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Auto und Individualverkehr: Was brauchst du, was nicht?

Ca. 15 % aller Autofahrenden fahren WENIGER als 13,7 km mit dem Auto am Tag. 28 % zwischen 13,7 und 27,1 km am Tag. 28 % der Fahrenden zwischen 27,1 und 41 km. Weniger als 30 % über 41 km am Tag.

Autor: Andre Wolf

Auto, Bild von Harald Dona auf Pixabay
Auto, Bild von Harald Dona auf Pixabay

Ein Blick auf eine Umfrage unter den Autofahrenden in Deutschland sollte uns dazu animieren, einmal auf den Bedarf motorisierter Individialautomobilität zu schauen. Was brachen wir, was brauchen wir nicht? Gedanken über das Auto in unserem Alltag.

Info: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar, der als Denkanstoß dient. Es handelt sich nicht um einen Faktencheck. Es handelt sich nicht um einen finalen Lösungsanspruch, sondern um eine Basis zur Diskussion.

Im Jahr 2021 gab es in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren rund fünf Millionen Personen, die pro Jahr mehr als 20.000 Kilometer mit ihrem PKW fuhren. Die größte Gruppe der Autofahrer (rund 14,44 Millionen) hat zwischen 5.001 und 10.000 Kilometer mit dem Pkw zurückgelegt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Werte leicht gestiegen.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/183003/umfrage/pkw-gefahrene-kilometer-pro-jahr/

Wir reden davon, dass nicht ganz die Hälfte (ca. 43%) der AUTOFAHRENDEN sich im Spektrum zwischen 0 und 27 km am Tag befindet. Das sind ca. 21 Mio. Menschen. Ca. 30 Mio. Menschen in DE fallen nicht in diese Statistik. Sie fahren kein Auto.  Wir reden also von 51 Mio. Menschen, also von rund 60 % der Menschen in Deutschland, die im Grunde keine bis recht kurze Wege mit dem Auto täglich zurücklegen.

Sicherlich sind die Durchschnittswerte aus der Statistik problematisch, da sie nichts über die tatsächliche Frequenz aussagen. Dennoch lohnt sich ein Impuls, da es eine große Gruppe von Menschen gibt, die in der Lage ist, den Individualverkehr zu reduzieren. Denn es soll nicht darum gehen, den Menschen, die Automobilität benötigen, das Auto zu nehmen. Das geht aufgrund der katastrophalen ländlichen ÖPNV-Infrastruktur auch gar nicht. Ebenso hat das Speckgürtel-Siedlungssystem viele Menschen vom Auto abhängig gemacht.

Fokussieren wir uns in erster Instanz daher auf die 60 %, die sehr wenig bis gar nicht fahren. Was benötigen diese, um auf in etwa 0 zu kommen? Abgesehen von der Disziplin, auch mal für 1 – 2 km den inneren Schweinehund zu überwinden, zunächst einmal Anreize und Erleichterungen.

Kurze Wege attraktiv für Geh- und Radverkehr gestalten!

Ich stelle mal eine These in den Raum: Niemand, die oder der gesundheitlich nicht eingeschränkt ist, benötigt für einfache Wege bis 2 km ein Auto. Auch nicht für einfache Einkäufe. Niemand, die oder der des Radfahrens mächtig ist, benötigt für einfache Wege bis 5 km ein Auto. Auch nicht für einfache Einkäufe!

Was wir benötigen, sind jedoch attraktive Wege zu unseren Zielen. Kaputte Gehsteige, unnötige Ampeln, die dem Autoverkehr Vorrang garantieren, absurde Verkehrsumleitungen für Fußgeher, stellen ein Problem dar. Ebenso für Radfahrende.

Ergo: Kurze Wege erleichtern. Das bedeutet, 60 % der Menschen (in DE) schon einmal den Zugang zu nicht-motoriserter Mobilität vereinfachen. Rad- und Fußwege hürdenfrei, gefahrlos und attraktiv gestalten.

Verkehrsregeln überarbeiten, neue Möglichkeiten in Betracht ziehen

Kommen wir zu einem sehr großen Problem, zu dem Argument „aber die bösen Radfahrer“. Ja, das stimmt. Radfahrende warten ungern an Ampeln, sie nutzen zum eigenen sicheren Vorankommen auf bei gefährlichen Straßen die Gehsteige und gefährden Fußgeher (was durchaus gefährlich ist!). Oder sie übertreten sonst wie Verkehrsregeln. Das Argument gilt jedoch nicht, da das ohnehin alle Verkehrsteilnehmenden machen. Wer im Auto fährt schon 30/50/70, wo es angeschrieben ist. Autos parken „nur mal kurz eben“ auf Geh- und Radwegen. Fußgeher überqueren auch Ampeln bei Rot. Spart euch also ALLE die Heuchelei. Egal, wer. Es geht und allen doch nur um uns selbst und unser eigenes Vorankommen, also belügt euch nicht!

