Es kursiert die Behauptung, dass COVID-19 die erste Krankheit sei, an der auch Geimpfte erkranken könne. Dem ist aber nicht so!

Sowohl in Textform, als auch als Sharepic wird immer wieder argumentiert, dass COVID-19 nicht nur eine Krankheit sei, die man „nicht hat“, sondern dass sie auch die erste Krankheit in der Medizingeschichte sei, an der auch Geimpfte erkranken könnten.
Anscheinend haben sich allerdings Verbreiter jener Behauptung noch nie mit der Medizingeschichte beschäftigt, denn asymptomatische Erkrankungen und Impfdurchbrüche sind keine neuen Phänomene.

Die Behauptung

Hier die immer wieder kursierende Behauptung als Text und als Sharepic:

Die Behauptung über asymptomische Erkrankung und Impfdurchbrüche
Die Behauptung über asymptomatische Erkrankung und Impfdurchbrüche

Die Behauptung im Wortlaut:

„Zum ersten Mal in der Geschichte kann man eine Krankheit, die man nicht hat, an Menschen übertragen, die dagegen geimpft sind“

Im Prinzip stecken zwei Behauptungen in dem Satz:

  1. COVID-19 sei die erste Krankheit, die man nicht hat (symptomlos)
  2. COVID-19 sei die erste Krankheit, an der auch Geimpfte erkranken können

Asymptomatische Erkrankungen sind nicht neu

Unterschieden wird zwischen symptomatisch (Person ist erkrankt und hat Symptome), asymptomatisch (Person ist erkrankt, hat keine Symptome und bekommt auch später keine) und präsymptomatisch (Person ist erkrankt und hat noch keine Symptome).

Bei COVID-19 kann es sehr individuell zu einer der drei Erkrankungen kommen, wobei die asymptomische Übertragung laut dem RKI eher untypisch ist, zumindest leichte Symptome, die später auch zu schweren Symptomen werden können, zeigen sich so gut wie immer.

Insofern ist die Behauptung „die erste Krankheit, die man nicht hat“ irreführend: Es gibt Fälle, in denen Menschen an COVID-19 erkranken und gar keine Symptome bekommen, diese sind jedoch nicht typisch.

Auch ist COVID-19 nicht die erste Krankheit, die ohne jegliche Symptome verlaufen kann.
Das beste Beispiel ist die Grippe (Influenza): Laut einer Studie aus England verlaufen bis zu 75 Prozent aller Influenza-Erkrankungen ohne Symptome, tragen aber trotzdem erheblich zum Infektionsgeschehen bei.

Auch eine HIV-Erkrankung verläuft oftmals einige Monate bis zu 10 Jahre ohne jegliche Symptome, was mit ein Grund ist, warum die Zahl der Infektionen nicht sonderlich sinkt: Das RKI geht davon aus, dass alleine in Deutschland ca. 15.000 Menschen mit HIV infiziert sind, ohne es zu wissen.

Als drittes Beispiel seien auch noch die Respiratorischen Synzytial-Viren (RSV) genannt, welche Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter und einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern, auslösen. Besonders tückisch ist, dass eine RSV-Infektion bei Jugendlichen und Erwachsenen symptomlos oder nur mit leichten Symptomen verläuft und dadurch Frühgeborene und Kleinkinder leicht infiziert werden, bei denen die Krankheit schwerer verläuft.
COVID-19 ist also beileibe nicht die erste Erkrankung, die asymptomatisch verlaufen kann.

Impfdurchbrüche sind ebenfalls nicht neu

Impfungen bieten keinen hundertprozentigen Schutz, das war auch noch nie der Fall. Ein sogenannter Impfdurchbruch bei COVID-19 liegt vor, wenn bei einer vollständig geimpften Person eine PCR-bestätigte SARS-CoV-2 Infektion mit Symptomatik festgestellt wird.

Nicht als Impfdurchbruch zählt hingegen, wenn eine vollständig geimpfte Person zwar laut einem PCR-Test infiziert ist, aber keine Symptome zeigt – was bei Geimpften weitaus häufiger vorkommt. Deswegen wird ja auch geimpft: Eine Infektion ist nicht nur kürzer, sondern weitaus weniger gefährlich.

Auch bei vielen, anderen Erkrankungen kann es zu Impfdurchbrüchen kommen.
Bei Masern kommt es laut dem RKI durch das Ausbleiben der Immunantwort(z.B. durch falsche Lagerung des Impfstoffs) oder durch einen niedrigen Antikörperspiegel zu Impfdurchbrüchen kommen, welche jedoch eher selten sind und auch schwer erkannt werden, da der Krankheitsverlauf zumeist nur sehr milde verläuft.

Keuchhusten ist ebenfalls eine Krankheit, die trotz vollständiger Impfung auftreten kann, was 2016 zu einer Diskussion über die Wirksamkeit des Impfstoffs führte, da 22 Prozent der vollständig geimpften Kinder in einem Kindergarten erkrankten, der Impfschutz wurde auf nur 45 Prozent geschätzt.

Als drittes Beispiel sind da auch noch Windpocken, bei denen es ebenfalls zu Impfdurchbrüchen kommen kann, welche aber nicht nur selten sind, sondern auch milder verlaufen und ein geringeres Komplikationsrisiko haben.

Dies sind nur drei von vielen Krankheiten, die trotz vollständiger Impfung auftreten können, der Krankheitsverlauf ist jedoch durch die Impfungen zumeist sehr milde.

Fazit

COVID-19 ist nicht die erste Krankheit, die symptomlos verlaufen kann und bei der es zu Impfdurchbrüchen kommt. Im Gegenteil wird es zu noch mehr Impfdurchbrüchen kommen, was aber mathematisch vollkommen normal ist: Je mehr Leute geimpft sind, umso häufiger werden auch Impfdurchbrüche geschehen.

Um es mal deutlicher zu machen: Je mehr Leute den Sicherheitsgurt beim Fahren anlegen, umso mehr Leute werden trotz Gurt bei Unfällen schwer verletzt. Das bedeutet aber nicht, dass Sicherheitsgurte nichts bringen.

Die Behauptung ist somit faktisch falsch.


Weitere Quellen: APA, AFP, Bundesministerium für Gesundheit
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