Ich lebe noch! Es gab keine LKW-Blockade in Wien. Doch am Samstagabend habe ich den Franzl im Gasthaus getroffen. Er war von was anderem überzeugt.

Ich treffe ihn immer wieder im Gasthaus. Franzl sitzt dort häufiger, trinkt seinen Spritzwein, und erzählt allerlei Geschichten aus seinem Leben. Am Samstag hat er auch wieder eine Geschichte erzählt. Nein, er hat von seiner Einkaufstour berichtet.

Franzl war nämlich am Samstag in allen möglichen Supermärkten. Beim Spar, beim Billa, beim Penny, Hofer und überall (auch beim Merkur, wie er immer so schön sagt). Er hat eingekauft, er hat sich eingedeckt.

Er hat haltbare Lebensmittel gekauft. Er hat Toilettenpapier gekauft. Er hat sogar für seinen Hund mehr als genug Trockenfutter gekauft, damit dieser in den nächsten Wochen genug zu essen hat. „Warum hast du so viel gekauft, Franzl?“ Frage ich ihn. „Ja wegen der Blockade!“, antwortet Franzl.

Blockade? Da war doch was. „Sag mal, Franzl, du meinst jetzt nicht dieses komische Bild mit der Aufschrift, dass die LKW-Fahrer Wien blockieren werden, oder?“ Franzl holt sein Smartphone raus. Er öffnet eine Message von seinem Cousin aus Kärnten auf. „Schau, hier steht es!“

LKW-Fahrer machen dicht. Nicht!

Ja, da steht es. Franzl zeigt mir exakt das Bild, über dass ich letzten Freitag noch geschrieben habe. Es geht um ein Foto mit der Aussage, dass die LKW-Fahrer aus Frust Wien dichtmachen wollten und wir uns vorher mit Lebensmitteln eindecken sollen.

Foto dient zur näheren Erklärung des Themas im Kontext "zehntägiger Krieg"
Foto dient zur näheren Erklärung des Themas im Kontext „zehntägiger Krieg“

Franzl hat das wirklich geglaubt. Franzl war in Ansätzen überzeugt davon, dass wir in den nächsten Tagen Engpässe erleben werden. Ich verstehe ihn in gewisser Weise. Natürlich hat er Angst. Natürlich weiß er nicht mit diesem Bildchen umzugehen. Er sieht nur, dass es den Aufruf gibt und sieht sich betroffen. Betroffen, da die Auswirkungen für ihn spürbar sein könnten. Für ihn und seinen kleinen Hund. Das möchte er natürlich vermeiden.

Dass solche Bilder genau so ein Verhalten erreichen wollen, konnte Franzl nicht ahnen. Das Foto selbst wurde übrigens schon in einem portugiesischen Onlinebeitrag vom 15. Okt. 2019 verwendet. Ging hier offenbar um die Einigung zwischen LKW-Fahrer / der (Transport-) Gewerkschaft mit dem Arbeitgeberverband (vergleiche). Aber solche Bilder schaffen es immer wieder. Sie verunsichern Menschen, sie treiben einen Keil in die Gesellschaft. Sie erschaffen eine Radikalisierung, und das auf verschiedenen Ebenen. Und das nervt mich.

Natürlich gab es keine Blockade durch LKW-Fahrer. Und ich habe auch das letzte Wochenende überlebt. Ganz Wien hat es überlebt. Es gab nicht ansatzweise einen LKW, der irgendeine Autobahnspur aus politischen Gründen blockiert hat. Es gab lediglich im Vorfeld diese  Social-Media-Bildchen, die viele Menschen verunsichert haben.

Und es gibt so viele Menschen, die einfach mittlerweile nicht mehr wissen, was sie überhaupt noch glauben können. Und genau da hat die Desinformation geschafft, was sie erreichen wollte. Verunsicherung und Angst.


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Hinweis: Bei Franzl handelt es sich um eine fiktive Person

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