es also nicht, eine CO2 Steuer einzuführen, ihr geldgierigen Aasgeier.

Das Sharepic wurde mittlerweile weit über 60.000 Mal geteilt.

Spritpreise Saudi Arabien, Screenshot Facebook

Stellen wir an den Anfang den einfachen Faktencheck: Stimmen die Angaben?

Faktencheck Preise

Die Benzinpreise für Saudi Arabien kann man recht schnell über eine einfache Suche mithilfe einer Suchmaschine finden. Auf der Webseite  de.globalpetrolprices.com gibt es entsprechende Angaben dazu, die man sich sowohl in der Landeswährung Rial, aber auch umgerechnet in Euro anzeigen lassen kann.

Die Preise auf dieser Webseite zeigen mit dem Stand 13. Jänner 2020 2,05 Rial pro Liter, bzw. 0,49 € pro Liter Benzin mit 95 ROZ an. Insofern kann man davon ausgehen, dass auch die Angaben für Diesel und Benzin mit 91 ROZ stimmen.

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Günstige Preise in Saudi Arabien

Wie kommen die unterschiedlichen Preise zwischen Saudi Arabien und Deutschland, bzw. Österreich zustande? Saudi Arabien ist ein erdölförderndes Land. Das darf man an dieser Stelle nicht vergessen. Ebenso gibt es vor Ort ganz andere Steuersätze auf Öl, das Benzin ist lediglich mit 5% versteuert, und das auch erst seit dem 01.01.2018.

Das sieht sowohl in Deutschland, aber auch Österreich anders aus.  Das Bundesfinanzministerium in Deutschland schreibt zu der Zusammensetzung der Benzinpreise Folgendes:

Die Kosten für Kraftstoffe setzen sich wie folgt zusammen:

Produkteinstandspreis: Preis, zu dem die Ware importiert wird. Er richtet sich nach der Entwicklung auf den internationalen Ölmärkten.

Deckungskosten: Sie entfallen auf die Mineralölkonzerne. Die Summe deckt die Kosten der Konzerne und ihren Gewinn ab. Darin enthalten ist auch der Anteil für den gesetzlichen Bevorratungsverband von rund einem halben Cent. Falls es eine Krise gibt, sichert er einen Ölvorrat, der 90 Tage reichen soll.

Energiesteuer (früher „Mineralölsteuer“): Die Höhe der Energiesteuer unterscheidet sich nach den Kraftstoffarten. Die umweltverträglichen Energieträger (z.B. Gaskraftstoffe) besteuert der Staat am geringsten.

  • Erdgas (CNG, LNG): rd. 19 Cent/kg
  • Flüssiggas (Autogas): rd. 23 Cent/kg (entspricht rd. 12 Cent/Liter)
  • Diesel: 47,04 Cent/Liter
  • Benzin: 65,45 Cent/Liter

Mehrwertsteuer: 19 Prozent. Sie wird erhoben auf den Warenpreis und die Energiesteuer.

Eine ähnlich aufgebaute Erklärung für Österreich bietet der ÖAMTC auf seiner Webseite. In Form eines Schaubildes wird dort erklärt, wie sich der Preis in Österreich zusammensetzt (Rohöl, Produktion, Vertrieb, Gewinnaufschlag, Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer).

Eine CO2-Steuer würde den Betrag zwar am Ende dann tatsächlich erhöhen, doch an dieser Stelle müssen wir einen wichtigen Schnitt machen, denn die starke Vereinfachung des Sharepics baut einen unfairen Vergleich auf.

Genauer hingeschaut: Ist Saudi Arabien wirklich günstig?

Bis hier hin gibt es an dem Sharepic lediglich wenig auszusetzen, und das macht es so verlockend. Doch das Sharepic informiert bewusst tendenziös. Der vermeintlich günstig klingende Benzinpreis in Saudi Arabien hat auch eine Geschichte und sucht ihre eigene Vergleichsbasis.

Saudi Arabien hat eine immense Verteuerung auf den Benzinpreis erfahren. Was für uns noch günstig aussieht bedeutete Anfang 2018 eine Teuerung von 80%. Man liest dazu beispielsweise bei Die Presse:

Saudi-Arabien hat die Benzinpreise zum neuen Jahr um mehr als 80 Prozent erhöht. Der Schritt solle helfen, den schnell wachsenden Konsum von Energieprodukten im Königreich zu reduzieren, berichtete die staatliche Saudische Nachrichtenagentur SPA.

Daran kann man erkennen, dass auch Saudi Arabien mit gewissen Problemen zu kämpfen hat. Aber gleichzeitig nutzt das Sharepic auch eine gewisse Taktik.

Maximaler Kontrast

Das Sharepic konstruiert einen punktuellen maximalen Kontrast auf. Das heißt: Es wurde bewusst ein Land genommen, in dem der Preis für Benzin niedrig ist, um die Aussage zu transportieren. Man hätte das Sharepic sogar noch drastischer gestalten können, wenn man einen Blick nach Venezuela geworfen hätte, denn dort ist der Benzinpreis quasi am Boden (0,001 € pro Liter). Der niedrige Preis in Venezuela ist jedoch nicht Thema dieses Artikels und auch schon länger bekannt (vergleiche hier und hier).

Dennoch zeigt sich an dieser Stelle, dass Saudi Arabien als Vergleichsland hinkt. Alleine schon daher, weil es sich um ein erdölförderndes Land handelt (so wie auch Venezuela), was Deutschland oder Österreich primär nicht sind. Um eine Vergleichsbasis zu errichten, sollte man Staaten mit einer vergleichbaren Ausgangslage anschauen. Hierzu empfiehlt sich beispielsweise ein Blick auf die europäischen Staaten.

Der ADAC bietet dazu eine Übersicht, die regelmäßig aktualisiert wird. Darin erkennt man (Stand Dezember 2019), dass die Benzinpreise in Europa zwischen 1,15 € (Polen) und 1,77 € (Niederlande) liegen.

Übersicht ADAC.de
Übersicht ADAC.de

Deutschland liegt dabei mit 1,44 € im Mittelfeld, der Diesel aufgrund der Subventionen sogar verhältnismäßig niedrig. Österreich liegt in dieser Darstellung mit 1,24 € pro Liter Benzin sogar im Vergleich recht günstig, gleiches gilt für den Dieselpreis.

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Faktencheck: Benzinpreis wird 0,60 € und der Dieselpreis 0,45 € betragen. Mehr HIER.

 

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