Die Schlagzeilen über eine KiTa in Erfurt waren hart: „Kita schafft Fasching ab“ oder „Kindergarten lässt Karneval ausfallen“. Doch diese Titel reflektieren einseitig.

Das Wichtigste über den Fasching an einer KiTa in Erfurt in Kürze:

  • KiTa feiert nicht an Rosenmontag
  • Es gab eine Veranstaltung im Vorfeld
  • Schlagzeilenberichterstattung führt zu Aggressionen gegenüber Beteiligten

Bei diesem Thema reicht es nicht, einfach nur Schlagzeilen zu konsumieren, da die Schlagzeilen das Bild der Situation zu kurz darstellen. Denn wir haben hier ein Dilemma vorliegen, welches sich über die Laschyk´sche These beschreiben lässt:

Du willst einen journalistischen Artikel schreiben? Suche dir zwei Sachen aus, auf eine Dritte musst du verzichten:

  • Nicht zu lang
  • Leicht verständlich
  • Inhaltlich korrekt

Die Titel verkürzen das Thema so sehr, dass es inhaltlich tendenziös dargestellt wird. Aber schauen wir uns die Situation der Lage ganz genau an. Was ist da in Erfurt an der KiTa „Campus Kinderland“ geschehen?

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Die Ausgangslage

Tatsächlich gibt es die Bitte, am Rosenmontag die Kinder nicht verkleidet zur KiTa zu bringen, da an diesem Tag dort kein Fasching gefeiert wird. Das geht auch so aus einem Elternbrief hervor. Die besagte Stelle in dem Elternbrief lautet:

Dem Team der Einrichtung ist ein kultursensibler Umgang miteinander ein großes Anliegen. Deswegen haben wir den Beschluss getroffen, dass im Campus-Kinderland ausschließlich am 17.01.2020 Fasching gefeiert wird.

Bitte verkleiden Sie ihr Kind am Rosenmontag (24.02.2020) und Faschingsdienstag (25.02.2020) nicht, sondern nutzen Sie die Feierlichkeit im USV. Mitgebrachte Faschingskostüme bleiben an beiden Tagen im Fach des Kindes.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Diese Bitte führte dazu, dass sich ein Elternteil der KiTa an die Presse gewandt hat. Die daraus resultierenden Folgen waren eine teils einseitige Berichterstattung, die starke Tendenzen auf Skandalisierung und Schlagzeilen legte und unter Auslassungen litt.

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Fasching an der KiTa

Die Bitte, an Fasching nicht verkleidet zur KiTa zu kommen, darf natürlich kontrovers diskutiert werden. Grundsätzlich darf alles diskutiert werden, solange es im fairen und sachkenntisvorherrschenden Rahmen geschieht.

Was an der KiTa geschehen ist und was dem Elternbrief zu entnehmen ist, jedoch in Medien teilweise gar nicht angemerkt wird: Die KiTa feiert Karneval in Form eines „Winter-Wonderland“- Kostümsportfests. Was an dieser Stelle durchaus wieder diskutiert werden darf, ist der Termin, da die Feierlichkeiten bereits Mitte Januar stattfanden.

Grundsätzlich im Karneval jedoch kein Problem, da die närrische Zeit bereits am 11.11. um 11 Uhr 11 beginnt und bis Aschermittwoch andauert, liegt jedoch das gefeierte Karnevalsfest der KiTa terminlich über 4 Wochen entfernt von Rosenmontag.

Dennoch handelte es sich um das Fest der KiTa zu Fasching, welches sowohl im Elternbrief deutlich vermerkt ist, aber auch in den Vorankündigungen deutlich so genannt wurde. Man liest zu diesen Feierlichkeiten:

Welches Kostüm werdet Ihr tragen? Pirat, Pippi Langstrumpf, Spiderman oder kommt Ihr, getreu dem Motto, als Schneemann oder Eiskönigin? ….wir sind ja sowas von gespannt. Unser USV-Team und das Team der Kita „Campus-Kinderland“ haben sich schon festgelegt – verraten wird natürlich noch nichts

Wir freuen uns auf Euch. Der Überraschungsgast kommt schon 16 Uhr zu uns – wer früh erscheint, bekommt die besten Plätze.

