Ein Zitat des Rechtsmediziners Professor Klaus Püschel wird aktuell aus dem Kontext gerissen und zugespitzt dargestellt.

Angebliches Zitat von Klaus Püschel: „Es ist nie ein gesunder Mensch an Sars-Cov-2 gestorben …“

Das Zitat wurde aus dem Kontext gerissen und zugespitzt dargestellt.
Die Aussage bezieht sich auf die Stadt Hamburg.

Aktuell erhalten wir eine Menge Anfragen zu einem angeblichen Zitat des Rechtsmediziners Professor Klaus Püschel. Es geht dabei um folgende Sharepics, die sich vor allem auf Facebook verbreiten:

„Es ist nie ein gesunder Mensch an Sars-Cov-2 gestorben. Alle Verstorbenen litten zuvor an schweren inneren Erkrankungen.“

Der Faktencheck

Den Faktencheckern von Correctiv zufolge, wurde die Aussage aus dem Kontext gerissen und zugespitzt dargestellt.

Als Quelle wird immer wieder ein Artikel aus dem Hamburger Abendblatt verlinkt. Das Zitat des Rechtsmediziners, der am Hamburger Institut für Rechtsmedizin tätigt ist, stammt nicht wörtlich aus dem Artikel. Püschel hat nicht gesagt, dass „nie“ ein gesunder Mensch an Covid-19 gestorben sei.

Er spricht über die bislang in Hamburg aufgetretenen Todesfälle im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 und dass alle Verstorbenen, die die Rechtsmedizin in Hamburg untersucht habe, „an zuvor bestehenden schwerwiegenden inneren Erkrankungen litten. Zumindest hier in Hamburg sind keineswegs zuvor völlig gesunde Personen betroffen gewesen.“

Diese Aussage ähnelt zwar dem Zitat, ist aber nicht gleich. Das Wort „nie“ und der fehlende Bezug zu Hamburg erweckt den Eindruck, Püschel habe die Aussage über Covid-19-Todesfälle in ganz Deutschland oder gar weltweit getroffen.

„Das im unten genannten Facebook-Post Herrn Prof. Dr. Klaus Püschel zugeschriebene Zitat ist von Herrn Prof. Püschel weder geäußert noch autorisiert worden“,

so eine Sprecherin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf gegenüber Correctiv.

Ansichten decken sich nur teilweise mit Aussagen des RKI

Dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge, gehören ältere Menschen und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen sowie Raucher zu den Risikogruppen für einen schweren Verlauf von Covid-19. Dennoch: „Schwere Verläufe können auch bei Personen ohne bekannte Vorerkrankungen auftreten und werden auch bei jüngeren Patienten beobachtet.“

Anhand von Daten aus China wird in einem epidemiologischen Bulletin des RKI von April 2020 auf Seite 7 erklärt, dass auch jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen an Covid-19 gestorben sind. Der Vergleichsstudie von 462 Fällen mit schwerem Verlauf in China hatten demnach 18 Personen keine Vorerkrankungen und vier von ihnen verstarben an Covid-19.

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In einem Interview bei Markus Lang, ab Minute 30:40, berichtet Püschel, dass er auch bei Menschen unter 60, die positiv auf Covid-19 getestet wurden, zum Teil schwere Vorerkrankungen gefunden habe, obwohl diese den Verstorbenen vorher nicht bekannt gewesen seien.

Eine Vorerkrankung bedeutet aber nicht automatisch, dass der Mensch nicht an Covid-19 verstorben ist.

Stadt Hamburg weist Todeszahlen etwas anders aus als das RKI

Um das Thema, wie Covid-19-Todesfälle eigentlich gezählt werden, wird aktuell viel diskutiert. (siehe hier und hier)

Als Corona-Todesfall zählt laut RKI jemand, bei dem eine Corona-Infektion nachgewiesen wurde. (siehe hierzu auch dieses Video, ab Minute 17:40) In der Stadt Hamburg werden alle Covid-19-Todesfälle obduziert. Im Hamburger Lagebericht vom 14. April 2020 heißt es:

„In Hamburg werden alle Todesfälle mit Corona-Infektion durch das Institut für Rechtsmedizin begutachtet. Dadurch wird medizinisch differenziert nachgewiesen, welche nicht nur mit, sondern ursächlich durch eine COVID-19-Erkrankung gestorben sind.“

Fazit:

Die Aussagen des Rechtsmediziners Klaus Püschel wurden aus dem Kontext gerissen und zugespitzt dargestellt. Zudem beziehen sich die Aussagen auf die Lage in Hamburg und nicht auf ganz Deutschland oder weltweit, wie es dadurch den Anschein erweckt.

Zudem werden die Corona-Todesfälle in Hamburg etwas anders ausgewiesen, als beim RKI.

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