Keine 500 Euro Begrüßungsgeld für ukrainische Geflüchtete!

In zahlreichen TikTok-Videos wird behauptet, ukrainische Geflüchtete bekämen von der Caritas 500 Euro Begrüßungsgeld. Doch all diese Videos gehen auf eine einzige Quelle zurück – und diese legt es nur darauf an, falsche Empörung zu erzeugen.

Autor: Ralf Nowotny

Die Behauptung

In zahlreichen TikTok-Videos wird behauptet, ukrainische Geflüchtete bekämen von der Caritas 500 Euro Begrüßungsgeld

Unser Fazit

Die Behauptung ist frei erfunden. Sie stammt im Ursprung von einem TikTok-Account, von dem aus regelmäßig Falschmeldungen gepostet werden, um größtmögliche Empörung zu verbreiten. Caritas und Bundesregierung verneinen ebenfalls die Behauptung, auch ist nichts dergleichen auf deren Seiten oder in anderen Medien zu finden.

Eine Botschaft, die vielleicht noch nicht überall angekommen ist: TikTok ist keine Newsplattform. Selbst YouTube ist im Vergleich seriöser, da dort wenigstens Falschnachrichten immer wieder mal gelöscht werden, während sich auf der Video-App aus China Fakes ziemlich ungehindert verbreiten können – wie eben jene Behauptung, dass ukrainische Geflüchtete 500 Euro Begrüßungsgeld von der Caritas bekommen würden.

Die Behauptung

„Wenn viel Seiten über etwas berichten, dann stimmt es wahrscheinlich“ – eine Faustregel, die für Nachrichtenseiten im Internet zumeist zutreffend ist. Bei TikTok sieht es anders aus, da viele Videos über dasselbe Thema keineswegs bedeuten, dass etwas wahr ist. Dies liegt an einer bestimmten Funktion, zu der wir gleich kommen.

In sehr vielen Videos wird behauptet, dass UkrainerInnen in Deutschland 500 Euro Begrüßungsgeld in jeder Caritas-Stelle in Deutschland bekommen würden.

Screenshots diverser TikTok-Videos mit der Behauptung
Screenshots diverser TikTok-Videos mit der Behauptung

Was besonders auffällt: In den Videos ist immer die gleiche Frauenstimme zu hören, die folgendes sagt:

„Ab sofort bekommen unsere geflüchteten Freunde aus der Ukraine 500 Euro Begrüßungsgeld bei jeder Caritas-Stelle in Deutschland. Der Bundestag hat dem Antrag im Eilverfahren zugestimmt. Finanziert wird dies aus deutschen Steuergeldern. Ihre grüne Bundesregierung.“

Doch abgesehen von der immer gleichen Stimme gibt es unter den Videos noch einen zusätzlichen Hinweis, nämlich den Ursprung der Tonspur – und diese stammt aus keiner seriösen Quelle!

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Das Ursprungsvideo

Das große Problem bei TikTok ist, dass viele Videos quasi Fastfood sind: Sie werden konsumiert, ohne auf die Inhaltsstoffe zu achten. Das sollte man jedoch nicht nur beim Essen, sondern auch im Internet, denn jener „Inhaltsstoff“ ist nicht Ohne:

Der Verweis auf die Ursprungsquelle
Der Verweis auf die Ursprungsquelle

Unter all den Videos mit der immer gleichen Frauenstimme steht unter den oftmals sehr zahlreichen Hashtags der Hinweis „Originalton – Fettbär“. Und unter dem Account dieses Namens findet sich dann auch das Originalvideo.

Screenshot aus dem Originalvideo
Screenshot aus dem Originalvideo

In dem Video ist ein Mann zu sehen, der kopfschüttelnd vor einer Filiale der „Càritas“ (nicht Caritas) steht. Der Akzent über dem a zeigt sehr gut, dass das Video gar nicht in Deutschland entstanden ist, sondern in Mallorca, wo „Fettbär“ anscheinend wohnt, da er von dort aus, zu finden auf seinem TikTok-Account, sehr viele „Empör-Videos“ und Falschmeldungen verbreitet.

Der Accountinhaber verwendet aber einen ganz tollen „Trick“, der schon anderen Verbreitern von Falschbehauptungen nicht geholfen hat, wenn diese gerichtlich von Personen oder Organisationen belangt wurden: Er schreibt einfach, dass es ja nur „Satire“ sei, was er mache.

Der Ersteller bezeichnet sich als Satiriker
Der Ersteller bezeichnet sich als Satiriker

Auch unter dem Originalvideo über das angebliche Begrüßungsgeld hat er als siebzehnten (!) Hashtag das Wort „Satire“ geschrieben:

Sehr deutliche Kennzeichnung. Nicht.
Sehr deutliche Kennzeichnung. Nicht.

Es ist bei diesem und anderen Videos des Erstellers also sehr offensichtlich, dass es ihm keineswegs um Satire geht, sondern um reine Hetze in Form von Falschbehauptungen.

Caritas und Bundestag wissen nichts von einem Begrüßungsgeld

Weder auf den Seiten der deutschen Caritas, noch auf den Seiten des Deutschen Bundestages, der das Begrüßungsgeld für ukrainische Geflüchtete ja angeblich per Eilantrag beschlossen hat, ist irgendetwas darüber zu finden: Keine Verlautbarung, keine Hinweise, nichts. Auch keine einzige Pressemeldung oder Artikel in seriösen Medien findet sich darüber.

Die Kollegen von Correctiv wollten es aber genauer wissen und fragten bei der Caritas und der Bundesregierung nach. Laut der Caritas-Sprecherin Anja Stoiser bietet der Verband kein Begrüßungsgeld an, es habe auch keine Anfragen von ukrainischen Geflüchteten gegeben. Der Sprecher des Bundestages, Sven Göran Mey, verneint ebenfalls: Es befinde sich weder etwas „derartiges im parlamentarischen Verfahren des Bundestages“ noch gebe es einen „Entwurf, der in die Gremien ginge“.

Fazit

Die Behauptung ist frei erfunden. Sie stammt im Ursprung von einem TikTok-Account, von dem aus regelmäßig Falschmeldungen gepostet werden, um größtmögliche Empörung zu verbreiten. Caritas und Bundesregierung verneinen ebenfalls die Behauptung, auch ist nichts dergleichen auf deren Seiten oder in anderen Medien zu finden.

Weitere Quelle:

Correctiv
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