Der Vorwurf, dass Deutschland in der aktuellen Hochwasser-Katastrophe allein und ohne Hilfe da steht, wird in sozialen Medien vermehrt geteilt.

Dazu wird ein Sharepic verbreitet. In diesem geht es darum, dass Deutschland oftmals helfend einspringt, aber scheinbar nichts zurückbekommt.

Um dieses Sharepic handelt es sich:

Screenshot Facebook Sharepic
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„Kaum gibt es irgendwo auf dieser Erde eine Katastrophe schreit Deutschland gleich „WIR HELFEN!“ und stellt hunderte von Millionen €uro zur Verfügung. Jetzt hat es Deutschland mit Hochwasser erwischt. Das Ausmaß ist noch nicht bekannt.
Hat etwa irgend ein Land Hilfe angeboten?
Nicht einmal die Länder der EU!
Das sollte uns mal zum Nachdenken bringen. Die Hilfsgelder sollten besser irgendwo gebunkert werden um im Bedarfsfall dem eigenen Volk zu helfen.“

Anschließend wird man aufgefordert, den Text zu teilen, falls man derselben Meinung ist.

Hilfsangebote

Mitglieder unseres Rechercheteams, die zum Teil selbst betroffen sind, haben auf Facebook einige Hilfsangebote gefunden. Hier zwei Beispiele für Hilfsangebote von Erftstadt-Partnerstädten.

England, Wokingham Town:

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UNTERSTÜTZUNG FÜR ERFTSTADT
Wir wissen, dass eine Reihe unserer Einwohner im Laufe der Jahre Freundschaften mit den Menschen in Erftstadt geschlossen haben, da Wokingham seit 1977 eine Städtepartnerschaft mit dieser Stadt unterhält. Die Town Twinning Association steht mit vielen dort in regelmäßigem Kontakt und wir wissen, dass durch persönliche, schulische oder sportliche Austauschbesuche Bekanntschaften entstanden sind.
Vor diesem Hintergrund haben sich einige von Ihnen freundlicherweise mit uns in Verbindung gesetzt, um uns ihre Besorgnis mitzuteilen und sich verständlicherweise zu erkundigen, ob wir als Stadt etwas tun können, um zu helfen.
Dankenswerterweise wissen wir, dass Soforthilfe und Versorgung vorhanden sind. Es ist jedoch klar, dass es auch in Zukunft noch viel Arbeit geben wird, und die Stadt Erftstadt hat Informationen darüber weitergegeben, wie man spenden kann.
Wenn Sie spenden möchten, besuchen Sie bitte uk.gofundme.com/f/all-for-erftstadt
Spenden können auf Wunsch auch anonym erfolgen, aber wir möchten Sie bitten, in Ihrer Nachricht anzugeben, dass Sie ein Einwohner von Wokingham sind, damit dies erkannt werden kann.
Unser Bürgermeister, Cllr Tony Lack sagt:
„Ich weiß, dass sich viele von Ihnen verzweifelt fragen, was wir tun können, um zu helfen, und ich freue mich, dass wir diese Informationen nun mit Ihnen teilen können. Es hat mich sehr berührt, wie sich unsere Gemeinde in dieser Angelegenheit an andere gewandt hat; ich danke allen, die sich gemeldet haben, um ihre Besorgnis zu zeigen, und denen, die die Betroffenen in ihre Gebete der Hoffnung einschließen.“

Frankreich, Viry-Châtillon:

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„Unsere Partnerstadt Erftstadt wurde, wie viele Städte in Deutschland, von Unwettern und Überschwemmungen schwer getroffen.
Nach einem Austausch zwischen den Bürgermeistern unserer beiden Städte, Carolin Weitzel und Jean-Marie Vilain, wird die Stadt Viry-Chatillon bei einer bevorstehenden Sondersitzung des Stadtrats über einen Zuschuss zur Unterstützung unserer deutschen Freunde abstimmen.
Der Verein Ré’acteurs hat in Zusammenarbeit mit dem Rathaus beschlossen, den Bürgern von Castelviès die Möglichkeit zu geben, ihre Solidarität mit Erftstadt zu zeigen, indem sie eine für alle zugängliche Kasse eröffnen, damit jeder seine Unterstützung für unsere Freunde in der Katastrophe zeigen kann.
Alle Spenden und der Sonderzuschuss werden zügig an die Stadt Erftstadt weitergeleitet, die sie für ihre am stärksten betroffenen Einwohner optimal einsetzen wird.
Wir haben auch einen Gedanken an unsere belgischen Freunde, die ebenfalls schwer getroffen wurden.“

EU-Solidaritätsfonds

Abgesehen von diesen bemerkenswerten Hilfsangeboten ist von der EU für derartige Katastrophen der EU-Solidaritätsfonds eingerichtet worden. Anlass dazu gaben die Überschwemmungen im Sommer 2002 in Mitteleuropa.

Seither konnte der Fonds in rund 80 Katastrophenfällen unterstützen, darunter beispielsweise bei Überschwemmungen, Waldbränden, Erdbeben, aber auch Stürmen und Dürren.

Die EU veröffentlichte eine Liste über die bisher gewährten Unterstützungsgelder aus dem Fonds. Zwischen 2002 und 2019 erhielten demnach insgesamt 24 verschiedene europäische Länder über 5 Milliarden Euro finanzielle Hilfe bei Naturkatastrophen. Diese Auflistung findet man HIER (Stand November 2019).

Deutschland erhielt demnach bisher rund 1 Milliarde an finanzieller Unterstützung aus eben diesem Solidaritätsfonds der EU. Die Anlassfälle dazu waren drei Hochwasser (2002, 2013, 2016) und der Sturm Kyrill (2007).

EU-Hilfe für Deutschland muss erst beantragt werden

Belgien hat bereits Unterstützung von der EU angefordert. Deutschland hat bisher laut BR24 noch keine Hilfen der EU beantragt. Dass dies jedoch vorgesehen ist, berichtet das Handelsblatt:

„Zusätzlich zu eigenen Geldern will die Bundesregierung auch bei der Europäischen Union um Finanzhilfe nachsuchen. Dafür sollen Mittel aus dem EU-Solidaritätsfonds beantragt werden, der für solche Katastrophenlagen gedacht ist.“

Nach einem Antrag wird dieser von der EU-Kommission geprüft, woraufhin diese dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat eine Summe vorschlägt. Beide Gremien müssen dieser Summe zustimmen, damit diese zur Auszahlung kommt. Es ist also durchaus ein bürokratischer Weg.

Dass die EU Deutschland in Katastrophenfällen nicht unterstützen würde, ist jedenfalls falsch.

Das könnte dich auch interessieren: Systemversagen der Rettungskräfte vor Ort? Müssen sich Helfer privat organisieren und von weit anreisen, um im Katastrophengebiet auf eigene Faust Hilfe zu leisten? Genau dieses Bild vom Katastrophenschutz wird häufig auf Social Media vermittelt. Doch was steckt dahinter? Wir erkennen eine perfide Kommunikationsstrategie!

Aktuell bemerken wir, dass an vielen Ecken und Enden auf Social Media bewusst die Arbeit von Polizei, Rettungskräften und des THW schlechtgeredet und auch kleingeredet wird. Den KatS-Kräften (Katastrophenschutzkräften) wird einerseits Versagen vorgeworfen, andererseits wird teilweise behauptet, dass sie gar nicht da sind oder sogar bereits abgezogen werden. (Weiterlesen bei mimikamaplus)

Quellen: BR24, Handelsblatt, EU – Solidaritätsfonds


Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
2) Einzelne Beiträge entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)


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