Werbe-Service fordert einmalige Gebühr von rund 4.000 Euro

Bisher waren Verträge mit Partnervermittlungen nur schwer zu widerrufen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einem Urteil im Mai 2021 bestehende Widerrufsbedingungen jedoch als teilweise rechtswidrig eingestuft. Dies nahm sich die Vermittlungsagentur Werbe-Service offenbar zum Anlass, ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln.

Im Fall des Monats soll ein Verbraucher aus Niedersachsen nun nach Vertragsabschluss eine einmalige Gebühr von rund 4.000 Euro für die sofortige Übersendung von Partnerempfehlungen zahlen – die gesetzliche Regelung zum Widerrufsrecht umgeht die Agentur dreist.

Was ist passiert?

Ein Verbraucher reagiert auf eine nette Kontaktanzeige in einer Zeitung. Daraufhin klingelt die Partnervermittlung Werbe-Service an seiner Haustür. In dem Glauben, dass er Vertragsunterlagen für die Vermittlung zu dieser konkreten Person aus dem Zeitungsinserat unterschreibt, unterzeichnet er an der Haustür jedoch eine allgemeine Mitgliedschaft im Klientenkreis der Agentur. Für die sofortige Erarbeitung und Auswahl der potenziellen Partnerinnen berechnet Werbe-Service ihm eine einmalige Gebühr von rund 4.000 Euro, die der Verbraucher bar vor Ort zahlt. Zudem bestätigt er schriftlich, dass er auf sein Recht zum Widerruf verzichtet. Noch am selben Tag des Vertragsabschlusses sendet die Agentur ihm zwölf Partnerempfehlungen.

Rechtliche Einordnung

„Es ist erschreckend, wie schnell Partnervermittlungen auf das BGH-Urteil vom Mai reagieren und nun neue Methoden finden, um die verbraucherfreundliche Rechtsprechung auszuhebeln“, so Ann-Katrin Fornika, Beraterin der Verbraucherzentrale Niedersachsen in Oldenburg. Vor dem Urteil liefen solche Verträge als Dauerschuldverhältnis meist über 24 Monate. Bei Widerruf darf nun nach neuer Rechtsprechung ein Wertersatz nur noch tageweise berechnet werden – und das ist für Partnervermittlungen mitunter nicht sehr gewinnbringend. „Das neue Geschäftsmodell von Werbe-Service ist fragwürdig und unseriös“, so Fornika. Dennoch meint sie, dass es für den Verbraucher schwierig wird, das Geld zurückzuerhalten. Auch wenn er sich durch das Haustürgeschäft bedrängt fühlte, hat der Verbraucher auf sein Widerrufsrecht verzichtet. Mit den empfangenen Partnerempfehlungen ist die Dienstleistung zudem bereits erbracht.

Tipps der Verbraucherzentrale

„Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich durch das klassische Haustürgeschäft nicht unter Druck setzen lassen und Verträge vor Unterzeichnung aufmerksam lesen“, sagt Fornika. Sie rät zudem, niemals sofort Zahlungen zu leisten und keinesfalls auf das Widerrufsrecht zu verzichten. Im vorliegenden Fall kann nur ein Gericht beurteilen, ob der Verbraucher sein Geld letztlich zurückerhält. Es gibt immer wieder Urteile zugunsten von Verbrauchern, die bei Haustürgeschäften zu Unterschriften und Entscheidungen gedrängt wurden.

Bei Fragen zum Vertragsrecht hilft die kostenfreie Kurzberatung der Verbraucherzentrale Niedersachsen – vor Ort, telefonisch oder per Video.

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