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Foto der Schladminger Planai von 1988 widerlegt nicht den Klimawandel!

Österreichische Schigebiete kämpfen immer öfter mit Schneemangel. Was 1988 auf der Planai noch die Ausnahme war, wird zukünftig wahrscheinlich die Regel.

Autor: Walter Feichtinger

Die Behauptung

Ein Foto der Schladminger Planai vom Neujahrstag 1988 zeigt kaum Schnee. Das soll den Klimawandel widerlegen.

Unser Fazit

Das Foto ist authentisch, der Winter 1987/88 war sehr warm. Seitdem sind die Durchschnittstemperaturen weiter gestiegen. Der 1. Januar 2023 war nochmals 4 Grad wärmer als damals. Klimaforscher rechnen künftig mit noch weniger Schnee in den alpinen Schigebieten.

Eine historische Momentaufnahme soll beweisen, dass der Klimawandel gar nicht stattfindet? Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir uns mit diesem Argument beschäftigen dürfen. Wir hatten da im letzten Jahr beispielsweise ein Strandfoto von 1905 in Sydney oder die Elbe 1903 (1904). Entweder wurden bei diesen Bildern relevante Rahmenbedingungen nicht berücksichtigt, wie die Gezeiten und saisonalen Schwankungen des Meeresspiegels beim Strandfoto. Oder sie zeigen eine seltene, historische Extremsituation, die inzwischen leider häufiger auftritt.

Hinweis und Stellungnahme der Planai: Die Planai hat dieses Bild weder verbreitet noch stellt die Planai den Klimawandel in irgendeiner Weise infrage. Ganz im Gegenteil. Die Planai ist sich der Auswirkungen bewusst und investieren seit Jahren im Bereich Nachhaltigkeit. Die Maßnahmen sind vielfältig und reichen etwa von der Installation von PV-Anlagen bis hin zum Einsatz von Elektrobussen und ressourcenschonendem Schneemanagement. Die Planai distanziert von der Verbreitung einer Botschaft, das Klima würde sich nicht verändern.

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Die Winter in der nördlichen Steiermark

Beim Foto von der Planai bei Schladming handelnd es sich um den zweiten Fall. Der Jahreswechsel 1987/88 war ein besonders warmer. Einer dieser Temperatur-Ausreißer, von denen es früher einige wenige im Jahrhundert gab. Die folgende Grafik zeigt das recht gut. Temperaturdaten von der Planai, einem Schigebiet bei Schladming gibt es aus dem Winter 1987/88 noch keine. Die Messdaten von Irdning-Gumpenstein stammen von einem etwa 30 Kilometer östlich gelegenen Ort.

Nicht die Schladminger Planai, aber ganz in der Nähe: Irdning-Gumpenstein 1988
Station Irdning-Gumpenstein – Tagesmittelwerte der Lufttemperatur für Winter 1988 © ZAMG

Die hellroten Balken zeigen Temperaturen, die über historischen Durchschnittstemperaturen (1961-90) liegen. Die mittelroten Spitzen zeigen Extremwerte. Und die hellgraue Linie darüber steht für ein bisheriges Maximum. Das gilt analog für Temperaturen unter dem Durchschnitt und die blauen Balken. Der diesjährige Winter ist noch nicht vorbei, deshalb geht die Vergleichskurve von 2022/23 heute nur bis zum Anfang Januar:

Irdning-Gumpenstein: Tagesmittelwerte im Winter 2022/23
Station Irdning-Gumpenstein – Tagesmittelwerte der Lufttemperatur für Winter 2023 © ZAMG

Hier fallen zwei Dinge auf: Die hellgraue Kurve liegt weiter oben, also gab es seit 1988 neue Extremwerte bei den zu warmen Wintern. Und es ist ein neuer, roter Farbton hinzugekommen. Die dunkelroten Spitzen um den 5. Januar 2023 stellen neue Höchstwerte dar. So warm war es an diesen Tagen in der Messgeschichte noch nie in Irdning-Gumpenstein – nur 30 km entfernt von Schladming-Planai.

