In Frankreich soll es nun ein Gesetz geben, welches den Sex mit Kindern erlaubt, sofern diese zustimmen. Wieviel Wahrheit steckt hinter dieser Behauptung?

So titelt die Seite „News for Friends“:

Screenshot Mimikama.at
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„Frankreich übergibt Gesetz, das sagt, dass Kinder Sex mit Erwachsenen zustimmen können“

In dem Artikel wird ausgeführt, dass das französische Bundesgesetz kein Mindestalter mehr hat (jene Formulierung ist wohl Google Translate geschuldet, welches „News for Friends“ für den Artikel nutzte), soll heißen, dass Erwachsene nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden, wenn das Kind nicht in der Lage ist, “Gewalt, Bedrohung, Zwang oder Überraschung“ zu beweisen.
Das sogenannte „Schiappa-Gesetz“, benannt nach Marlène Schiappa, Staatssekretärin für die Gleichstellung von Frauen und Männern, richtet sich gegen sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt. Was allerdings in dem Gesetz fehlt, und darüber wird auch in Frankreich diskutiert, ist das Fehlen des Mindestalters in diesem Gesetz.
Nun wird deswegen geschlussfolgert, dass Sex mit Kindern legal sei, es sogar durch dieses Gesetz erlaubt sei.

Für die Eiligen:

Nein! Es gab noch nie ein Gesetz in Frankreich mit einem definierten Einwilligungsalter. Mit dem neuen Gesetz werden aber die bestehenden Gesetze gegen sexuellen Mißbrauch von Kindern erweitert und verschärft.

Eine Betrachtung der französischen Gesetze

In den meisten Ländern ist das sogenannte Einwilligungsalter gesetzlich verankert. Jenes besagt, dass unter einem bestimmten Alter Kinder nicht in der Lage sind, sexuellen Handlungen bewusst zuzustimmen oder abzulehnen, es also in jedem Fall als Vergewaltigung gilt. Über jenem Einwilligungsalter sind sexuelle Handlungen mit Kindern immer noch strafbar, gelten also als Vergewaltigung, werden aber rechtlich anders gehandhabt.

Tatsächlich gibt es jenes Einwilligungsalter nicht in Frankreichs Gesetzgebung. Gab es allerdings auch noch nie. Was „News for Friends“ und deren Quelle, die Fake News-Schleuder „Your News Wire“ nämlich nicht erwähnen, dass Frankreich dafür andere Gesetze hat, die Kinder vor sexuellem Mißbrauch schützen!

Im Artikel 222-22 des französischen Strafgesetzbuches ist der Begriff „Vergewaltigung“ definiert, nämlich als „sexueller Übergriff mit Gewalt, Nötigung, Bedrohung oder Überraschung“.
Im Artikel 222-24 des französischen Strafgesetzbuches ist verankert, dass die Vergewaltigung eines Kindes unter 15 Jahren als schwere Vergewaltigung gilt und mit 20 Jahren Gefängnis geahndet wird.
Zudem wird in der Gesetzeszusammenfassung 2010-121 noch ein wenig genauer auf die Begriffsdefinitionen von Inzest und Vergewaltigungen eingegangen, wenn beispielsweise ein moralischer Zwang auf das minderjährige Opfer durch einen älteren Verwandten oder eine Betreuungsperson ausgeübt wird. In solchen Fällen kann sich die Strafe auch verdoppeln.

Nun gab es schon sehr viele Fälle vor französischen Gerichten, welche sich mit solcherlei Vorfällen beschäftigten, wodurch es auch viele Präzedenzfälle gibt. Dadurch ergab sich vor französischen Gerichten eine natürliche Definition der Begriffe Vergewaltigung und Nötigung. So gelten sexuelle Beziehungen zwischen einem Erwachsenen und einem Kind von Natur aus als ausbeuterisch, erweitern sogar den Begriff „Nötigung“ dahingehend, dass alleine der Alterunterschied zwischem Erwachsenen und Kind bereits eine nicht-physische Nötigung darstellt, welche im französischen Recht ein Teilbegriff der Vergewaltigung ist.

Was nun aber fehlte, und deswegen wird sich aufgeregt, ist eine eindeutige Definition des Alters. Das forderten Kinderschutzverbunde in Frankreich, das erhofften sie sich von dem neuen Gesetz.
Diese Forderungen sind auch durchaus gerechtfertigt, da es in der Vergangenheit schon desöfteren Urteile gab, die zu Empörung führten: So wurde ein 30-jähriger Mann, der Geschlechtsverkehr mit einem 11-jährigen Mädchen hatte, freigesprochen, da der Staatsanwalt nicht nachweisen konnte, dass das Kind gezwungen oder bedroht oder Gewalt angewendet wurde.
Deswegen keimte im November 2017 auch die Hoffnung auf, dass jenes neue Gesetz das Alter klar definieren würde, wie versprochen wurde.

Was bringt denn nun das neue Gesetz?

Durch das neue Gesetz wird oben genannter Artikel 222-22 um einen Absatz erweitert, der besagt, dass sexuelle Handlungen an einem Kind unter 15 Jahren als moralischer Zwang zu werten ist, da Kinder unterhalb dieses Alters meist nicht über das Urteilsvermögen oder das Verständnis für solcherlei Handlungen verfügen.

Ebenso werden die Strafen für „sexuelle Verstöße“ erhöht, darunter fallen sexuelle Handlungen an Kindern unter 15 Jahren, bei denen kein moralischer oder physischer Zwang (wie in dem oben genannten Fall) nachgewiesen werden kann. Diese betragen nun 7 Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 150.000 Euro.

Auch wurde dadurch die Verjährungsfrist verlängert, welche nun 30 statt 20 Jahre beträgt, nachdem das Kind 18 Jahre alt geworden ist.

So finden sich nun also (wie vorher auch) die Altersdefinition von 15 Jahren, jedoch kein direktes „Einwilligungsalter“, was zu oben genannten Protesten führte.

Gestattet das neue Gesetz nun also Sex mit Kindern?

Nein! Es gab noch nie ein Gesetz in Frankreich mit einem definierten Einwilligungsalter. Mit dem neuen Gesetz werden aber die bestehenden Gesetze gegen sexuellen Mißbrauch von Kindern erweitert und verschärft.

Das neue Gesetz sorgt nur wegen einem Punkt für Aufregung, nämlich dass das versprochene Einwilligungsalter nicht definiert ist. Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass, wie es Klatschblätter und Copy-Paste-Schreiberlinge wie „News for Friends“ behaupten, Sex zwischen Kindern und Erwachsenen plötzlich legal sei. Stattdessen wurden die bestehenden Gesetze erweitert und verschärft.


Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.
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