Die größte Hürde für einen fließenden Rad- & Fußverkehr sind daher Verkehrsregeln, die für Autofahrende erstellt wurden. Daher gilt es, ein paar Visionen zu erarbeitet, in denen nicht-motorisierter Verkehr eine eigene native hürdenfreie Verkehrsführung bekommt. Wäre doch mal ein Ansatz. Es geht nur um die wenigen Fahrzeug-Kilometer am Tag, die wiederum eine sehr große Gruppe von Menschen betrifft

Auf ÖPNV setzen und endlich Geld in die Hand nehmen!

Ich bin dennoch ein sehr großer Anhänger von Dauertickets. Arbeiten wir daher bitte an der Preisgestaltung! Ein Dauerticket (Jahr/Monat/Saison etc.) muss am Ende so viel kosten, dass es auch einen „Wert besitzt“, aber wiederum so wenig, dass es erschwinglich ist. Es darf auch keine Flickenteppichlösung mit Ausnahmen sein. Es darf nicht kompliziert sein. Nix mit „Nein, das gilt für diesen Zug nicht“ oder „Nein, das ist ein anderer Verkehrsverbund“.

Liebes Deutschland, schau hier mal nach Österreich: Das Klimaticket ist so ein Beispiel. Wir zahlen knapp 1100 € (das ist ein WERT), können dieses Ticket aber überall nutzen. Wurscht, welches Fahrzeug. Hauptsache ÖPNV. Mein halber Bekanntenkreis hat mittlerweile so ein Ticket und es erweitert den Horizont.

Wir brauchen daher keine „klugen Köpfe“, die nach Problemen suchen, warum das nicht funktioniert (am Ende sind es daher Idioten), sondern kluge Köpfe, die exakt so eine Lösung entwickeln und auch bereits sind, Anfängerfehler zu begehen und stetig an der Verbesserung zu arbeiten.

Ein kurzer Aspekt, der auch aus der Eingangsstatistik zu sehen ist: Die Diskussion um Reichweiten bei E-Autos ist eine Nebelkerzen-Diskussion! Reichweiten mit mehreren hundert km für tägliche Fahrten sind irrelevant für 70% der Autofahrenden! Wir reden dann wiederum von Bedarfsfahrten. Wir können sicherlich über E-Fahrzeuge vorzüglich streiten, aber nicht über Reichweiten. Wer Reichweiten benötigt, kann ebenso visionär denken und vielleicht „den großen Diesel“ als Zweit- und Bedarfswagen haben. Einfach mal out of the box denken.

Impulse zum Verzicht aufs Auto!

Ja, es bleiben einige Millionen Menschen, die weiter auf das Auto angewiesen sind und täglich mehr als 27 km fahren. Müssen. Niemand soll dieser Gruppe das Auto und somit vielleicht die Lebensgrundlage nehmen (traurig, dass es so ist). Ich rede hier von all jenen, die das Machbare bisher nicht ausprobiert haben oder denen durch Ausbau von Infrastruktur & Attraktivität bisher die Lust an 0-Auto noch nicht erweckt wurde. 

Diese Gedanken sind daher keine ANKLAGE. Wer aus gesundheitlichen, körperlichen, existenziellen, familiären Gründen auf ein Auto angewiesen ist, soll es nicht entrissen bekommen. Aber wenn viele Menschen, die es durchaus schaffen, sich Gedanken machen, ist mein Ziel erreicht

Speziell der dicht besiedelte, urbane Raum ist davon angesprochen. Hier ist es wesentlich leichter möglich, diesen Schritt einzugehen. Es geht um die 40 % Autofahrender, die ohnehin kaum fahren und die eine Sparmöglichkeit haben können.

Was wir also wirklich brauchen: Visionen, die erarbeitet & umgesetzt werden. Mut, Disziplin und LUST am nicht-motorisierten Fortbewegen. Ich mag nicht mehr hören, warum etwas nicht funktioniert, sondern ich mag Menschen hören, die es tun! Her mit euch!

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Quelle: Statista

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