Ein Vergleich der letzten Jahre

Im Vergleich der Januartemperaturen der letzten 12 Jahre fallen weitere Dinge ins Auge: Nur die Temperaturen 2017 lagen über dem Durchschnitt. Bis auf dieses eine Jahr war jeder andere Januar wärmer als der Vergleichszeitraum 1961-90. 2015 gab es besonders warme Tage. Und der diesjährige Januar sieht bisher auch nicht gut aus: Es ist aktuell um 5,4 °C zu warm für diese Jahreszeit!

Neujahrstemperaturen 1988 und 2023 in Österreich

Der Leiter der ORF-Wetterredaktion, der Meteorologe Marcus Wadsak, hat sich den 1. Januar der beiden Jahre im Detail angesehen. Der Neujahrestag 1988 war in Österreich bereits viel zu warm. 2023 ist er allerdings noch viel extremer ausgefallen:

Weil hier gerade oft ein Bild der schneearmen Planai von 1988 kursiert – ein paar Worte dazu. Ja, das war damals ein…

Gepostet von Marcus Wadsak am Mittwoch, 11. Januar 2023

Gehört Schnee in den Alpen bald der Vergangenheit an?

Diesen Winter ist den meisten österreichischen Schigebieten im Zentralalpenraum genug Schnee gefallen. Im Schigebiet Planai-Hochwurzen werden heute (12.01.2023) Schneehöhen von 80 Zentimeter am Berg und 50 Zentimeter bei der Talstation gemeldet, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Und auch auf den Webcams des Schigebiets ist alles weiß. Die Skisaison scheint damit zumindest vorab gesichert.

Aber wie sieht es mittel- und langfristig aus? Der Klimaforscher Wolfgang Schöner von der Universität Graz wertete gemeinsam mit Schweizer Schneeforschungsinstitut in Davos rund 200 Wetterstationen in Österreich und der Schweiz seit 1961 aus. Um Aussagen über klimatische Veränderungen treffen zu können, um einen Trend zu sehen, muss man lange Zeiträume betrachten. Dabei ist der Schnee in den Alpen „ein wesentliches Kennzeichen, dass die Änderung von einem aufs andere Jahr riesengroß sein kann“, zitiert ihn die Süddeutsche Zeitung.

„Der Rückgang ist überall ziemlich robust“, erklärt Schöner. Besonders im Alpensüdraum geht die Schneemenge seit Jahrzehnten stetig zurück, pro Jahrzehnt um rund zwölf Zentimeter. Ähnlich verhält es sich aber auch in der Schweiz, wie die Daten des Schneeforschers Christoph Marty zeigen. Dafür hat sich Marty die Anzahl der Schneetage seit 1959 angesehen. In Höhenlagen ab 1300 Meter gibt es inzwischen ein Viertel weniger Schneetage in den letzten 30 Jahren als im gleichen Zeitraum davor. In mittleren Lagen (bis 800 m) lag ein Drittel weniger Tage Schnee und darunter um die Hälfte weniger.

Der Klimawandel wird auch vor den europäischen Hochgebirgen nicht haltmachen. „Berge in Europa werden völlig anders aussehen“, zitiert die SZ Klimaforscher des Fachmagazins Cryosphere. „Gletscher in niedrigen und mittleren Lagen werden verschwunden sein, selbst große Talgletscher werden einen starken Rückgang und Masseverlust hinter sich haben.“ Die Schneegrenze werde dann höher liegen und die Anzahl der Schneetage weiter abnehmen.

FAZIT: Das Foto ist höchstwahrscheinlich authentisch. Der Winter 1987/88 war im Langzeitvergleich überdurchschnittlich warm, das gilt auch für den Neujahrstag.
Das Fotodokument hat dennoch keinerlei Beweiskraft, wenn es um Aussagen bzgl. des Klimawandels geht. Dafür braucht es regelmäßige Messungen und einen langfristigen Trend. Klimaforscher sagen: Wir müssen künftig mit noch weniger Schneetagen in den Alpen rechnen.

Mimikama-Bewertung: IRREFÜHREND

In welcher Zeitung das Foto der Skiabfahrt abgedruckt wurde, konnten wir nicht herausfinden. Angefertigt wurde es jedenfalls vom Schladminger Berufsfotografen Chris Lang, der inzwischen schon lange seinen Meisterbetrieb übergeben hat.


Quellen: ZAMG, SZ, schneehoehen.de, planai.at

Mehr zum Thema: Strandfoto von 1905 widerlegt nicht den Klimawandel

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