2014 wurde die größte christliche Stadt im Irak erobert. Im Jahre 2017 überfluten Kettenbriefe mit Bezug zu diesem Ereignis Posteingänge verschiedener Social Media Plattformen.

Wir erhielten mehrere Anfragen zu einer Nachricht, in welcher Papst Franziskus zu einer weltweiten Gedenkminute aufruft:

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Nachricht im Klartext:

Folgende Meldung wird zur Zeit als Kettennachricht über Whatsapp verschickt. Ist zwar kein betrug, aber dennoch inkorrekt.

Papst Franziskus ruft für heute Abend um 21:00 Uhr alle in der ganzen Welt, egal wo sie sind, ob Glaubende oder Angehörige anderer Religionen für einen Moment der Meditation oder Gebet für den Frieden in Syrien und dem Rest der Welt. Die ganze Welt sei an diesem Abend verbunden im Gebet für den Frieden.
Dieser plötzliche Aufruf des Papstes hat einen konkreten Hintergrund: Die radikal-islamistische Gruppe Quarangosh hat die größte irakische christliche Stadt erobert. Dort gibt es Hunderte von christlichen Männern, Frauen und Kindern, die jetzt befürchten müssen, von den Islamisten enthauptet zu werden. Halten wir um 21:00 Uhr inne, machen wir uns eins mit Papst Franziskus und allen in der Welt und beten wir für den Frieden.
Übergeben wir diese Nachricht rasch weiter an alle, die wir kennen und über Internet rasch erreichen können!

Es handelt sich um einen nicht aktuellen Kettenbrief.

Es stimmt, dass dieser Kettenbrief kein Betrug an sich ist, doch hier werden alte Informationen im neuen Kleid losgeschickt.

CNN berichtete zwischen dem 7. und 9. August 2014 von der Einnahme der größten christlichen Stadt im Irak.

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Ein ausführlicher Bericht in englischer Sprache ist auf der Webseite von CNN zu finden:

ISIS overtakes Iraq’s largest Christian city

Frederico Lombardi, ein Sprecher des Papstes Franziskus, sagte damals, dass der Papst sehr betroffen über die Vorkommnisse wäre und ein Gebet für die Menschen sprach:

„Christian communities are particularly affected: a people fleeing from their villages because of the violence that rages in these days, wreaking havoc on the entire region. I know how much you suffer, I know that you are deprived of everything.“

“Besonders christliche Gemeinschaften sind betroffen: Menschen, die aus ihren Dörfern wegen der Gewalt, die diese Tage dort wütet, flüchten und verheerenden Schaden in der ganzen Region anrichtet. Ich weiß, wie sehr ihr leidet, ich weiß dass ihr in allem benachteiligt seid.”

Stille Post-Effekt

Die momentan kursierende Fassung des Kettenbriefs enthält auch Fehler.

Unter anderem handelt es bei dem Begriff Quarangosh um keine Gruppe, sondern um einen der Namen der assyrischen Stadt Bakhdida im Norden des Iraks.

Aktuell sind 2017 auch keine bedeutsamen Nachrichten bekannt, in denen ISIS erneut die größte christliche Stadt erobert hätte.

Dennoch werden diese Informationen momentan wieder in Umlauf gebracht. Auch die Webseite “Katholisch.de”, das Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland, berichtete über die aufgewärmte Kettennachricht. Hier lautet es:

Falscher Aufruf mit wahrem Kern

Entgegen der deutschen Fassung ist Quaragosh keine „radikal-islamische Gruppe“, sondern einer der Namen der assyrischen Stadt Bakhdida im Norden des Iraks. Das ursprünglich mehrheitlich von syrisch-katholischen und syrisch-orthodoxen Christen bewohnte Bakhdida wurde im August 2014 von der Terrormiliz „ISIS“ eingenommen, die christlichen Einwohner mussten fliehen. Im Oktober 2016 wurde die Stadt im Zuge der Großoffensive der irakischen Streitkräfte zur Rückeroberung Mossuls befreit. Am 30. Oktober wurde nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters der erste christliche Gottesdienst nach der Befreiung gefeiert.

Der angebliche Gebetsaufruf von Papst Franziskus beruht in diesem Fall daher auf falschen Informationen. Unabhängig von Falschmeldungen ruft die Kirche jedoch zum Gebet für verfolgte und bedrängte Christen auf. Die Kirche wolle den leidenden Mitchristen nahe sein, „mit unserer Zuneigung, unserem Gebet und auch unserem Weinen“, wie Papst Franziskus am Stephanstag am 26. Dezember betonte. Das Gebet für verfolgte Christen gehört regelmäßig zu den Gebetsanliegen des Heiligen Vaters, die regelmäßig vom Vatikan veröffentlicht werden. Auch die deutschen Bischöfe rufen zum Gebet für verfolgte und bedrängte Christen auf. (fxn)

Fazit:

ISIS hatte im Jahr 2014 die größte christliche Stadt des Irak eingenommen. Der Papst hat sein Bedauern darüber bekundet, jedoch ruft er im Jahre 2017 zu keiner weiteren Gebetsstunde im Bezug zu den Vorkommnissen 2014 auf. Es handelt sich um einen Kettenbrief mit veralteter Information, die zum Teil, vor allem in der deutschen Fassung noch dazu falsch sind (Quarangosh).

Quellen: CNN, Peter Pilt, Katholisch

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