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Dieses Fest fand auch wie geplant am 17. Januar 2020 statt und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erschienen karnevalstypisch verkleidet. Ob Pappnase, Superhelden oder Prinzessinnen, alle waren vertreten. Bilder dieses Kostümfests findet man auf Facebook auf der Seite des Universitätssportvereins Erfurt e.V. (hier).

Interessant an dieser Stelle: Wir haben es hier nicht mit einem Novum zu tun. Auch das lässt die Schlagzeilenberichterstattung völlig aus, dass es sich um eine seit Jahren übliche Handlungsweise der KiTa handelt und diese Feier seit circa zehn Jahren mit dem Unisportverein zusammen organisiert wird. Warum ausgerechnet in diesem Jahr die KiTa ins Kreuzfeuer der Medien gedrückt wird, dürfte spannend zu hinterfragen sein.

Die Nachwirkungen

Die Schlagzeilen, sowie die teilweise tendenziöse Berichterstattung über ein Faschingsverbot oder eine Abschaffung des Karnevals haben der KiTa viel Aufsehen beschert. Nach also nun ca. 10 Jahren, in denen diese Feierlichkeiten so praktiziert werden, rückt die KiTa in die Kritik. Eine Kritik, die nicht aus Gesprächen mit den Verantwortlichen vor Ort stammt, sondern aufgrund einer Schlagzeilenberichterstattung entstanden ist.

Hierzu sah sich nun die KiTa „Campus Kinderland“ in der Situation, eine Stellungnahme zu veröffentlichen. Darin beruft man sich nochmals darauf, dass es bereits Feierlichkeiten gab und entsprechend eine weitere Feier am Rosenmontag oder Faschingsdienstag deshalb nicht in der Kita vorgesehen ist (vergleiche HIER). Die KiTa verweist in ihrer Stellungnahme auch auf ihr pädagogisches Konzept.

Eine negative Entwicklung, deren Anstoß durchaus die Schlagzeilenberichterstattung haben dürfte, sind nun die Anfeindungen gegenüber den Mitarbeitern der KiTa und Angehörigen des Studierendenwerks Thüringen. Wir haben hierzu Kontakt zu einem Beteiligten, der uns gegenüber geschildert hat, dass dem Team der KiTa massiv gedroht wird und auch Fotos und Namen der Mitarbeiter zwecks weiterer Drohungen in verschiedenen Kreisen verteilt werden. Ferner sind auch Eltern mittlerweile stark verunsichert.

Und genau das darf eine Schlagzeilenberichterstattung am Ende eben nicht auslösen. Grundsätzlich darf man diskutieren, inwiefern es sinnvoll ist, eine Kostümfeier einen Monat vor Rosenmontag zu legen. Das Problem: Es hat in den letzten Jahren auch niemanden gestört. Vor allem, wenn man sich vor Augen hält, dass dieses Kostümfest bereits seit ca. 10 Jahren in diesem Umfang gefeiert wird (also Jahre, bevor überhaupt in Deutschland über Flüchtlinge, Islamisierung oder einem Traditionsverlust öffentlich diskutiert wurde).

Fasching und KiTa „Campus-Kinderland“

Am Ende bleibt: Nein, die KiTa schafft Fasching nicht ab. Es gibt auch kein Verbot, sondern eine Bitte. Nach angaben der KiTa können sich die Kinder das ganze Jahr über gerne verkleiden und zudem gab es verifizierbar am 17. Januar 2020 ein Kostümfest im Sinne des Karnevals, welches von der KiTa mitorganisiert wurde.

Und für alle anderen, die am Rosenmontag noch feiern: Verbrauchertipps: Schmink- und Kostümtipps zu Karneval

Artikelbild Symbolfoto Fasching: Shutterstock / Von VCoscaron

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